Stendal, den Ansatz eines fast flächendecken-
den Abrisses eines Plattenbaugebiets vorstell-
te, wies Arne Myckert, Geschäftsführer der
WBG Wohnungsbaugesellschaft Görlitz, auf die
praktischen Schwierigkeiten bei der kleinteiligen
Umsetzung hin. So finde sein Unternehmen nur
schwer Mieter für aufwändig sanierte Gründer-
zeitwohnungen, weil die Nachbargebäude von
ihren Eigentümern noch immer nicht angefasst
worden seien. Besonders problematisch seien die
Eckgebäude, die zwar städtebaulich wichtig, für
das Wohnen aber unattraktiv seien. „Für diese
Eckgebäude müssen Lösungen gefunden wer-
den“, betonte Myckert.
Gerd Reinhardt, Bürgermeister der thüringischen
Stadt Leinefelde-Worbis, konnte sich mit Blick
auf das mehrfach mit Preisen ausgezeichnete
Stadtumbaukonzept seiner Kommune rühmen,
bereits in den neunziger Jahren, also vor dem
Start des Programms Stadtumbau Ost, den Hand-
lungsbedarf erkannt zu haben. Im Übrigen, be-
tonte Reinhardt, müsse Stadtumbau Chefsache
– also beim politisch Verantwortlichen angesie-
delt – sein.
Innovative Ansätze
Dass Stadtumbau jedoch auch durch Initiativen
von unten vorangetrieben werden kann, zeigten
zwei Beispiele aus Meiningen und Halle (Saale).
Rolf Baumann berichtete als Vorsitzender der In-
teressengemeinschaft Töpfemarkt, wie es einer
Eigentümerstandortgemeinschaft in Meiningen
gelungen ist, Investoren für ein lange vernachläs-
sigtes innerstädtisches Gebiet zu gewinnen. Und in
Halle schaffte es der Verein Postkult laut seinem
Vertreter Andreas Howiller, durch pfiffige Zwi-
schennutzungen im Gründerzeitviertel Glaucha
die Sanierungstätigkeit zu beleben.
Es sei wichtig, „dass wir dieMenschenmit an Bord
nehmen“, betonte auch Rainer Bomba, Staats-
sekretär im Bundesbauministerium. Er lobte das
Programm Stadtumbau Ost als „wichtigste städ-
tebauliche Antwort auf den demografischen und
wirtschaftlichen Strukturwandel“. Dabei stellte
er in Aussicht, dass das Programm 2013 „wohl
dieselbe Größenordnung“ wie 2012 (82,1Mio. €)
haben werde. Für die Zukunft sei es wichtig, die
privaten Eigentümer „besser in die Stadtentwick-
lung einzubinden“.
Dass das bisher Erreichte hauptsächlich auf das
Konto der Wohnungsbaugesellschaften und -ge-
nossenschaften geht, unterstrich der Thüringer
Bauminister Christian Carius: „Der Erfolg des
Stadtumbaus ist vor allem der Wohnungswirt-
schaft geschuldet.“ Auch Carius wertete das
ProgrammStadtumbau Ost als Erfolg: „Wir haben
damit eine Abwärtsspirale umgedreht und unsere
Gemeinden attraktiver gemacht.“
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Verlässliche finanzielle Ausstattung
gefordert
„Nach zehn Jahren stehen wir erst am Anfang eines langen Prozesses des Stadtumbaus“,
sagt Dr. Heike Liebmann vom Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung
(IRS). Beim IRS ist seit 2004 zur Begleitung und Betreuung des Bund-Länder-Programms die
Bundestransferstelle Stadtumbau Ost angesiedelt, die Informationen bündelt, den Wissens-
transfer unterstützt und am Stadtumbauprozess aktiviert und vernetzt. Dr. Liebmann weist
darauf hin, dass viele Regionen in den neuen Bundesländern in den nächsten 15 Jahren noch
einmal 15 bis 20 Prozent ihrer Einwohner verlieren werden. Dabei erhöhen sich die Leer-
standszahlen bereits jetzt wieder, da in den letzten Jahren die Rückbauaktivitäten deutlich
zurückgegangen sind. Deshalb, so die Folgerung der Expertin, müssen bis 2025 noch einmal
rund 250.000 Wohnungen abgebrochen werden, um einen deutlichen Anstieg des Leerstands
zu verhindern.
Allerdings lägen große Herausforderungen vor den Kommunen, ergänzt Ulrike Hagemeister
von der Bundestransferstelle. „Die Probleme der nächsten Jahre werden erheblich komplexer
als bisher“, gibt sie zu bedenken. „Der Leerstand ist jetzt deutlich disperser verteilt als in den
1990er Jahren, so dass die Umsetzung des weiter notwendigen Rückbaus erschwert ist.“
Die größte Herausforderung, so Dr. Liebmann, liege dabei in den Innenstadtquartieren, in de-
nen die Aufwertung bisher noch nicht weit fortgeschritten sei. Angesichts des beträchtlichen
Sanierungsaufwands und des geringen Mietniveaus gebe es hier einen hohen Förderbedarf,
um den Investoren zumindest eine Mindestrentabilität zu sichern. Grundsätzlich, betont sie,
bedinge eine erfolgreiche Fortsetzung des Stadtumbaus „eine verlässliche und auskömmliche
finanzielle Ausstattung des Stadtumbauprogramms“.
Der 5. Statusbericht der Bundestransferstelle Stadtumbau Ost („10 Jahre Stadt-
umbau Ost – Berichte aus der Praxis“) kann kostenlos heruntergeladen werden
unter:
BUNDESTrANSfErSTELLE STADTUMBAU OST
für Dr. Heike Liebmann von der
Bundestransferstelle Stadtum-
bau Ost ist der Stadtumbau Ost
noch lange nicht beendet.
Quelle: IRS
11
8|2012