Seite 59 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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tracht bleiben. Der Beginn einer Modernisierungs-
maßnahme kann alsomit dieser Begründung nicht
durch den Mieter verzögert werden, bleibt aber
bei einer eventuellen Mieterhöhung nach § 559
BGB zu berücksichtigen. Richtig ist, dass diese
Vorschrift demVermieter Planungssicherheit vor
bzw. während der Bauphase geben könnte und so
ein Beitrag zur Durchführung von energetischen
Maßnahmen geschaffen wird. Dadurch aber, dass
die Härtefallprüfung in Bezug auf eine eventuelle
Mieterhöhung nach Durchführung der Maßnah-
me imRahmen der Modernisierungsumlage allein
auch dort behandelt werden soll, verbleibt das
wirtschaftliche Risiko allein beim Vermieter.
Contracting
In § 556c BGB-E soll nunmehr die Umlage der
Contractingkosten auf den Mieter anstelle der
bisherigen Heizkosten, und damit ein Umstel-
lungsanspruch des Vermieters, neu geregelt wer-
den. Bei Umstellung von der Wärmeversorgung
in Eigenregie auf Wärmelieferung durch einen
gewerblichen Anbieter können Vermieter die
Kosten dieser Wärmelieferung künftig umlegen,
wenn die Wärme aus einer vomWärmelieferanten
errichteten neuen Anlage oder aus einem Wär-
menetz geliefert wird und die Kosten der Wär-
melieferung die Betriebskosten für die bisherige
Eigenversorgung mit Wärme oder Warmwasser
nicht übersteigen (Kostenneutralität).
Mit Recht verweist die Bundesregierung darauf,
dass die Umstellung auf Contracting ein wichti-
ges Instrument zur Verbesserung der Energie-
effizienz ist. Aufgrund der geplanten Regelung
wird das Contracting jedoch nicht zu-, sondern
abnehmen. Dies gilt vor allem aufgrund der ge-
forderten Kostenneutralität, die sich im Entwurf
nur auf den Zeitpunkt der Umstellung bezieht.
Der Nachweis einer Kostenneutralität wird aber
mit dieser gesetzlichen Regelung nicht gelin-
gen, insbesondere nicht bei Einsatz erneuerba-
rer Energien. So werden Wärmelieferverträge
meistens über einen Zeitraum von mehreren
Jahren abgeschlossen. Erst bei einer Betrach-
tung über die Vertragslaufzeit beziehungsweise
über mehrere Jahre kann eine Kostenneutralität
erreicht werden. Zu berücksichtigen ist hier, dass
die reinen Energiekosten in der Regel überpro-
portional zu anderen Kostenanteilen steigen. Erst
durch den Effizienzgewinn bei Umstellung auf
Contracting sinkt der Anteil der reinen Energie-
kosten und damit steigen die Kosten der Wär-
meversorgung in den Folgejahren weniger stark
an als bei der ursprünglichen Eigenversorgung.
Anfängliche Mehrbelastungen werden also durch
spätere Kosteneinsparungen infolge der Effizi-
enzgewinnung kompensiert. Kostenneutralität
kann so erst während der Vertragslaufzeit be-
ziehungsweise mit Betrachtung eines längeren
Zeitraums hergestellt werden.
Als Lösung bietet sich entweder an, einen länge-
ren Zeitraum zu betrachten oder eine Regelung
nur für Verträge zu schaffen, die vor März 1989
abgeschlossen sind. Die Rechtsprechung nämlich
lässt die Umstellung auf Contracting für Verträ-
ge, die nach März 1989 abgeschlossen worden
sind, unkompliziert zu. Hilfsweise könnte auch
die Effizienzverbesserung im Sekundärnetz des
Heizungssystems in die Ermittlung der Kosten-
neutralität einbezogen werden.
Berücksichtigung energetischer Kriterien in
ortsüblicher Vergleichsmiete
Vernünftig erscheint der neue § 558 BGB-E:
Hiernach soll die energetische Ausstattung und
Beschaffenheit bei der Bildung der ortsüblichen
Vergleichsmiete Berücksichtigung finden. Zu
betonen ist aber, dass diese Bestimmung ledig-
lich der Klarstellung dient. In seiner Begründung
weist auch der Gesetzentwurf darauf hin, dass
bereits heute schon Mietspiegel erstellt werden,
die auch energetische Kriterien abbilden. Durch
diese ausdrückliche Regelung soll die Bedeutung
energetischer Kriterien imRahmen der Wohnwert-
merkmale „Ausstattung“ und „Beschaffenheit“
betont werden. Die Bildung des Mietspiegels
erfolgt aber vor Ort durch die Gemeinde, gege-
benenfalls gemeinsammit Unterstützung der In-
teressenverbände von Vermietern und Mietern.
Diese stehen also gleichfalls vor einer schwierigen
Herausforderung. Die Berücksichtigung der Belan-
ge von Klimaschutz, Mieter und Vermieter wird so
zu einer kommunalen Aufgabe.
ImErgebnis ist es zu begrüßen, dass die Bundesre-
gierung dieMietrechtsreformauf denWeg gebracht
hat. Erwartungsgemäß zeigt der Entwurf aber die
Schwierigkeit, die Belange von Klimaschutz, Ver-
mieter und Mieter in Einklang zu bringen. Die wei-
tereDiskussionwird spannend. Allen an der Reform
muss jedoch klar sein: Ohne Wohnungsunterneh-
men und ohne Vermieterwird die Energiewende im
Gebäudebereich nicht gelingen. Sie sind es, die in
Vorleistung treten und das gesamtewirtschaftliche
Risiko einer energetischen Sanierung tragen. Dies
zu berücksichtigen ist notwendig, umdie Energie-
wende im Gebäudebereich voranzubringen.
GdW-Unternehmen haben bereits einen hohen
Sanierungsstandard erreicht. Ohne weitere
energetische Modernisierungsmaßnahmen des
Wohnbestandes sind die Klimaschutzziele der
Bundesregierung jedoch nicht zu erreichen.
Im Mietrecht ist daher ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern
notwendig, um den Klimaschutz im Gebäude-
bereich voranzubringen.
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