Seite 73 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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schriftung des Briefkastens mit einem Namen nicht mit der erforderlichen
Sicherheit darauf geschlossen werden, dass eine Person dieses Namens
oder eine andere Person Besitz bzw. Mitbesitz an der Wohnung hat. Eine
solche Feststellung konnte, da auch keine Person aufgetreten ist, die sich
eines solchen Besitzes berühmt hat, nur in der Wohnung getroffen wer-
den. Eine solche Feststellung wird erst bei Fortsetzung der Zwangsräu-
mung getroffen werden können. Diese Feststellung war hier jedoch nicht
erfolgt. Durch diese Entscheidung wird klargestellt, dass Versuche von
Mietern, die Zwangsräumung einer Wohnung durch Vorschieben anderer
Nutzer zu verhindern, unterbunden werden können. Nur wenn tatsäch-
lich andere Personen die Wohnung nutzen, sind diese
dadurch geschützt, dass gegen sie ein Vollstreckungstitel
vorliegen oder erwirkt werden muss.
Rechtsanwalt Rainer Maaß, VNW in Hamburg
WEG § 16 Abs. 2
Mitgliedschaft in einer werdenden
Eigentümergemeinschaft
1. Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag
vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt
und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen
wird, ist auch dann als werdender Wohnungseigentümer anzusehen,
wenn er den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der
Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt.
2. Der in dem Grundbuch als Eigentümer eingetragene Veräußerer
haftet nicht gesamtschuldnerisch für die Lasten der Wohnung, wenn
der Erwerber als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist.
WEG-RECHT
WEG §§ 12, 25 Abs. 2
Keine neuen Stimmrechte durch
Aufteilung von Einheiten
1. Teilt ein Wohnungseigentümer sein Wohnungseigentum ohne
Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer nachträglich auf und
veräußert die neu geschaffenen Einheiten an verschiedene Dritte,
entstehen bei Geltung des Kopfstimmrechts keine weiteren Stimm-
rechte (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 24. November 1978,
V ZB 2/78, BGHZ 73, 150 ff.).
2. Die Zustimmung des Verwalters zu einer solchen Teilveräußerung
aufgrund eines in der Teilungserklärung enthaltenen Zustimmungs-
erfordernisses führt nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte.
BGH, Urteil vom 27.4.2012, V ZR 211/11
Bedeutung für die Praxis
Der Status der übrigen Wohnungseigentümer muss gewahrt werden. Der
BGH sieht dies nur dann als gewährleistet an, wenn die ursprüngliche Ge-
samtstimmenzahl keine Änderung erfährt (neue Abstimmungsergebnisse
wie 5,5 : 6,5 werden toleriert). Anders dagegen sei der Fall zu sehen,
wenn bei der Geltung des Kopfstimmrechts eine nachträgliche Vermeh-
rung von Stimmrechten eintritt, weil ein Eigentümer mehrere Einheiten
hielt und diese sukzessive veräußerte. Dann besteht kein „Bestands-
schutz“ hinsichtlich der Stimmenzahl. Die mögliche Ver-
mehrung war bereits in der Teilungserklärung erkennbar
angelegt.
Rechtsanwalt Dr. Olaf Riecke, Hamburg
WEG § 21 Abs. 4; BGB § 194
Anspruch auf ordnungsmäßige
Verwaltung; Verjährung
Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige
Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar. Die vorherige Befassung
der Eigentümerversammlung mit dem Antrag, den der Wohnungs-
eigentümer gerichtlich durchsetzen will, ist Voraussetzung für die
Zulässigkeit der Leistungsklage.
BGH, Urteil vom 27.4.2012, V ZR 177/11
Bedeutung für die Praxis
Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung
wird wie eine ständig neu entstehende Dauerverpflichtung verstanden/
behandelt und kann deshalb nicht verjähren. Die Verjährung eines Unter-
lassungsanspruchs gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB dagegen kann zwar ein-
treten. Dieser Anspruch entsteht jedoch mit jeder neuen Störungshand-
lung erneut und unterliegt sodann jeweils einer eigenständigen (neuen)
Verjährung. Dagegen unterliegt der Beseitigungsan-
spruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB der Verjährung ohne
derartige Einschränkungen.
Rechtsanwalt Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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wirtschaft
BGH, Urteil vom 11.5.2012, V ZR 196/11
Bedeutung für die Praxis
Ob und gegebenenfalls wie lange auch ein Ersterwerber, der erst nach
Invollzugsetzung der Gemeinschaft eine gesicherte Erwerbsposition
erlangt, als werdender Wohnungseigentümer zu behandeln ist, war bisher
streitig. Nunmehr werden vom BGH auch diejenigen Ersterwerber, die
eine gesicherte Erwerbsposition erst nach der Entstehung der Wohnungs-
eigentümergemeinschaft erlangen, als werdende Wohnungseigentümer
angesehen mit der Folge, dass sie alle Rechte (z. B.
Stimmrecht), aber auch alle Pflichten (z. B. zur Haus-
geldzahlung) eines Wohnungseigentümers treffen.
Rechtsanwalt Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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