Seite 57 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_08

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wesentliche Betriebsgrundlagen (hier: Dachflä-
chen der Wohngebäude) überlässt. Aufgrund der
Betriebsaufspaltung würde die gewerbliche Tä-
tigkeit der Tochtergesellschaft dem Wohnungs-
unternehmen zugerechnet, was wiederum zum
Ausschluss der erweiterten Gewerbesteuerkür-
zung führt.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs-
und Immobilien­unternehmen e.V. versucht seit
Jahren, eine sachgerechte Lösung für diese Pro-
blematik zu erreichen – sowohl auf Seiten der
Finanzverwaltung als auch durch eine Änderung
des Gewerbesteuergesetzes.
Auffassung der Finanzverwaltung
bzw. Rechtsprechung
Das Bundesministerium der Finanzen hält seit
Jahren an der Auffassung fest, dass es sich beim
Betrieb von Photovoltaikanlagen zur Stromer-
zeugung verbunden mit der Einspeisung in das
öffentliche Versorgungsnetz gegen Einspeisever-
gütung um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.
Lediglich in den Fällen, in denen die Photovol-
taikanlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht
betrieben wird, handelt es sich nicht um eine
gewerbliche Tätigkeit. Eine Investitionsentschei-
dung mit negativer Gewinnerwartung dürfte sei-
tens der Unternehmen aber wohl kaum getroffen
werden.
Zwischenzeitlich hat sich auch die Finanzge-
richtsbarkeit mit dieser Problemstellung be-
schäftigt, die Auffassung der Finanzverwaltung
allerdings bestätigt. Das Finanzgericht Berlin-
Brandenburg hat mit Urteil vom 13.12.2011
(Az.: 6 K 6181/08, vgl. EFG 2012, S. 959 f.)
entschieden, dass die Produktion von Strom
mit Photovoltaikanlagen und die entgeltliche
Einspeisung des erzeugten Stroms in das öf-
fentliche Stromnetz eine gewerbliche Tätigkeit
darstellen, die die erweiterte Gewerbesteu-
erkürzung ausschließen. Die Stromerzeugung
und -einspeisung stellen auch keine Nebenge-
schäfte dar, die dem Begriff der Grundstücks-
verwaltung und -nutzung zuzurechnen sind. In
dem zu entscheidenden Fall war das klagende
Unternehmen Eigentümer eines mit vermieteten
Tiefkühlhäusern bebauten Grundstücks. Auf den
Dächern der Tiefkühlhäuser ließ das klagende
Unternehmen Photovoltaikanlagen installieren.
Der damit erzeugte Strom wurde nicht für den
Betrieb der Tiefkühlhäuser verwendet, sondern
gegen Vergütung in das allgemeine Stromnetz
eingespeist. Nicht zu beurteilen hatte das Ge-
richt allerdings die Frage, wie zu entscheiden
gewesen wäre, wenn das klagende Unternehmen
den durch die Photovoltaikanlagen produzierten
Strom ausschließlich für den Energiebedarf der
Tiefkühlhäuser genutzt hätte.
Vermietungsgenossenschaften
sind ebenfalls betroffen
Eine ähnlich gelagerte steuerliche Benachteili-
gung – wenn auch weniger gravierend – ergibt
sich bei den so genannten steuerbefreiten Ver-
mietungsgenossenschaften. Hier führt die Strom-
erzeugung verbunden mit der Einspeisung in das
allgemeine Stromnetz zwar nicht zumVerlust der
Steuerbefreiung der Genossenschaft insgesamt,
aber die Einspeisevergütung wird als „schädliche
Einnahme” auf die so genannte Zehn-Prozent-
Grenze angerechnet. Wird die Zehn-Prozent-
Grenze bezogen auf die gesamten Einnahmen der
Genossenschaft überschritten, geht die Steuerbe-
freiung ebenfalls insgesamt verloren.
Fazit
Von Seiten der Finanzverwaltung – bestätigt durch
Rechtsprechung – wird der Betrieb von Photovol-
taikanlagen zur Energieerzeugung als gewerbliche
Tätigkeit und die hieraus resultierende Vergütung
für die Einspeisung des so erzeugten Stroms in
das allgemeine Stromnetz dementsprechend als
gewerbliche Einnahme qualifiziert. Damit verlie-
ren Wohnungsunternehmen, die auch nur eine
Photovoltaikanlage betreiben, die Möglichkeit
der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für das
Unternehmen insgesamt. Gleiches gilt imÜbrigen
beim Betrieb von Blockheizkraftwerken und ähn-
lichen Anlagen zur Energieerzeugung.
Damit sich dieWohnungsunternehmen an der Ener-
giewende beteiligen können, ohne gravierende
gewerbesteuerliche Nachteile zu riskieren, muss
der Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung,
wie Photovoltaik- und Windkraftanlagen oder
Blockheizkraftwerke, in den Katalog der gesetz-
lich zugelassenenNebentätigkeiten aufgenommen
werden. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit wären
damit zwar gewerbesteuerpflichtig, die Einkünfte
aus der eigentlichen Vermietungstätigkeit blieben
allerdings auch weiterhin gewerbesteuerfrei. An-
sonsten müssten die Wohnungsunternehmen auf
die Nutzung erneuerbarer Energien zur Energieer-
zeugung verzichten, was nicht in unser aller Sinne
sein kann. Damit die Energiewende gelingen kann,
ist der Gesetzgeber gefordert, das Gewerbesteuer-
gesetz dementsprechend anzupassen.
Um die bei Vermietungsgenossenschaften be-
stehende Problematik zu entschärfen, sollte der
Betrieb von Anlagen zur Energieerzeugung – durch
eine entsprechende Anpassung des Körperschaft-
steuergesetzes – in den Katalog der steuerlich be-
günstigten Tätigkeiten aufgenommen werden.
Quelle: GdW, eigene Darstellung
Tätigkeit
Bewertung
Steuerliche Folge
Verwaltung und Nutzung
eigenen Grundbesitzes
Zwingende Tätigkeit als Vermö-
gensverwaltung
= Begünstigte
Tätigkeit
Gewerbesteuerfreiheit
Gesetzlich zugelassene
­Nebentätigkeiten
Unschädlich für die ­erweiterte
Kürzung
Gewerbesteuerpflicht
Aber:
Keine Infizierung des ge-
werbesteuerfreien Bereichs
(Verwaltung und Nutzung
eigenen Grundbesitzes)
Verwaltung und Nutzung
­eigenen Kapitalvermögens
als Vermögensverwaltung
Betreuung von
­Wohnungsbauten
als gewerbliche Tätigkeit
Errichten und Veräußern von
Einfamilienhäusern, Zweifami­
lienhäusern und Eigentums-
wohnungen
als gewerbliche Tätigkeit
Alle anderen Tätigkeiten
Schädlich für die erweiterte
Kürzung
(Grundsatz der Ausschließlichkeit
der Verwaltung und Nutzung
eigenen Grundbesitzes)
Völliger Ausschluss der
erweiterten Kürzung
Gewerbesteuerpflicht auch
für die Verwaltung und Nut-
zung eigenen Grundbesitzes
Tab.: Übersicht zur Einordnung einzelner Tätigkeiten im Hinblick auf die erweiterte Gewerbesteuerkürzung
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