BGB §§ 278, 280, 535; VVG § 67 a. F., § 86 n. F.
Haftung des Vermieters von
Geschäftsräumen; Bauarbeiten
und Fürsorgepflicht
1. Zur Haftung des Vermieters von Geschäftsräumen für Schäden des
Mieters, die diesem aufgrund der Verletzung einer mietvertraglichen
Fürsorgepflicht durch einen von dem Vermieter mit Bauarbeiten in
dem Mietobjekt beauftragten Handwerker entstehen.
2. Der Geschäftsversicherungsvertrag des Mieters, durch den er seine
Geschäftseinrichtung und seinen Betriebsunterbrechungsschaden
u. a. gegen Feuer versichert, kann nicht zugunsten des Vermieters,
der einen Schaden an den versicherten Gegenständen durch leichte
Fahrlässigkeit verursacht hat, ergänzend dahin ausgelegt werden, dass
der Versicherer auf einen Regress gegen den Vermieter verzichtet.
BGH, Urteil vom 12.12.2012, XII ZR 6/12
Bedeutung für die Praxis
Den Vermieter trifft neben der Hauptpflicht, dem Mieter den ungestörten
Gebrauch der vermieteten Sache zu gewähren, die vertragliche Nebenpflicht,
Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten
Sachen zu unterlassen. Aus dieser Fürsorgepflicht folgt, dass der Vermieter
keine zusätzliche Gefahrenquelle schaffen darf, die die Brandgefahr für
die Mieträume erhöht. Für die Beurteilung, welche gefahrbegründenden
Handlungen der Vermieter danach zu unterlassen hat, können öffentlich-
rechtliche Betriebsvorschriften herangezogen werden, die dem Brand-
schutz dienen. Eine solche Vorschrift stellt § 14 Abs. 2 GaVO BW dar, der
die Aufbewahrung von brennbaren Stoffen in Mittel- und Großgaragen,
verbietet, es sei denn die Stoffe zählen zum Fahrzeugzubehör oder dienen
dessen Unterbringung. Die von der Beklagten mit der Sanierung des Daches
beauftragte Streithelferin hat dadurch, dass sie Styroporplatten vorüberge-
hend in der Garage des Gebäudes gelagert hat, die Brandlast und damit die
Brandgefahr in der Garage und für die darüber gelegenen Mieträume erhöht.
Sie hat dadurch die der Beklagten gegenüber ihrem Mieter obliegende
mietvertragliche Fürsorgepflicht fahrlässig verletzt. Diese Pflichtverletzung
muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Der Anspruch
des Mieters gegen die Beklagte auf Schadensersatz ist auch nicht durch einen
stillschweigenden mietvertraglichen Haftungsverzicht ausgeschlossen. Aus
der gemäß des Mietvertrages bestehenden Verpflichtung des Mieters, u. a.
eine Feuerversicherung auf seine Kosten als Versicherungsnehmer und als
Versicherungsbegünstigter abzuschließen, kann nicht imWege der ergän-
zenden Auslegung des Mietvertrages auf seinen stillschweigenden Haftungs-
verzicht für von der Beklagten leicht fahrlässig verursachte Schäden an den
versicherten Gegenständen geschlossen werden. Hier fehlt es schon an einer
Interessenlage der Mietvertragsparteien, aus der auf einen stillschweigenden
Haftungsverzicht des Mieters geschlossen werden könnte. Daraus, dass der
Mieter sich verpflichtet hat, auf seine Kosten seine Geschäftseinrichtung
und seinen Betriebsunterbrechungsschaden zu versichern, folgt ein solcher
Haftungsverzicht nicht. Die versicherten Gegenstände und die Betriebsunter-
brechungsversicherung stehen in keinem Bezug zu der Beklagten als Vermie-
terin. Vielmehr dient die Geschäftsversicherung der Absicherung des eigenen
wirtschaftlichen Interesses des Mieters. Ein für die Klägerin erkennbares
Interesse des Mieters daran, die Beklagte durch die Geschäftsversicherung
vor einem Regress wegen eines von dieser leicht fahrlässig
verursachten Schadens an den versicherten Gegenständen zu
schützen, besteht nicht.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 280 ff.
Schadensersatzanspruch bei Abbruch
von Vertragsverhandlungen über den
Abschluss eines Mietvertrags?
Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum
Abschluss des Vertrages grundsätzlich das Recht, von dem in Aus-
sicht genommenen Vertragsschluss Abstand zu nehmen.
LG Karlsruhe, Urteil vom 11.1.2013, 9 S 394/12
Bedeutung für die Praxis
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Abbruchs
von Vertragsverhandlungen in Bezug auf den Abschluss eines Mietvertrages
in Anspruch. Ein Schadensersatzanspruch ist bereits dem Grunde nach zu
verneinen, da die Beklagte die Vertragsverhandlungen nicht ohne berech-
tigten Grund abgebrochen hat. Die Voraussetzungen eines Schadenser-
satzanspruchs bei Abbruch von Vertragsverhandlungen liegen nicht vor. Im
Rahmen der Vertragsfreiheit hat jeder Vertragspartner bis zum Abschluss
des Vertragsabschlusses grundsätzlich das Recht, von dem in Aussicht ge-
nommenen Vertragsschluss Abstand zu nehmen. Gleichwohl kann sich eine
Partei schadensersatzpflichtig machen, wenn nach den Vertragsverhand-
lungen der Vertragsschluss als sicher anzunehmen ist und eine Partei ohne
triftigen Grund den Vertragsschluss ablehnt. Die Beklagte konnte aus dem
ihr übersandten Exposé nicht entnehmen, dass umfänglichere Dekorations-
arbeiten bei Beginn des Mietvertrages anfallen würden, wenngleich danach
Schönheitsreparaturen dem Mieter zur Last fallen sollten, weil nämlich
im Exposé die Wohnung dahingehend beschrieben worden ist, dass die
Wohnung zwei Monate vor Mietbeginn saniert würde. Aus dem Inhalt des
Exposés war sogar eher der Schluss gerechtfertigt, dass man ohne weitere
Arbeiten in die von der Klägerin sanierte Wohnung würde einziehen können.
Jedenfalls hat die Beklagte die Vertragsverhandlungen nicht
ohne berechtigten Grund abgebrochen, so dass ein Scha-
densersatzanspruch nicht gegeben ist.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 536 a Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3,
554 Abs. 2, 578 Abs. 2
Duldungspflicht des Gewerberaum-
mieters; Modernisierungsarbeiten
Zur Verpflichtung des Gewerberaummieters, Modernisierungsarbei-
ten gemäß § 554 Abs. 2 BGB zu dulden.
BGH, Urteil vom 31.10.2012, XII ZR 126/11
Bedeutung für die Praxis
Ein Anspruch der Mieter gemäß § 536 a Abs. 1 BGB auf Ersatz des ihnen
durch die außerordentliche Kündigung des Mietvertrags entstandenen
Schadens ist dem Grunde nach zu bejahen. Durch die beabsichtigte
umfassende Neugestaltung des Gebäudes war danach die Tauglichkeit der
Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch für einen längeren Zeitraum
aufgehoben. Diesen Mangel hat die Vermieterin zu vertreten. Denn die
Mieter waren zur Duldung der Umbaumaßnahmen nicht gemäß §§ 554
Abs. 1 und Abs. 2, 578 Abs. 2 BGB verpflichtet. Zwar handelt es sich
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RECHT