Seite 61 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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rung des in weiteren Geschäftsanteilen angespar-
ten Vorsorgevermögens.
Wie das Altersvorsorgeangebot Sparen inweiteren
Geschäftsanteilen – ob ohne oder mit Förderung
– funktioniert, welche Chancen und Risiken so-
wohl auf Seiten der Genossenschaft als auch der
Mitglieder bestehen, welche Voraussetzungen
im Einzelnen vorliegen müssen, wurde bereits
2007 und 2008 in mehreren Beiträgen der DW
Die Wohnungswirtschaft erläutert. Verwiesen
wird in diesem Zusammenhang auch auf die GdW
Arbeitshilfe 60 „Erwerbweiterer Geschäftsanteile
zur Reduzierung der Wohnkosten im Alter – ein
genossenschaftliches Altersvorsorgeangebot“
vom Januar 2009. In ihrem Beitrag zu den Optio-
nen und Chancen für Wohnungsgenossenschaften
durch den „Wohn-Riester“ (DW 10/2008) resü-
miert Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des
GdW: „Bedauerlich ist, dass das Sparen inweiteren
Geschäftsanteilen anWohnungsgenossenschaften
mit sehr hohen Anforderungen verbunden ist. Die
Praxis wird zeigen, ob diese Anforderungen von
den Genossenschaften auch erfüllt werden können
oder ob die ‚Latte zu hoch hängt‘“.
Vier Jahre später ist festzustellen, dass das neue
Altersvorsorgeprodukt noch nicht in der Praxis
angenommen wird. Es gibt erst drei zertifizierte
Wohnungsgenossenschaften (siehe Interview im
nebenstehenden Kasten). Mehrere Genossen-
schaften haben jedoch ihre Satzungen angepasst
undwollenweitere Schritte für eine Zertifizierung
gehen. Vermehrt gibt es dagegen Wohnungsge-
nossenschaften, die den Erwerb weiterer Genos-
senschaftsanteile zur Altersvorsorge ohne
Interview mit Dirk Lönneker
Der Wohn-Riester war ursprünglich
für Genossenschaften vorgesehen
Dirk Lönnecker ist Vorstandsmitglied der Berliner Bau- und
Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, die für das staatlich
geförderte Sparen von weiteren Geschäftsanteilen (so genannter
Wohn-Riester) zertifiziert und somit berechtigt ist, entsprechende
Altersvorsorgeverträge mit den Mitgliedern abzuschließen.
Herr Lönnecker, Sie sind Vorstand einer
Wohnungsgenossenschaft mit Spareinrich-
tung und haben schon seit längerer Zeit Er-
fahrungen mit Riester-Sparprodukten. Der
Wohn-Riester findet jedoch in der Praxis
kaum Anwendung. Welche Hemmnisse gibt
es aus Ihrer Sicht?
Der so genannte Wohn-Riester ist mittlerweile
das Produkt der Bausparkassen. Ursprünglich
war er allerdings von der Expertenkommis-
sion Wohnungsgenossenschaften für Genos-
senschaften vorgeschlagen worden. In der
Umsetzung entstand dann der „Bausparkas-
sen-Riester“. Bei Wohnungsgenossenschaften
gibt es in der Tat bisher nur drei Zertifizie-
rungen.
Wir – und nur für uns kann ich sprechen – werden
unseren Mitgliedern so lange keinen Vertrag
anbieten, wie die Regelung besteht, dass das
geförderte Sparen an den Dauernutzungs-
vertrag gebunden ist. Ein beruflich bedingter
Wohnungswechsel, selbst zu einer anderen
eingetragenen Genossenschaft, würde einen
Vertragswechsel zu einem anderen Riester-
Anbieter notwendig machen. Wir verstehen
diese Regelung – die erst nachträglich in das
Gesetz aufgenommenwurde – nicht und können
diese unserenMitgliedern daher auch nicht ver-
ständlichmachen. ImÜbrigen gibt es auch keine
vergleichbare Klausel für den „Bausparkassen-
Riester“.
Dennoch kann der Erwerb von Anteilen an
Wohnungsgenossenschaften, zumal staat-
lich gefördert, ein interessantes Altersvor-
sorgeangebot sein, weil es auf den Beson-
derheiten einer Genossenschaft aufbaut.
Welche Chancen sehen Sie hierfür, wenn die
von der Bundesregierung geplanten Verbes-
serungen, vor allemeine praxisnahe Entbü-
rokratisierung desWohn-Riesters, kommen?
Als der Wohn-Riester seinerzeit eingeführt
wurde, gab es nur wenige eingetragene Ge-
nossenschaften, die sich mit dem Thema an-
gefreundet haben. Diemeisten Kollegen haben
sich – aus den unterschiedlichsten Gründen –
damit nicht weiter beschäftigt. Selbst wenn
die bei der ersten Frage erwähnte Verknüpfung
von Förderung und Wohnungsnutzung bei der
anbietenden Genossenschaft wieder aufgeho-
ben wird und eine „praxisnahe“ Entbürokra-
tisierung kommen sollte, gibt es bisher keine
Software für die Wohnungswirtschaft, die die
notwendigen bürokratischen Anforderungen
an den Riester-Anbieter beherrscht. Insofern
halte ich die Wahrscheinlichkeit für ein deut-
lich verstärktes Wohn-Riester-Angebot durch
Wohnungsgenossenschaften für eher gering
und die Mitglieder werden – wie bisher – bei
Banken, Versicherungen und Bausparkassen
ihre Riester-Förderung erhalten.
Das Interview führte Monika Kegel.
Quelle: 1892 eG
Dirk Lönnecker
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