Herr Biallas, was gab den Anstoß zur
Gründung des Deutschen Erbbaurechts-
verbandes?
Biallas:
Seit 2009 gab es mehrere informelle
Treffen größerer Erbbaurechtsausgeber, aus de-
nen die Idee zur Verbandsgründung hervorging.
Unser Beweggrund ist es, das Thema Erbbaurecht
in der Öffentlichkeit bekannter zu machen, fal-
sche Vorstellungen über das Erbbaurecht zu
korrigieren sowie Banken und Notare über das
Erbbaurecht zu informieren.
von der Lieth:
Wie nötig die Verbandsgrün-
dung ist, zeigt der Umstand, dass es zwar eine
Kaninchenzüchterzeitung gibt, aber keine Erb-
baurechtszeitung. Das ist doch sehr erstaunlich,
wenn man bedenkt, wie viele große Institutionen
wie beispielsweise die Klosterkammer Hannover
mit dem Thema Erbbaurecht zu tun haben.
Welches sind die falschen Vorstellungen, die
Sie angesprochen haben?
Biallas:
In der jetzigen Niedrigzinsphase mel-
den sich Stimmen zu Wort, die meinen, das
Erbbaurecht sei völlig deplatziert. Die meisten
Erbbaurechtsausgeber verlangen ja etwa 5 %
des Bodenrichtwerts als Erbzins, während man
über die Bank heute schon für 2,8% finanzieren
kann. Aber diese Denkweise ist mir zu kurzfris-
tig. Das Erbbaurecht ist eine langfristige Ange-
legenheit. Berechnungen zeigen, dass über die
gesamte Laufzeit von meistens 99 Jahren das
Erbbaurecht eine interessante Alternative zum
Kauf des Grundstücks ist – gerade für Menschen
mit wenig Eigenkapital, die dank Erbbaurecht
das Grundstück nicht finanzieren müssen. Aber
das Erbbaurecht ist nicht nur für individuelle
Hausbauer interessant: Auch für Wohnungs – und
Immobilienunternehmen schafft es Liquidität,
die in die Gebäude fließen kann.
Welchen Ruf hat das Erbbaurecht? Muss man
daran arbeiten, ihn zu verbessern?
Biallas:
Das ist ein ganz wesentliches Motiv für
die Gründung unseres Verbandes. In die Kritik
kommt das Erbbaurecht ja in der Regel dann,
wenn ein Erbbaurecht neu ausgegeben wird
und sich der Erbbauzins erheblich erhöht – bei-
spielsweise weil sich die Gemeinde gut entwi-
ckelt hat und der Bodenrichtwert entsprechend
gestiegen ist. Dann kann es schon zu Konflikten
kommen.
von der Lieth:
Trotzdem hat das Erbbaurecht
einen guten Ruf – z. B. bei jungen Familien, die
ihr Eigenkapital ins Haus statt ins Grundstück
stecken können, oder bei Kommunen, denen das
Instrument die Möglichkeit eröffnet, Flächen zu
Wohnungsbauland zumachen, ohne sie dauerhaft
aus der Hand geben zu müssen.
Biallas:
Ausgezeichnet ist der Ruf des Erbbau-
rechts übrigens auch beim Gewerbe. Ich sage im-
mer: Mein größter, sehr zufriedener Erbpächter ist
die Weltfirma Bahlsen in Barsinghausen.
Wie wollen Sie konkret vorgehen, um das
Erbbaurecht bekannter zu machen?
Biallas:
Ganz wichtig ist es, dass die Erbbau-
rechtsausgeber sich untereinander austauschen.
Deshalb wollen wir die Informationen der Erb-
baurechtsausgeber sammeln und anderen zu-
gänglich machen, indemwir z. B. Fachtagungen
organisieren.
Auch politisch gilt es, aktiv zu werden. Denn
auf bundespolitischer Ebene gibt es Stimmen,
die in Frage stellen, ob das Erbbaurecht noch
zeitgemäß ist, und vorschlagen, den Erbbauzins
in Niedrigzinsphasen zu senken. Das aber wäre
Quelle: Yvonne Rischke
Jörn von der Lieth
Hans-Christian Biallas
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6|2013
MARKT UND MANAGEMENT