Seite 103 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_06

Basic HTML-Version

BGB §§ 543, 546
Fristlose Kündigung wegen Bedrohung
des Hauswarts
Die Beleidigung und Bedrohung des Hauswarts durch den Ehemann
der Mieterin kann eine fristlose Kündigung des Mietvertrages recht-
fertigen.
AG Karlsruhe, Urteil vom 19.12.2012, 6 C 387/12
Bedeutung für die Praxis
Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Vermieterin
vom 26.07.2012 beendet worden. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass
der Ehemann der Beklagten gegenüber dem Hausmeister beleidigend und
körperlich aggressiv aufgetreten ist. Zum einen hat der Ehemann der Be-
klagten den Hausmeister mit Schimpfworten, die zwar nicht auf Deutsch
ausgesprochen wurden, jedoch ohne Weiteres verständlich waren,
beleidigt. Der Ehemann der Beklagten ging schließlich in die Wohnung
und kehrte mit einem Küchenmesser – mit feststehender Klinge von ca.
30 cm Länge – zurück und bedrohte damit den Zeugen. Dieser wich den
Angriffen aus und ging rückwärts die Treppe herunter. Der Ehemann der
Beklagten machte Wurfbewegungen in die Richtung des Zeugen. Zu einer
Verletzung kam es letztlich nicht. Das festgestellte Geschehen stellt einen
wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 S. 2 BGB dar, welcher die Klä-
gerin berechtigte, das Mietverhältnis mit der Beklagten außerordentlich
und fristlos zu kündigen. Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen
kann der Vermieterin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuge-
mutet werden. Sie hat insbesondere tätliche Angriffe auf ihre Mitarbeiter
durch Mieter nicht hinzunehmen. Die Mieterin hat sich das Verhalten ihres
Ehemannes zurechnen zu lassen. Der Mieter hat grundsätz-
lich für sämtliche Personen, die er nicht nur vorübergehend
in seine Wohnung aufgenommen hat, einzustehen.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
bei den Umbauarbeiten überwiegend um Modernisierungsmaßnahmen
und um Maßnahmen zur Schaffung von Wohnraum im Sinne von § 554
Abs. 2 BGB, die der Mieter grundsätzlich dulden muss. Dies gilt jedoch
gemäß § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht, wenn die Maßnahmen insbesondere
unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Arbeiten für ihn eine Härte
bedeuten würden, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen
des Vermieters nicht zu rechtfertigen sind. Die Mieter hätten für die mit
zunächst neun Monaten angesetzte Dauer der Baumaßnahmen eine Nicht-
benutzbarkeit der Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch hinneh-
men müssen. Das hätte für sie zur Folge gehabt, dass sie ihre Patienten
hätten verlieren und keine neuen Patienten hätten gewinnen können. Die
Auferlegung eines solchen existenzbedrohenden wirtschaftlichen Risikos
bedeutet für die Mieter eine Härte, die auch unter Würdigung der berech-
tigten Interessen der Vermieterin an einer Steigerung der wirtschaftlichen
Verwertbarkeit des Mietobjekts nicht zu rechtfertigen ist. Im Hinblick auf
den sicher bevorstehenden Beginn der Baumaßnahmen bedurfte es für die
Wirksamkeit der fristlosen Kündigung keiner vorherigen Abmahnung oder
Fristsetzung. Die Mieter haben danach gemäß § 536 a BGB
einen Anspruch auf Ersatz des ihnen durch die außeror-
dentliche Kündigung entstandenen Schadens.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
WEG-RECHT
WEG §§ 21, 22; BGB § 1004
Änderung der Farbgebung von Gebäu-
deteilen als bauliche Veränderung
Auch ohne bauliche Tätigkeit im engeren Sinne und ohne Eingriff in
die Bausubstanz kann eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22
Abs. 1 WEG angenommen werden. Dies gilt etwa für die bloße Ände-
rung der Farbgebung des Hauses oder von sichtbaren Gebäudeteilen.
LG Hamburg, Urteil vom 10.4.2013, 318 S 81/12
Bedeutung für die Praxis
Während in der Regel bauliche Veränderungen im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG
mit Substanzeingriffen verbunden sind, kann dies im Einzelfall auch mal
entbehrlich sein. Bewirkt die neue Farbgebung (z. B. statt der bisherigen ein-
heitlichen und unauffälligen Farbgebung nunmehr kräftige Farbtöne) eine
störende Veränderung des architektonisch-ästhetischen Gesamteindrucks
der Rückfassade, so stellt dies eine nachteilige bauliche
Veränderung dar, die die übrigen Wohnungseigentümer nicht
hinzunehmen haben (vgl. OLG Hamburg ZMR 2005, 394).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG §§ 21, 28
Entlastung des Verwalters;
Leitungswasserschaden
Ist sowohl die Einbringung einer Horizontalsperre zum Schutz
vor Feuchtigkeit als auch eine Bohrlochinjektion als Maßnahme
ordnungsmäßiger Verwaltung in Betracht zu ziehen, scheitert ein
Verpflichtungsantrag, wenn dieser auf eine nur vermeintlich allein/
einzig in Betracht kommende Maßnahme gerichtet ist. Ein Anspruch
auf Beschlussfassung besteht lediglich dann, wenn auch das der
Eigentümerversammlung grundsätzlich zustehende Auswahlermes-
sen „auf null“ reduziert ist.
LG Hamburg, Urteil vom 10.4.2013, 318 S 91/12
Bedeutung für die Praxis
Auch wenn die Eigentümerversammlung untätig bleibt, scheitert oft ein
Verpflichtungsantrag vor Gericht, wenn mehrere Alternativmaßnahmen
ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Der Kläger kann nicht seine
Auswahl an die Stelle der bisher passiv gebliebenen Eigentümer setzen.
Ggf. hilft die Stellung mehrerer Hilfsanträge. Ansonsten kann der Kläger
nur dem Grunde nach die Verpflichtung zum Beschlussfassen über eine
fachgerechte Sanierung titulieren lassen. Zur dilatorischen Vorgehensweise
bei einer Schwammsanierung vgl. BGH Urteil vom 13.7.2012, V ZR 94/11,
ZMR 2012, 974. Einen verbindlichen Sanierungsplan hat die Eigentümer-
versammlung zu beschließen. Diese kann mittels einer Prioritätenliste, die
bei neuen Erkenntnissen gegebenenfalls aktualisiert werden muss, eine
sachgerechte Planung vornehmen. Ein Anspruch auf Beschlussfassung
besteht, wenn aufgrund besonderer Umstände ein solcher
Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl.
BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 161/11 ZMR 2012, 646).
Dr. Olaf Riecke, Hamburg
101
6|2013