Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Softwareumstellung – eine große Herausforderung
für jedes Wohnungsunternehmen
Wohnungs- und Immobilienunternehmen nutzen ihre wohnungswirtschaftliche Rechnungslegungssoftware
i.d.R. über lange Zeiträume - mehr als zehn Jahre sind keine Seltenheit. Wenn die Software nicht mehr die
notwendigen gesetzlichen oder unternehmensinternen Anforderungen erfüllen kann, wird ein Wechsel
erforderlich. So kann z. B. die Einführung des einheitlichen Zahlungsraums in Europa zum 1. Februar 2014,
SEPA-Umstellung genannt, ein Grund für einen Softwarewechsel sein.
EinWechsel der Rechnungslegungssoftware (ERP-
System), möglicherweise auch gleichzeitig ver-
bundenmit einemWechsel des Softwareanbieters,
stellt für jedes Wohnungs- und Immobilienunter-
nehmen eine große Herausforderung und eine sehr
komplexe Aufgabenstellung dar, denn häufig ist
es notwendig, auch die Geschäftsprozesse an die
neue Software anzupassen oder völlig neu zu
strukturieren. Oft wird der Umfang einer Soft-
wareumstellung extremunterschätzt. Für ein sol-
ches Projekt ist ein Zeitraumvonmind. sechs Mo-
naten bis zu einem Jahr oder länger einzuplanen.
Dennmit demKauf einer neuen Software allein ist
es nicht getan, da neben den Geschäftsprozessen
auch i.d.R. die Hardware angepasst werden muss
und eine umfassende Parametrisierung (Anpas-
sung der Steuerungselemente der Software an
die Vorgaben des Wohnungsunternehmens) zu
erfolgen hat.
Der Umstellungsprozess
Der gesamte Umstellungsprozess sollte als über-
greifendes Unternehmensprojekt initiiert werden,
an demneben der Unternehmensleitung und dem
IT-Verantwortlichen auchMitarbeiter der betrof-
fenen Fachabteilungen teilnehmen. Er ist in ver-
schiedene Phasen unterteilt, die imFolgenden am
Beispiel der SEPA-Umstellung ausführlich erläu-
tert werden (siehe Abbildung unten).
Bis zum1. Februar 2014müssen die Zahlungssys-
teme der einzelnen Softwareprodukte den Anfor-
derungen von SEPA entsprechen (siehe auch S. 86
dieser DW). Dies stellt eine große Herausforderung
für alle Softwarehäuser, aber auch für die Woh-
nungs- und Immobilienunternehmen dar. Die Un-
ternehmensleitung jedesWohnungsunternehmens
muss sich daher die Frage stellen, ob das einge-
setzte ERP-System zum festgelegten Stichtag die
Anforderungen von SEPA erfüllen kann. Wird diese
Fragemit „Nein” beantwortet, wird die Einführung
einer neuen Software zwingend erforderlich.
Individualsoftware versus Standardsoftware
Bei Softwareumstellungen in der Wohnungswirt-
schaft kann die Phase der „Entwicklung von In-
dividualsoftware“ vernachlässigt werden, denn
es wird nahezu ausschließlich Standardsoftware
unterschiedlicher Hersteller verwendet. Nur sehr
selten werden von den Wohnungsunternehmen
vollständige Programme oder Programmteile
selbst entwickelt oder eine Entwicklung in Auftrag
gegeben. Für das Beispiel der SEPA-Umstellung
wird somit nur die Phase der „Einführung von
Standardsoftware“ betrachtet.
Definitionsphase
In der Definitionsphase werden mit Hilfe eines
Pflichtenheftes die Anforderungen an die neue
Software so detailliert wie möglich festgehalten.
Im Falle der SEPA-Umstellung sind dies z. B. alle
Anforderungen, die im Zusammenhang mit den
Mandaten und deren Verwaltung zu sehen sind.
Insbesondere muss die Software in der Lage sein,
das neue Format für die Bankverbindung Inter-
national Bank Account Number (IBAN) und Bank
Identifier Code (BIC), die
die alte Kontonummer
und Bankleitzahl erset-
zen, zu unterstützen.
Analysephase
In der „Analysephase“
findet dann die Auswahl
und Beschaffung der
Hartmut Eßl
Spezialist für IT-Prüfungen
VdW südwest
Projektphasen einer Softwareumstellung
Planungsphase
Entwicklung von Individualsoftware Einführung von Standardsoftware
• Definitionsphase
• Definitionsphase
• Entwurfsphase
• Analysephase
• Realisierungsphase
• Design- und Customizingphase
Testphase
Datenmigrationsphase
Produktivsetzungsphase
WP/StB
Dr. Heinz Jürgen Schirduan
Vorstand
VdW südwest
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6|2013
MARKT UND MANAGEMENT