Seite 45 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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DIN 1946-6
Lüftungsnorm
Im Mai 2009 wurde nach mehrjähriger
Überarbeitung die aktualisierte Lüftungs-
norm DIN 1946-6 veröffentlicht. Sie
verlangt die Erstellung eines Lüftungskon-
zeptes für Neubauten und für Sanierungen,
bei denen im Mehrfamilienhaus mehr als
ein Drittel der Fenster ausgetauscht wer-
den. Das heißt, der Planer oder Verarbeiter
muss festlegen, wie aus Sicht der Hygiene
und des Bauschutzes der notwendige
Luftaustausch erfolgen kann. Das Lüf-
tungskonzept kann von jedem Fachmann
erstellt werden, der in der Planung, der
Ausführung oder der Instandhaltung von
lüftungstechnischen Maßnahmen oder
in der Planung und Modernisierung von
Gebäuden tätig ist. Herzstück der Norm ist
die Festlegung von vier Lüftungsstufen:
Lüftung zum Feuchteschutz
Lüftung des Gebäudes zur Gewährleistung
des Bautenschutzes (Feuchte) unter übli-
chen Nutzungsbedingungen bei zeitwei-
liger Abwesenheit der Nutzer. Diese Stufe
muss gemäß Norm ständig und nutzerun-
abhängig sichergestellt sein.
Reduzierte Lüftung
Zusätzlich notwendige Lüftung zur Ge-
währleistung des hygienischen Mindest-
standards (Schadstoffbelastung) und Bau-
tenschutzes bei zeitweiliger Abwesenheit
des Nutzers. Diese Stufe muss weitestge-
hend nutzerunabhängig sichergestellt
sein.
Nennlüftung
Beschreibt die notwendige Lüftung zur
Gewährleistung der hygienischen und
gesundheitlichen Erfordernisse sowie des
Bautenschutzes bei Normalnutzung der
Wohnung. Der Nutzer kann hierzu teilweise
mit aktiver Fensterlüftung herangezogen
werden.
Intensivlüftung
Dient dem Abbau von Lastspitzen (z. B.
durch Kochen, Waschen) und auch hier
kann der Nutzer teilweise mit aktiver
Fensterlüftung herangezogen werden.
Müller bei Wohnungslüftungsanlagen mit Wär-
merückgewinnung noch Entwicklungsbedarf,
was die bedarfsorientierte Steuerung anbelangt.
„Mehrere Hersteller arbeiten an der Kopplung
ihrer Geräte mit CO
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- und Feuchtesensoren und
einer intelligenten Steuerung“, weißMüller. Einer
dieser Hersteller ist die Pluggit GmbH. Woranman
genau arbeitet, möchte Produktmanager Markus
Lang nicht verraten. „Wir beschäftigen uns mit ei-
nigen Ideen und Ansätzen, die darauf abzielen, die
Anforderungen der DIN 1946 über das geforderte
Maß hinaus zu erfüllen“, formuliert er vage. Noch
in diesemJahr sei mit entsprechenden Produktan-
kündigungen zu rechnen, so Lang.
Wärmerückgewinnung sorgt
für mehr Energieeffizienz
Doch auch, wenn zentrale Lüftungsanlagen mit
Wärmerückgewinnung unabhängig vom Bedarf
permanent auf einem bestimmten Level laufen,
sind sie in der Regel deutlich energieeffizienter
als reine Abluftanlagen. Denn die in der Abluft
enthalteneWärme wird zur Vorerwärmung der Zu-
luft genutzt, so dass weniger zum Fenster hinaus
gelüftet wird. Moderne, leistungsfähige Systeme
können mehr als 90% der Wärmeenergie von der
Abluft auf die Zuluft übertragen.
Allerdings sind zentrale Anlagenmit Wärmerück-
gewinnung aufwändiger und teurer als die ein-
fachen Abluftsysteme, da sie ein umfangreiches
Luftkanalsystem und je nach Lüftungskonzept
ein Zentralgerät für das gesamte Gebäude oder
mehrere kleine Geräte mit Wärmetauscher pro
Wohnung benötigen. Vor allem die erforder-
fordernis der nutzerunabhängigenMindestlüftung
und auch der gesundheitliche Aspekt wird bedient,
aber energetisch effizient ist das nicht“, nennt
Professor Peter Müller, Geschäftsführer des Euro-
päischen Testzentrums für Wohnungslüftungsge-
räte TZWL e. V. in Dortmund, den entscheidenden
Nachteil solcher Abluftanlagen.
Deutlich effizienter ist da zumBeispiel die Varian-
te des Herstellers Aereco, der sich als Vorreiter der
bedarfsgeführten Lüftung sieht. Bereits seit 1984
bietet er eine feuchtegeführte Abluftanlage an.
Dabei wird die Luft über Zuluftelementemit einem
Feuchtigkeitssensor vornehmlich über die Wohn-
und Schlafräume eingebracht. Steigt die relative
Luftfeuchtigkeit über einen bestimmten Wert,
wird die Zuluftschleuse geöffnet. Gleiches gilt
für die Abluft: In den sogenannten Ablufträumen
wie Bad, Küche und WC wird die verbrauchte Luft
über feuchtegeführte Abluftelemente abgeführt.
Entwicklungsspielräume bei
bedarfsgeführter Lüftung
Es findet also eine Lüftung nach Bedarf statt:
Wenn die Bewohner nicht da sind und weniger
Feuchte entsteht, sinkt die Luftwechselrate. Das
führt zu geringeren Lüftungswärmeverlusten.
Demgegenüber sorgt eine Zu- und Abluftanlage
mit Wärmerückgewinnung für einen permanen-
ten Luftwechsel unabhängig vom tatsächlichen
Frischluftbedarf. Die Regelung erfolgt über die
vier Lüftungsstufen der DIN 1946-6 (siehe Kas-
ten).
Tatsächlich sehen sowohl Klaus Händel vom
Fachverband Gebäude-Klima als auch Prof. Peter
Im Augsburger Proviantbachquartier wurden
2009 19 um 1900 entstandene dreigeschossige
Blankziegelbauten saniert und mit Thermolüf-
tern ausgestattet. Vieles energetisch Sinnvolle
war in den denkmalgeschützten Gebäuden
nicht möglich. Die kaum wahrnehmbare Ein-
bausituation war das entscheidende Argument
gegenüber den Denkmalschutzbehörden.
Quelle: LTM
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