Seite 30 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2013_04

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breit verankert und von der Verwaltung umgesetzt
werden: „Wohnungsbau genießt bei uns höchste
politische Priorität“ – auch in der Abwägung unter-
schiedlicher Interessen. Ansatzpunkte gibt es z. B.
auch bei denBaulandpreisen. Einige Städtemachen
beimVerkauf städtischer Grundstücke vor, wieman
Baulandpreise dämpfen kann. Ein Stichwort dabei
ist die Konzeptvergabe kommunaler Baugrundstü-
cke – also nicht nach Höchstpreis, sondern nach
dem besten städtebaulichen Konzept – insbeson-
dere im Hinblick auf Entlastungswirkungen für
den Wohnungsmarkt und den Erhalt der sozialen
Mischung. Nachzudenken ist auch über eine ver-
bindliche zeitliche Begrenzung vonGenehmigungs-
prozessen – etwa „Erteilung einer Baugenehmigung
innerhalb maximal eines Jahres“.
Was können die Länder beitragen?
Die Förderprogramme sollten vereinfacht und
müssen vor allem stärker regionalisiert werden,
damit gezielt dort gefördert werden kann, wo
der Bedarf am größten ist. Es muss auch wie-
der mehr über eine Förderung durch Zuschüsse
nachgedacht werden, da dies direkt zu Baukos-
tensenkungen führen kann. Denn aktuell existiert
zuvorderst ein Baukostenproblem, weniger ein Fi-
nanzierungsproblem. Die Förderung über zinsver-
billigte Darlehen könnteman durch eine deutliche
Verlängerung von Darlehenslaufzeiten attraktiver
machen – indem man die niedrigen Zinsen über
einen deutlich längeren Zeitraum zusichert, als
Banken dies anbieten. Lange Laufzeiten können
zudemmit entsprechen lang laufenden Bindungen
verknüpfen – wodurch preiswerter Wohnraum für
einen längeren Zeitraum gesichert werden kann.
Was hat der Bund auf der Agenda?
Unstrittig ist: Die Anforderungen an die soziale
Wohnraumförderung steigen. Daher sind die Kom-
pensationsmittel des Bundes auch über 2014 hin-
aus erforderlich – undmüssten sogar aufgestockt
werden. Die Länder brauchen diese Finanzierungs-
basis für das soziale Bauen!
UmZielgenauigkeit herzustellen, sollten dieMittel
zweckgebunden sein. Der Bund muss mithelfen,
das Bauen und Bewirtschaften von Immobilien
wieder attraktiv zumachen – auch durch die Anpas-
sung des linearen Abschreibungssatzes von 2%auf
4%. Ziel ist hier steuerliche Neutralität, wennWoh-
nungsbau gegenüber anderen Anlageformen wie-
der eine Alternativewerden soll. Diese Anpassung
wäre absolut sachgerecht (Stichwort: zunehmende
technische Ausstattung der Gebäude). Rechnerisch
bedeutet dies eine lineare Abschreibung von zu-
nächst 25 Jahren. Da aber jede neue Investition, die
heute in der Regel nach 25 Jahren erforderlich ist,
wieder über 25 Jahre abzuschreiben ist, verlängert
sich die tatsächliche steuerliche Nutzungsdauer
auf 50–75 Jahre.
Die kontinuierliche Verteuerung des Bauens muss
gestoppt werden – auch durch eine temporäre Ver-
schnaufpause bei der Energieeinsparverordnung.
Die Verschärfung ca. alle drei Jahre hemmt Investi-
tionen. Sie passt nicht zu den langen Planungs- und
Investitionszyklen der Wohnungswirtschaft. Ein
weiterer wichtiger Impuls können Emissionsziele
für zusammenhängende Immobilienbestände sein.
Maßnahmen zur energetischen Ertüchtigung erfol-
gen meist auf der Ebene des einzelnen Gebäudes
und nicht imKontext der umgebenden Bebauung.
Jedochwäre gerade auf der Quartiersebene häufig
ein konsistentes „Anfassen“ z. B. eines gesamten
Blocks sinnvoller. Was spricht dagegen, hier – ähn-
lich wie beim Kooperationsvertrag – statt für ein
einzelnes Objekt für ein komplettes Wohnungs-
portfolio oder einQuartier ein Gesamt-Emissions-
minderungsziel vorzugeben (z. B. 50% weniger
CO
2
bis 2020)? Die Freiheit der Entscheidung
über die Umsetzung beim Eigentümer zu belas-
sen, würde bewirken, dass nicht jedes Objekt auf
das vorgeschriebene energetische Niveau ange-
hoben werden muss, sondern dass einzelne hoch-
effiziente Sanierungen auchweniger umfängliche
Sanierungen in der Gesamtbilanz kompensieren
– eine Chance, preiswerte Bestände eingemischt
zu erhalten. Auf diese Weise ließe sich zudem den
Aspekt der Energieversorgung besser integrieren.
Dieser Ansatz eröffnet neue Bezugsgrößen für die
energetische Sanierung, zumal dezentrale Ener-
Neue Dynamik für den Wohnungsmarkt:
Warum bezahlbarer Mietwohnungsbau notwendiger ist denn je
„Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum, der speziell in Ballungsräumen insbe-
sondere die niedrigen und mittleren Einkommen bedient. In den letzten Jahren hat eine nicht
ausreichende Neubautätigkeit in diesen Ballungsräumen das Angebot verknappt. Damit geht
einher, dass besser verdienende Einkommensgruppen auch Wohnraum nachfragen, der bislang
eher den mittleren und niedrigen Einkommen zur Verfügung stand – es kommt zu einem Ver-
drängungswettbewerb.
Gleichzeitig ging in den letzten Jahren die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter
auseinander. So nahm laut DIW Berlin zwischen 2000 und 2010 die untere Einkommensschicht
um rund 5% zu. Das Armutsproblem pendelt sich auf hohem Niveau ein. Gleichzeitig führen
steigende Warmmieten – besonders aufgrund deutlich steigender Energie- und Baukosten – zu
höheren Wohnkostenbelastungen. Auch Investitionen in die energetische Sanierung verursa-
chen steigende Mieten. Segregation und soziale Instabilitäten bzw. bestehende Problemlagen
drohen sich zu verschärfen. Die zunehmende Wohnungsknappheit in Ballungszentren birgt
dort immer mehr sozialen Sprengstoff.
Die Wohnungswirtschaft will weiterhin stark in bezahlbaren Wohnraum investieren, dazu
müssen aber die wirtschaftlichen Vorgaben stimmen. Folgende Punkte sind aus Sicht des GdW
daher grundsätzlich notwendig, um den Wohnungsbau voranzutreiben:
• Kommunale Grundstücke dürfen nicht im Höchstbieterverfahren vergeben werden.
• Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen in einem angemessenen Zeitrahmen abge-
schlossen werden.
• Der steuerliche Abschreibungssatz muss von 2% auf 4% angepasst werden, um steuerliche
Benachteiligungen abzubauen.
• Eine Verschärfung der EnEV, wie beim Neubau geplant, ist Gift für den notwendigen Bau
neuer, bezahlbarer Wohnungen.
• Förderung muss verstetigt und vereinfacht werden – sowohl auf Bundes- als auch auf Lan-
desebene. Bundesmittel müssen zu 100% zweckgebunden eingesetzt werden.
• Anforderungen dürfen nicht durch B-Pläne oder Landesgesetze verschärft werden.
• Restriktionen im Mietrecht wirken kontraproduktiv auf das Investitionsklima!
• Der deutliche Anstieg der Nebenkosten muss begrenzt werden – insbesondere bei Energie,
Wasserversorgung und Entwässerung, Müllbeseitigung und Grundsteuer.
• Eine Baukostensenkungskommission muss eingerichtet werden.
• Der Werkswohnungsbau ist wiederzubeleben.
Die von Regiokontext vorgeschlagenen ‚Strategien für bezahlbares Wohnen in der Stadt’ sind –
angesichts der politischen Diskussion zum Thema bezahlbares Wohnen – richtig und hilfreich.”
STATEMENT VON GDW-PRÄSIDENT AXEL GEDASCHKO
Weitere Forderungen des GdW zur Bundestagswahl 2013 finden Sie
unter „gerecht wohnen” auf
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NEUBAU UND SANIERUNG