Seite 43 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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hen potenzielle Gefahren für die Gesundheit des
Menschen. Sie können beispielsweise zuBefindlich-
keitsstörungen, Irritationen der Schleimhäute von
Augen und Atemwegen, Reizungen der Haut sowie
Allergien führen. Dieser Problematik ist umsomehr
Aufmerksamkeit zu schenken, da sich im Zuge des
Arbeitsplatzwandels die Arbeitsplatzinnenraum-
verhältnisse zunehmend an die Innenraumverhält-
nisse des privaten Lebensumfeldes annähern und
Menschen durchschnittlich mehr als 90% am Tag
in derartigen geschlossenen Räumen verbringen.
Mangelnder Luftwechsel
Diemeisten Innenraumbelastungen hängen direkt
oder indirekt mit einer zentralen Steuergröße zu-
sammen: dem Luftwechsel. In den letzten beiden
Jahrzehnten setzte sich mit den zunehmenden
Anforderungen an die Energieeffizienz von Ge-
bäuden das Konzept einer weitgehend luftdichten
Gebäudehülle durch. Dies hat den Vorteil, dass
Wärmeverluste durch unkontrollierte Luftinfiltra-
tion vermieden und damit der Energiebedarf des
Gebäudes reduziert wird. Allerdings wird dadurch
auch der Luftaustausch gestoppt, der früher durch
undichte Fugen oder Ritzen auch bei geschlos-
senen Fenstern sozusagen unbeabsichtigt von
alleine erfolgte. Bleibt dieser Luftwechsel aus,
geschieht dies nicht nur zu Lasten einer gesun-
den Raumluftqualität, sondern erhöht zudemdas
Risiko von Feuchteschäden in der Wohnung.
Gesundheitliche Beeinträchtigungen
durch mangelnden Luftaustausch
Durch den Wegfall dieses natürlichen Luftwech-
sels entsteht ein Risikopotenzial für den Men-
schen. Schon in den 1990er Jahren wurde er-
kannt, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen
bei Menschen auftreten, die keine spezifischen
Ursachen haben undmit demAufenthalt in Gebäu-
den in Zusammenhang zu stehen scheinen. Diese
Tatsache wurde unter dem Begriff Sick Building
Syndrome (SBS) zusammengefasst. Symptome
und Beschwerden imKontext des SBS sind Reizun-
gen der Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen
und/oder Bronchien sowie Kopfschmerzen, Kon-
zentrationsstörungen, Müdigkeit und Schwindel.
Viele der gesundheitlichen Beeinträchtigungen
lassen sich heute auf konkrete Faktoren zurück-
führen. Gemeinsamer Nenner ist dabei der Zusam-
menhangmit einem schlechten Innenraumklima,
für das ein ausreichender Luftwechsel entschei-
dend ist. Wenn dieser nicht imausreichendenMaß
gewährleistet ist, verändern sich für die Luft-
qualität wichtige Variablen: der CO
2
-Gehalt, die
sogenannten VOCs – die flüchtigen organischen
Verbindungen in der Luft – oder die Luftfeuch-
tigkeit und das daraus resultierende Risiko von
Schimmelpilzwachstum.
Durch die Atmung eines Bewohners steigt das
CO
2
in der Luft an. In einem 40 m
3
großen Raum,
in dem die Luft einmal pro Stunde komplett aus-
getauscht wird, wird beispielsweise durch den
Aufenthalt von vier Personen, die sich körper-
lich nicht besonders anstrengen, über den Zeit-
raum von einer Stunde eine Konzentration von
2000 ppm
1
erreicht. Diese stellt nach Angaben
der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte
der Innenraumlufthygiene-Kommission und der
Landesgesundheitsbehörden bereits ein hygie-
nisch inakzeptables Maß dar
2
. In der Folge kön-
nen Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel oder
Konzentrationsschwäche auftreten.
Emissionen von neuen Baumaterialien, Einrich-
tungsgegenständen und Chemikalien wie etwa
Lacken oder Klebstoffen können zu einer Anrei-
cherung von Schadstoffen, insbesondere VOCs, in
der Innenraumluft führen, wenn kein ausreichen-
der Luftwechsel erfolgt. Zu hohe Konzentration
von Aldehyden kann z. B. Reizungen im Bereich
der Schleimhäute, die von Terpenen Allergien
verursachen. Benzol in der Raumluft kann sogar
eine krebsauslösende Wirkung haben.
Schimmelbildung
Auch für das Schimmelpilzwachstum in Gebäuden
kann einmangelnder Luftwechsel der Grund sein.
Dennwird Feuchtigkeit, die vomKochen, Duschen,
Waschen oder Wäschetrocknen im Innenraum an
die Raumluft abgegeben wird, nicht abtrans-
portiert, schlägt sie sich an kalten Stellen in der
Wohnung nieder – z. B. an den Außenwänden. Hier
droht in der Folge Schimmelbildung. Oft machen
sich die Pilzkulturen auch unsichtbar in Räumen
breit – etwa hinter Schränken oder imWandputz.
Ohne überhaupt entdeckt zu werden, stellen sie
dann eine Gefahr für Bausubstanz und Gesundheit
dar. Ein Infektionsrisiko besteht nur für Personen
mit einem deutlich eingeschränkten Abwehrsys-
temund Personenmit Mukoviszidose
3
, ein allergi-
sches Risiko für Personenmit allergischemAsthma
oder mit Mukoviszidose. Zudem können toxische
Reaktionen zu Reizungen und Entzündungen der
Schleimhäute der Augen und Atemwege führen.
Außerdemkönnenmit Schimmelpilzbefall verbun-
dene Geruchswahrnehmungen Befindlichkeitsstö-
rungenwieMüdigkeit, Konzentrationsstörungen,
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Übelkeit
auslösen.
Fakten zum Thema Luftqualität in Innenräumen
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