Seite 64 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Grundsätze der Unternehmensbewertung und
Besonderheiten bei Wohnungsunternehmen
Die Anlässe für Unternehmensbewertungen sind vielfältig und reichen von geplanten Änderungen in den
Eigentumsverhältnissen des Unternehmens (Verkaufs- oder Kaufabsichten) über Wertermittlungen für
Zwecke der Rechnungslegung bis hin zu Kreditwürdigkeitsprüfungen oder zur Ermittlung von Besteue-
rungsbemessungsgrundlagen. Teil 11 unserer Serie zu aktuellen Bilanz- und Prüfungsfragen behandelt die
Bausteine von Unternehmensbewertungen und die damit verbundenen Herausforderungen.
In der Wohnungswirtschaft werden Unterneh-
mensbewertungen häufig imZuge von Verkäufen
und anderweitigen Anteilsübertragungenwie z. B.
Verschmelzungen, aber auch bei der Ermittlung
der beizulegenden Werte von Beteiligungen im
Rahmen der Jahresabschlusserstellung durchge-
führt.
Grundsätze der Unternehmensbewertung
Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich
grundsätzlich aus demNutzen, den das Unterneh-
men aufgrund seiner zum Bewertungszeitpunkt
vorhandenen Erfolgsfaktoren zukünftig erwirt-
schaften kann. Hierzu zählen beispielsweise die In-
novationskraft, die Produkte und die Stellung am
Markt, die Mitarbeiter oder das Management. Für
die Bewertung von bestandsverwaltenden Woh-
nungsunternehmen ist insofern insbesondere auf
die nachhaltige Verwaltung und Bewirtschaftung
eigener Wohnungsbestände und die damit ein-
hergehenden Werteinflüsse abzustellen. Die ent-
scheidendenwertbeeinflussenden Parameter bzw.
Werttreiber sind hierbei in der Regel einerseits die
Umsätze aus der Bewirtschaftung des Hausbesit-
zes und andererseits die zukünftig erforderlichen
Kosten für dieModernisierung und Instandhaltung
der Wohnungsbestände.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat in
seinem Standard S 1 „Grundsätze zur Durchfüh-
rung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1
i. d. F. 2008)
1
die grundlegende Systematik bei
der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte
dargelegt. Als objektivierter Unternehmenswert
wird ein intersubjektiv nachprüfbarer und typi-
sierter Zukunftswert bezeichnet, also der Wert
aus der Sicht einer inländischen, unbeschränkt
steuerpflichtigen, natürlichen Person als Anteils-
eigner, der sich ergibt, wenn das zu bewertende
Unternehmen in unverändertem Konzept bei un-
begrenzter Lebensdauer weitergeführt wird. Der
Unternehmenswert ist demnach so zu ermitteln,
dass dieser für die beteiligten Betrachter bzw. für
sachverständige Dritte gleichermaßen erkennbar
und nachvollziehbar ist. Der IDW S 1 ist auch für
die Bewertung von Wohnungsunternehmen an-
zuwenden.
Der IDW S 1 sieht als Bewertungsmethoden das
Ertragswert- oder das Discounted-Cashflow-Ver-
fahren (DCF-Verfahren) vor. Beide Bewertungs-
verfahren sind grundsätzlich gleichwertig und
führen bei entsprechender Prämissensetzung zu
identischen Ergebnissen, da sie auf derselben in-
vestitionstheoretischen Grundlage (Kapitalwert-
kalkül) fußen. Sie ermitteln den Unternehmens-
wert durch Diskontierung der den Anteilseignern
künftig zufließenden finanziellen Überschüsse,
die aus den künftigen handelsrechtlichen Ertrags-
überschüssen (Ertragswertverfahren) bzw. den
Zahlungsüberschüssen (DCF-Verfahren) abgelei-
tet werden.
Die Ermittlung der Ertrags- oder Zahlungsüber-
schüsse hat nach IDW S 1 unter Berücksichtigung
der zum Bewertungsstichtag bestehenden Un-
ternehmenskonzeption zu erfolgen. Für die Be-
wertung von bestandsbewirtschaftenden Woh-
nungsunternehmen bedeutet dies in der Regel die
Bewirtschaftung des Immobilienbestands unter
Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ohne wesentliche
von der grundlegenden konzeptionellen Ausrich-
tung abweichende Zukäufe oder Veräußerungen
von Wohnungsbeständen. Erwartete Markt- und
Umweltentwicklungen sowie absehbare strategi-
sche Anpassungen der Unternehmenskonzeption
sind dagegen in die Betrachtung einzubeziehen.
Erstellung von Prognoserechnungen
Das Kernproblem einer jeden Unternehmensbe-
wertung ist die sachgerechte Prognose der künf-
tigen Ertrags- bzw. Zahlungsüberschüsse („Für die
Vergangenheit zahlt der Kaufmann nichts.“). Die
vorhandene Substanz und die in der Vergangenheit
erwiesene Ertragskraft dienen hierbei lediglich als
WP/StB Rudolf Pötzinger
VdW Bayern, München
StB Andreas Pritschet
VdW Bayern, München
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9|2012
MARKT UND MANAGEMENT