Seite 52 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_06

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15. Brandenburger-Hof-Gespräch
Die Wohnungswirtschaft stellt sich der Energiewende
Die breitgefächerte Diskussion im Anschluss an die Statements brachte weitere neue Aspekte zum Thema
hervor. Lesen Sie hier mehr über geförderte Pilotprojekte, Schulungen für Mieter, Sinn und Unsinn von
moderner Kommunikationstechnik und das Fracking als neue Energiegewinnungstechnologie.
Jürgen Steinert:
In der Überschrift über unse-
re Diskussion „Energie – sicher und bezahlbar“
sprechen wir ganz bewusst weder von der Ener-
giewende noch vomAusstieg aus der Kernenergie
oder von Klimaschutzzielen. Nein, wir haben eine
Überschrift gewählt, die den legitimen Interessen
der unternehmerischenWohnungswirtschaft und
der Mieter entspricht. Meines Erachtens genießt
dieser Punkt in der öffentlichen Debatte nicht
die ihm zukommende Beachtung. Die Aspekte
der Versorgungssicherheit und der Bezahlbarkeit
werden in der energiepolitischen Debatte viel zu
selten thematisiert, so dass man sich gelegentlich
fragen muss, ob die hehren Ziele, die die Politi-
ker in ihren Sonntagsreden verkünden, wirklich
realisierbar sind. Denn wenn die Sicherheit und
die Bezahlbarkeit nicht gewährleistet sind, dann
wird es nicht gelingen, die Ziele der Politik in der
Realität umzusetzen.
Von zentraler Bedeutung sind dabei die Standards,
die uns der Gesetzgeber vorgibt. Haben diejenigen
Unternehmer hier am Tisch, die sich mit Neubau
befassen, einmal durchgerechnet, welche Aus-
wirkungen die Vorschriften des Gesetzgebers auf
die Preise haben? Prof. Dilger, Sie haben in Ihrem
Statement Ihr Pilotprojekt eines Energie-Plus-
Hauses vorgestellt. Was kommt denn dabei an
Belastungen auf die Mieter zu?
Thomas Dilger:
Nun, es handelt sich umgeförder-
ten Wohnungsbau, so dass wir unser Pilotprojekt
vielleicht nicht zumMaßstab für alles machen soll-
ten. Resultierenwürde bei direkter Belegung eine
Miete von 5,50 €/m
2
. Da das Projekt aber wegen
der mittelbaren Belegung frei vermietet werden
kann, gehen wir von 12-13 €/m
2
Miete aus.
Jürgen Steinert:
Wie hoch wäre die Miete ohne
Subventionierung?
Thomas Dilger:
Dann kämen wir sicherlich
auf eine Größenordnung von 15 oder 16 €. Die
Baukosten liegen ja weit über dem Passivhaus-
standard. Der Passivhausstandard führt zu Mehr-
kosten von etwa 15% gegenüber dem Standard
entsprechend der Energieeinsparverordnung
(EnEV), und für unser Projekt kommen noch ein-
mal mindestens 20 % oben drauf. Grundsätzlich
wäre es besser, beim Neubau Werte vorzugeben
und nicht Technologien. Jeder weiß, dass die ers-
ten 2 cm Wärmedämmung die wirkungsvollsten
sind und 32 cmWärmedämmung das Unsinnigs-
te. Insofern wäre es gut, uns technologisch Luft
zu geben, damit wir die Ideen kluger Menschen
anwenden können.
Axel Gedaschko:
Wir haben immerhin erreicht,
dass die neue EnEV im Bestand nicht verschärft
wird. Das ist schon mal ein halbwegs positives
Signal. Auf Beamtenebene gab es ja Entwürfe,
die ganz anders aussahen. Die sind zum Glück
der Vernunft gewichen. Wenn ich allerdings an
die kommende Bundestagswahl denke, gruselt es
THEMA DES MONATS
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6|2013
ENERGIE UND TECHNIK