Seite 13 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_09

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Der Name La Confluence bedeutet Zusammenfluss
und spielt auf die Lage des neuen Stadtteils an. Er
befindet sich dort, wo die beiden Flüsse Saône und
Rhône zusammenfließen, auf der Südspitze der
Perrache-Halbinsel. Zum historischen Zentrum
von Lyon sind es nur wenige Minuten. Ursprüng-
lich war das Gebiet ein Industriegelände, das vor
allem von einem Hafen und dem Großmarkt ge-
nutzt wurde.
Anfang der achtziger Jahre wanderte der Handel
ab; die Produktionsstätten verkamen. Nun baut
Frankreichs drittgrößte Stadt auf einemGelände,
das mit 150 ha ungefähr so groß wie die Hambur-
ger HafenCity ist, Wohnungen, Einkaufszentren,
Restaurants, öffentliche Gebäude, kulturelle Ein-
richtungen und Büros. Mehr als ein Fünftel des
Gebiets sind für Grünflächen vorgesehen.
Uferpromenaden statt Kaianlagen
Der erste Schritt zur Entwicklung des neuen Stadt-
teils war, an der Saône eine begrünte Uferprome-
nade zu schaffen. Anschließend wurden Silos und
Hallen einer ehemaligen Zuckerfabrik zu einem
Ausstellungszentrum umgestaltet. Seit 2003
findet hier die Kunst-Biennale statt – Frankreichs
vielleicht wichtigste Schau avantgardistischer
Kunst. Medienunternehmen siedelten sich an,
es entstanden Wohnungen, Parks, Ladenflächen
und Restaurants. Ein Aushängeschild wurde der
Place Nautique, der größte öffentliche Platz in La
Confluence. Die Hälfte seiner Fläche nimmt ein
künstliches Hafenbecken ein, das sich zum Fluss
Saône hin öffnet. Das über 300 m lange Becken
mit 30 Anlegeplätzen überspannt eine Fußgänger-
brücke, die den Übergang zu einemEinkaufs- und
Vergnügungskomplex mit Kino, Läden und einem
Vier-Sterne-Hotel schafft. Unmittelbar dahinter
befindet sich das neue Verwaltungsgebäude der
Region Rhône-Alpes. Der weitere Ausbau von La
Confluence wird sich auf die Rhône-Seite und die
Spitze der Halbinsel konzentrieren.
Die Planungen fanden unter Beteiligung interna-
tional renommierter Architekturbüros statt. 2003
wurdemit den Bauarbeiten begonnen, 2025 sollen
sie abgeschlossen sein. Dannwerden in La Conflu-
ence schätzungsweise 20.000Menschenwohnen
und etwa ebenso viele arbeiten, zumBeispiel beim
Energieversorger GDF Suez, der Banque de France,
demNachrichtensender Euronews oder der katho-
lischen Universität. Erklärtes Ziel ist eine breite
soziale Mischung im neuen Stadtviertel. Bisher
beträgt der Anteil an Sozialwohnungen und geför-
dertenWohnungen für mittlere Einkommensgrup-
pen rund 35%, künftig soll er 50% übersteigen.
Kostengünstige und
energieeffiziente Wohnungen
Eines der Unternehmen, das in La Confluence
Sozialwohnungen baut, ist die gemeinnützige
Wohnungsbaugesellschaft Opac du Rhône. Sie
hat in diesem Jahr eine Wohnanlage mit 66 So-
zialwohnungen fertiggestellt, die vom Pariser
Architekturbüro Emmanuelle Colboc entworfen
wurde. Die Baukosten für die zwei, bis zu neun-
stöckigen Gebäude betrugen rund 10,2 Mio. €.
Neben Wohnungen bietet der Komplex auch drei
Ladenflächen und eine Tiefgarage für 69 Stell-
plätze. 30 der Wohnungenwurden als Eigentums-
wohnungen weit unter demMarktpreis für 2.347
bis 2.659 €/m
2
verkauft. Sie sollenMenschenmit
geringen Einkommen den Zugang zuWohneigen-
tum ermöglichen. Weitere 36 Wohnungen wer-
den zu einemQuadratmeterpreis von 6 bis 6,30 €
vermietet. Alle Wohnungen sind barrierefrei und
verfügen über Balkon, Terrasse oder Loggia.
Die Gebäude entsprechen dem Standard eines
Niedrigenergiehauses mit einem durchschnitt-
lichen Primärverbrauch von unter 50 kWh/m
2
/
Jahr. Sie haben mit 20 cm Steinwolle gedämmte
Fassaden, doppelt verglaste Fenster, Lüftungs-
anlagen und Gassammelheizungen. Mindestens
50% des Bedarfs an heißem Wasser sollen von
Solaranlagen erzeugt werden. Um Regenwasser
zu speichern, sind einige Dächer begrünt. Das in
unterirdischen Tanks gesammelte Regenwasser ist
für die Toilettenspülung und die Gartenbewässe-
rung vorgesehen.
Einziger Wermutstropfen: die Lage. Direkt neben
dem Komplex verlaufen Bahngleise, auf denen
Regional- und Güterzüge verkehren. Auch wenn
die Fenster mit Schallschutz ausgestattet sind,
wird sich der Lärmnicht ganz ausblenden lassen.
Grenzenloses Europa
La Confluence – eine HafenCity in Frankreich
In der französischen Stadt Lyon entsteht ein neuer Stadtteil: La Confluence. Das Projekt ist eines
der größten europäischen Stadtentwicklungsprojekte und bietet Wohnungen, Kultur, Arbeits- und
Freizeitmöglichkeiten – nicht nur für betuchte Interessenten. Mehr als 40% der Wohnungen sind für
Menschen mit geringen und mittleren Einkommen vorgesehen.
Das Wohnungsunternehmen Opac du Rhône baut mo-
derne Wohn- und Geschäftshäuser – auch Sozialwoh-
nungen entstehen.
Gabriele Kunz
freie Journalistin, Hamburg
Foto: Hervé Abbadie
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9|2012