Seite 63 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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können, wird die Genossenschaft unabhängiger
von den Banken und deren Kreditmargen. Die ge-
nossenschaftliche Altersvorsorge ist aber auch
zusätzliche Sicherheit für die Genossenschaft bei
Forderungen an das Mitglied oder seine Erben.
Neben den Vorteilen und Chancen gibt es
sicherlich auch Risiken. Wie geht Ihre Genos-
senschaft damit um?
Da das Mitglied sein Guthaben der genossen-
schaftlichen Altersvorsorge jederzeit kündigen
kann, besteht die Gefahr, dass nach Zeiten des
größeren Kapitalzuflusses durch Ansparung von
Anteilen Geld durch Kündigungen oder Verrech-
nungmit der Miete wieder in erheblicheremUm-
fang abfließt und die Genossenschaft dies durch
kurzfristige Darlehen ausgleichen muss. Um da-
rauf angemessen reagieren zu können, betreiben
wir seit vielen Jahren intensiv Hypothekenma-
nagement. Dadurch ist es uns gelungen, diverse
Darlehen nicht nur auf günstigere Zinssätze um-
zuschulden oder zu größeren Darlehenskontin-
genten zusammenzufassen, sondern auch etliche
Grundstücke schuldenfrei zu bekommen, damit
wir diese als Sicherheit bei einem finanziellen
Engpass durch erhöhten Abfluss von Geschäfts-
anteilen anbieten können.
Grundsätzlich verwenden wir die Guthaben aus
der genossenschaftlichen Altersvorsorge nur zur
Ablösung von Darlehen. Dadurch ist gewähr-
leistet, dass uns die in der Miete aufgrund der
bisherigen Darlehen kalkulierten Zinsen weiter
zufließen und wir auch die dem Mitglied zugesi-
cherte Verzinsung seines Guthabens leisten kön-
nen. Auf keinen Fall darf das Geld, das aus der
genossenschaftlichen Altersvorsorge stammt, für
Maßnahmen verwendet werden, die nicht eine
entsprechende Rentabilität für die Zukunft ge-
währleisten – z. B. Instandhaltungen oder Moder-
nisierungen, die nicht zu entsprechend höheren
Mieteinnahmen führen.
Ein Risiko für das Mitglied wäre, dass im Falle der
Insolvenz der Genossenschaft seine Ansparung
verloren geht. Abgesichert werden kann dieses
Risiko durch die teuren Möglichkeiten einer
Bankbürgschaft oder Versicherung. Wir planen
als Vorsorge für diesen Fall die Gründung eines
Vereins, bei dem jedes Mitglied, das genossen-
schaftliche Altersvorsorge bei uns betreibt, Mit-
glied wird. Diesem Verein wird von der Genos-
senschaft eine Eigentümergrundschuld, die auf
einem schuldenfreien, werthaltigen Grundstück
eingetragen ist, als Sicherheit für seine Mitglie-
der abgetreten. Der Verein hat dann die Aufgabe,
im Fall der Insolvenz der Genossenschaft das
Grundstück zu verwerten und den Erlös an seine
Mitglieder weiterzugeben.
Beim Riester-geförderten Sparen in Genossen-
schaftsanteile besteht derzeit leider auch noch
die Auflage, dass das Sparen an die Wohnungs-
nutzung bei der Genossenschaft gebunden ist.
Wenn das Mitglied auszieht, muss es das Gutha-
ben auflösen und in ein anderes Riester-Produkt
investieren, wenn es die Zulage nicht rückwirkend
verlierenwill. Bei Abwägung aller Vor- und Nach-
teile überwiegen für uns eindeutig die positiven
Aspekte des Ansparens von Genossenschaftsan-
teilen zur Altersvorsorge. Sie bringt insbesondere
der Genossenschaft im Hinblick auf die künftig
drohende Altersarmut und den zu befürchtenden
Mehrausfall von Forderungen nur Vorteile.
Das Interview führte Monika Kegel.
Quelle: Werkvolk eG
Wohnung der Genossenschaft dem Mitglied
die Förderung mit dem Ziel der Reduzierung
der Wohnkosten im Alter zu erhalten. Hierzu
sollte die Selbstnutzungsvoraussetzung der
Genossenschaftswohnung auf den Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses begrenzt werden. Um
Missbrauch zu verhindern, wäre es ausreichend,
wenn das Mitglied die Genossenschaftswoh-
nung bereits mindestens sechs Monate vor
Abschluss des Altersvorsorgevertrages selbst
nutzt.
• Genossenschaften, die keine Erlaubnis nach
dem Kreditwesengesetz besitzen (wie die Woh-
nungsgenossenschaften mit Spareinrichtung),
müssen die zum Zweck der Altersvorsorge er-
worbenen weiteren Geschäftsanteile durch eine
Versicherung oder ein Zahlungsversprechen ei-
nes Kreditinstituts absichern. Die Absicherung
ist teuer – Avalprovision von ungefähr 1% – und
kann das Altersvorsorgeangebot unrentabel
machen. Hier stellt sich die Frage, ob im Sinne
einer Gleichstellung mit den Wohnungsgenos-
senschaften mit Spareinrichtung überhaupt
eine Absicherung beibehalten werden soll,
zumal die Einzahlungen auf die weiteren Ge-
schäftsanteile keinen herausragenden Betrag
im Verhältnis zur Gesamtfinanzierung der Ge-
nossenschaft darstellen. Mindestens aber soll-
ten neben Erleichterungen der Absicherung (z.
B. Globalbürgschaft über Gesamtsumme der
weiteren Geschäftsanteile) auch andere Wege
einer gleichwertigen Absicherung eröffnet wer-
den, so z. B. in Form einer erstrangigen Grund-
schuld auf den eigenen Grundbesitz der Genos-
senschaft. Erforderliche Beleihungsspielräume
sind in der Regel vorhanden.
• Auch sollten die geförderten Ersparnisse inwei-
teren Geschäftsanteilen während der Anspar-
phase insolvenzsicher sein.
• Ein weiteres großes Hemmnis ist die EDV-
technische Abwicklung des gesamten Verfah-
rens, da die derzeit üblicherweise verwendete
wohnungswirtschaftliche Standard-Software
den Riester-Anforderungen nicht gerecht wird.
Dadurch können z. B. die gesetzlich vorge-
schriebenen Informationen, Meldungen oder
Bescheinigungen nicht ohne Weiteres aus der
EDV generiert werden. Zwar bietet das Portal
bei der Zentralen Zulagenstelle für Altersver-
mögen (ZfA) zum Teil schon Erleichterungen.
Es sollte jedoch grundsätzlich überlegt werden,
inwiefern durch die ZfA zusätzliche Aufgaben
übernommen werden können. Das betrifft auch
Dienstleistungen und die Schaffung einer zentra-
len und einfachen EDV-Lösung für Kleinanbieter
wie die Wohnungsgenossenschaften.
Die dargestellten Hemmnisse sind u.a. auch Ge-
genstand eines Forschungsprojekts im Rahmen
der vom Bundesbauministerium (BMVBS) beauf-
tragten Evaluierung von Wohn-Riester, das von
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Forschungszent-
rum Generationenverträge der Albert-Ludwigs-
Universität Freiburg, betreut wird. Die Ergeb-
nisse liegen seit Anfang August 2012 vor und
werden derzeit ausgewertet.
Dagmar Kierner
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9|2012