Seite 10 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2014_08

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Welches Schicksal ereilt den Toaster, der nicht
mehr funktioniert, das kaputte Radio, den Spiel-
zeugtrecker, demein Rad fehlt? Genau, sie landen
im Müll, bestenfalls auf dem Recyclinghof. Re-
parieren lohnt heutzutage nicht mehr; Hersteller
sorgen schon dafür, dass sich Kunden umgehend
Ersatz beschaffen. Die Gehäuse elektronischer
Geräte sind häufig so fest verklebt, dass kein
Laie einen Blick in den Innenraum werfen kann.
Ersatzteile sind unverhältnismäßig teuer und die
zunehmende Miniaturisierung führt dazu, dass
viele Komponenten nur nochmit Spezialwerkzeug
auszutauschen sind.
Zu den Menschen, denen die Wegwerfkultur und
die Verschwendung von Rohstoffen zunehmend
unbehaglich wurde, gehört die niederländische
Journalistin Martine Postma. In Amsterdam lud
sie 2009 zumerstenMal zu einer Bastelrunde und
nannte sie Repair Café. Ein zwang- und kosten-
loses Treffen, bei dem man gemeinsam kaputte
Dinge repariert. Der Andrang war so groß, dass
sie anschließend ihre Gedanken in ein Manifest
verpackt ins Internet stellte und eine Stiftung
gründete, um Interessierte zu unterstützen, die
ebenfalls ein Repair Café einrichten wollen.
In Köln eröffnete 2012 der erste deutsche Ableger.
Mittlerweile soll es weltweit über 400 Repair Cafés
geben. Gut 80 seien es in Deutschland, mindes-
tens ebenso viele seien in Gründung, schätzt Tom
Aktivierung: Schrauben, löten, flicken – und Kaffee trinken
Mitmachinstitutionen im Quartier
stärken Gemeinwesen und Identifikation
In Repair Cafés bekommt Kaputtes eine Chance. Gemeinsames Reparieren macht Spaß,
spart Geld, schont die Umwelt und bringt die Menschen im Stadtteil einander näher.
Auch die Wohnungswirtschaft hat das Thema entdeckt.
Sabine Richter
freie Journalistin
Hamburg
STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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8|2014