Seite 70 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_08

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BGB § 554 Abs.2 Satz 2
Duldungspflicht bei Umstellung
der vom Mieter eingebauten
Gasetagen- auf Zentralheizung
Der Wohnungsmieter muss die Umstellung der von ihm selbst einge-
bauten Gasetagenheizung als Herstellung eines in Berlin allgemein
üblichen Zustandes auch dann dulden, wenn der Einbau für ihn im
Hinblick auf die zu erwartende Mieterhöhung eine unzumutbare
Härte bedeutet.
LG Berlin, Urteil vom 10. Januar 2012, 63 S 203/11 –
Revision zugelassen.
Bedeutung für die Praxis
Maßgebend für die Beurteilung einer Modernisierung ist grundsätzlich
der vom Vermieter zur Verfügung gestellte Zustand, nicht der vom Mieter
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt und Management
Stadtbau und Stadtentwicklung
DW Grün
BGB §§ 558, 558d
Kernsanierung: Änderung
der Baujahreskategorie?
1. Zur Anwendung des Münchener Mietspiegels
2. Die Durchführung einer Kernsanierung eines zu diesem Zeitpunkt
(2007/2008) noch bewohnten und bewohnbaren Mehrfamilienhau-
ses aus den 1950er Jahren führt bei einem Mieterhöhungsverlangen
nach § 558 ff. BGB nicht zu einer Änderung der Baujahrskategorie
3. Neben der Einstufung in die Baualtersklasse 1949-1966 ist bei
Vorliegen der Voraussetzungen hierfür auch ein Abschlag in Höhe
von 0,85 pro m
2
Wohnfläche für einen freistehenden Wohnblock vor-
zunehmen, der bei einer Einstufung in die Baujahreskategorie 2008
nicht mehr einschlägig gewesen wäre.
LG München I, Urteil vom 18. April 2012, 14 S 16973/11
Bedeutung für die Praxis
Nur wenn ein vor einer Modernisierung zum Wohnen nicht mehr geeig-
netes Haus, vergleichbar einem Rohbau, vollständig saniert und moder-
nisiert oder durch An- oder Umbau neuer Wohnraum geschaffen wurde
(z. B. Dachgeschossausbau), ist dies in die Baualtersklasse einzuordnen, in
der die Baumaßnahme erfolgte. Die vorliegend von der Klageseite darge-
legten Maßnahmen führten nicht zu einer Änderung der Baualtersklasse.
Unstreitig war die Wohnung noch zum Wohnen geeignet und wurde auch
bewohnt. Die vorgenommene Generalsanierung führte nicht zur Änderung
der Baualtersklasse. Die durchgeführten Verbesserungen und Verände-
rungen werden im Rahmen der Mietspiegelberechnung nur durch eine
bessere Beschaffenheit und Ausstattung der Wohnung berücksichtigt. Die
Baujahreskategorisierung des Münchner Mietspiegels soll auch nicht ei-
nen Anreiz für Modernisierungen von Wohnraum schaffen. Es handelt sich
um statistisch erhobene Daten mit indikativer Wirkung für die ortsübliche
Vergleichsmiete.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
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BGB § 560 Abs. 4
Anpassung von
­Betriebskostenvorauszahlungen
Die Anpassung von Vorauszahlungen setzt eine formell und inhaltlich
korrekte Abrechnung voraus.
BGH, Urteil vom 15. Mai 2012, VIII ZR 246/11
Bedeutung für die Praxis
Für die Anpassung der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten genügte
nach der (bisherigen) Rechtsprechung eine formell ordnungsgemäße
Abrechnung; auf die inhaltliche Richtigkeit kam es nicht an. An dieser
Rechtsprechung hält der BGH aus den nachfolgenden Erwägungen nicht
fest: Bleiben inhaltliche Fehler, die das Abrechnungsergebnis zu Lasten
des Mieters verändern, bei der Anpassung unberücksichtigt, hat das zur
Folge, dass ein Vermieter Vorauszahlungen in einer Höhe erheben könnte,
die ihm bei korrekter Abrechnung nicht zustünden. Hinzu kommt, dass der
Vermieter zur Erstellung einer korrekten Abrechnung verpflichtet ist und
es nicht hingenommen werden kann, dass eine Vertragspartei aus der Ver-
letzung eigener Vertragspflichten Vorteile zieht. Besonders gravierende
Konsequenzen für den Mieter könnten sich schließlich ergeben, wenn
sich aus den Erhöhungen der Vorauszahlungen ein kündigungsrelevanter
Mietrückstand aufbaut. In letzter Konsequenz könnte dies bedeuten,
dass der Vermieter das Mietverhältnis wegen Mietrückständen beenden
könnte, zu denen es überhaupt nur kommen konnte, weil er selbst eine
fehlerhafte Abrechnung erstellt hatte, die den Mieter unberechtigt mit zu
hohen Betriebskosten belastete.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
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DW Grün
über die Jahre immer gleiche Ablauf konnte bei dem Mieter in den Jahren
2006 bis 2009 das berechtigte Vertrauen entstehen lassen, die Vermieter
würden auch den Nachforderungsanspruch aus der Abrechnung für das
Jahr 2005, die er in gleicher Weise beanstandet hatte wie die Abrechnun-
gen zuvor, gegen ihn nicht klageweise geltend machen.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
geschaffene. Es stellt ein legitimes Interesse des Vermieters dar, in seine
Wohnung zu investieren und durch diese Investitionen eine höhere Miete
zu erzielen. Dieses Interesse gilt nicht nur für den Fall einer Neuvermie-
tung, sondern ihm kann und muss bereits im laufenden Mietverhältnis
Rechnung getragen werden. Dann kann es aber auf vom Mieter geschaf-
fene Modernisierungen nicht ankommen, weil sich diese auf die vom
Vermieter zu erzielende Miete nicht auswirken. Dies gilt sowohl für § 559
BGB, wonach nur die vom Vermieter aufgewendeten Kosten umgelegt
werden können, als auch für § 558 BGB, da anerkanntermaßen bei der
Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete wohnwerterhöhende Merk-
male, die der Mieter auf eigene Kosten angeschafft hat, außer Betracht
bleiben. Soweit sich der Mieter darauf beruft, dass die geplante Maßnah-
me im Hinblick auf die zu erwartende Mieterhöhung für ihn eine unzumu-
tbare Härte bedeutet, steht dem § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB entgegen. Der
maßgebliche Ausgangszustand kann im Hinblick auf den beabsichtigten
Investitionsanreiz nur derjenige sein, der für die Miethöhe der Wohnung
maßgeblich ist. Dies ist hier der Zustand der Wohnung mit Ofenheizung.
In Berliner Wohnungen ist mittlerweile unabhängig von der Baualtersklas-
se die Ausstattung mit einer Zentralheizung allgemein üblich.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
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