mir ein bisschen, weil alle, die angetreten sind,
die Regierung abzulösen, viel mehr anstreben und
den Plus-Energie-Haus-Standard verpflichtend
einführen wollen.
Eine weitere Bemerkung: Erst nachdem der Be-
schluss gefasst worden war, die EnEV im Neu-
baubereich in zwei Stufen zu verschärfen, wurde
ein Gutachten vorgelegt, das nachweist, dass die
Verschärfung in der zweiten Stufe unwirtschaft-
lich ist. Dabei gilt ja eigentlich das Gebot der
Wirtschaftlichkeit. Es wäre clever gewesen, man
hätte erst das Gutachten erstellt und danach die
Maßnahmen beschlossen. Wir appellieren an alle
politischen Entscheidungsträger, dass das Gebot
der Wirtschaftlichkeit der Maßstab sein muss für
das politische Handeln in der nächsten Legislatur-
periode. Wir brauchen aber auch dringend neue
Materialien. Forschung und Entwicklung in diesem
Bereichmüssen gefördert werden. Dennwennwir
uns einmal die Entwicklung der Materialkosten
ansehen, so stellen wir fest, dass ein Gutteil der
KfW-Förderung schlicht in gestiegenen Materi-
al- und Verarbeitungskosten verschwindet. Und
schließlich müssen wir wegkommen von dieser
teutonischen Denkweise, dass wir jeden Fenster-
rahmen isoliert betrachten. Wir müssen dringend
zur Quartiersbetrachtung kommen.
Allerdings fügen sich im Moment die Erkenntnis,
dass die Quartiersbetrachtung richtig und not-
wendig ist, und der Rechtsrahmen in Deutschland
überhaupt nicht zusammen. Das gesamte Rechts-
system in Deutschland ist auf den Einzelfall ausge-
richtet. Selbst wenn wir das Quartier betrachten,
müssen wir im Rah-
men der EnEV dann
doch wieder das
einzelne Gebäude
anpacken. Wir brauchen daher imHinblick auf die
Quartiersbetrachtung in unserem Rechtssystem
eine Ermöglichungsstrategie.
Thomas Dilger:
Der Quartiers- oder Stadtteilan-
satz ist das einzig Vernünftige und bietet uns als
Wohnungswirtschaft die große Chance, uns auch
als Stadtentwickler zu betätigen. In Fulda bei-
spielsweise betrachtenwir imRahmen der energe-
tischen Stadtsanierung nicht nur unsere eigenen
Bestände, sondern auch die Einfamilienhäuser und
die Schule nebenan. Wenn ich im Quartier einen
Großverbraucher wie eine Schule oder einen Dau-
erverbraucher wie eine Schwimmhalle habe, dann
stellen sich beispielsweise Blockheizkraftwerke in
der Wirtschaftlichkeit völlig anders dar.
Frank Bielka:
Ich habe inmeinemEingangsstate-
ment darauf hingewiesen, dass die degewo vor
einigenMonaten zusammenmit demEnergiever-
sorger GASAG Berlins größte Blockheizkraftwerk-
anlage in Betrieb genommen hat. Auch andere
Unternehmen sind dabei, solche Systeme für die
Erzeugung von Strom und von Wärme zu instal-
lieren. Allerdings haben wir zumindest in Berlin
gerade im Wärmebereich eine durchaus konkur-
renzfähige Alternative, nämlich das Fernwärme-
netz. Nun gut, ärgerlich daran ist, dass man bei
jeder Erhöhung einem Monopolisten gegenüber-
sitzt, der einemmitteilt, wie stark sich die Preise
erhöhen. Aber trotzdemmuss man zugeben, dass
Fernwärme kostengünstiger ist als jede andere
Wärmeversorgung, vielleicht mit Ausnahme der
Kraft-Wärme-Kopplung. Grundsätzlich lässt sich
also auch von den bestehenden Systemen einiges
durchaus gut einsetzen.
Lukas Siebenkotten:
Den Gedanken der Eigen-
energieerzeugung finde ich zwar nicht das Ei des
Kolumbus, aber durchaus eine Idee, die in die
Zukunft weist. Die Eigenenergieerzeugung kann,
wenn sie intelligent umgesetzt wird und nicht von
ideologischen Grundgedanken geprägt ist, einen
wichtigen Mosaikstein für die künftige Energie-
versorgung bilden. Wenn sie dazu führt, dass die
Energiekosten der Mieterinnen und Mieter nicht
mehr so gewaltig steigenwie zuletzt, dann ist das
eine gute Sache.
Jürgen Steinert:
Herr Siebenkotten, Sie haben in
Ihrem Eingangsstatement auf die sozialpoli-
„Der Energieausweis hat bisher in keiner Weise das gehalten,
was sich die Politik davon versprochen hat.“
Lukas Siebenkotten
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6|2013