Seite 88 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_11

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Abs. 2 Nr.1 BGB standhalten, müssen diese so abgefasst sein, dass der
Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie und einer unverbindlichen
Orientierungshilfe hat, sodass im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand
der Mieträume auch nach oben abgewichen werden kann. Dieses muss
für den durchschnittlichen, verständigen Mieter erkennbar sein. Für das
Vorliegen eines in dem vorstehend genannten Sinne flexiblen Fristen-
plans spricht, wenn die Klausel eine Einschränkung enthält, wonach
die vorgesehenen Fristen lediglich für den Regelfall oder für einen „im
Allgemeinen” entstehenden Renovierungsbedarf gelten sollen. Bereits
in der Vergangenheit hatte sich der BGH in diesem Zusammenhang auch
schon mit der formularvertraglichen Verwendung des Begriffs „regel-
mäßig” bei Fristen für Schönheitsreparaturen befasst und diese Klausel
für wirksam erachtet. Zur Begründung hatte er seinerzeit ausgeführt, sie
beinhalte keinen starren Fristenplan für die Renovierung,
sondern verpflichte den Mieter lediglich, Schönheitsre-
paraturen „regelmäßig” innerhalb der genannten Fristen
auszuführen.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 536, 543
Mietminderung für ein Geschäfts-
lokal wegen Beeinträchtigungen
durch U-Bahn-Bauarbeiten
Die Zugangsbehinderung zu einem Ladenlokal infolge einer Groß-
baustelle stellt bei einem gewerblich genutzten Objekt keinen Man-
gel dar, selbst wenn die Gehwegbreite vor dem Ladenlokal vermin-
dert ist und sich die Bauarbeiten auf die Qualität des Aufenthalts im
Bereich des Ladenlokals auswirken.
LG Düsseldorf, Urteil vom 13.3.2012, 9 O 193/11
Bedeutung für die Praxis
Die Rechtsprechung ist in der Beurteilung der Frage, inwieweit eine
durch einen U-Bahn-Bau hervorgerufene Zugangsbehinderung bei einem
gewerblich genutzten Objekt einen Mangel darstellt, uneinheitlich.
Nach Auffassung des Kammergerichts stellt eine Zugangsbehinderung
grundsätzlich einen Mangel dar, auch wenn sie durch nicht vom Vermieter
beeinflussbare Bauarbeiten hervorgerufen wird. Allerdings lag jenem Fall
eine Mietminderung bei völliger Versperrung des Zugangs zum Ladenlokal
zugrunde. Anders lag die Bewertung des Oberlandesgerichts Düsseldorf
im Urteil vom 18. November 1997: Hier wird erwogen, dass ein Mangel
deshalb zu verneinen sein könnte, weil dem Mieter bekannt ist, dass der
Vermieter gegen Umbaumaßnahmen nichts unternehmen kann und daher
kaum für eine ungehinderte Zugänglichkeit des Ladenlokals einstehen
will. Anders kann es nach Auffassung des erkennenden Landgerichts
allerdings liegen – jedoch ist das im Streitfall nicht gegeben -, wenn die
Mietsache durch Versperrung des Zugangs unbrauchbar werde. Ein sol-
cher Fall könne der Risikosphäre des Vermieters zuzuord-
nen sein. Die Betretbarkeit eines Ladenlokals hafte diesem
anders als Vorgänge im Umfeld der Lokalität als physische
Eigenschaft an.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 543 Abs. 2 Nr. 3, 560 Abs. 4,
569 Abs. 3 Nr. 3
Kündigung; Verzug mit erhöhten
Betriebskostenvorauszahlungen
Kommt der Mieter mit der Zahlung von erhöhten Betriebskosten-
vorauszahlungen in Verzug, scheitert eine (auch) darauf gestützte
fristlose Kündigung nicht daran, dass der Vermieter den Mieter nicht
vor Ausspruch der Kündigung auf Zahlung der erhöhten Betriebskos-
ten verklagt hat.
BGH, Urteil vom 18.7.2012, VIII ZR 1/11
Bedeutung für die Praxis
Der streitbefangenen fristlosen Kündigung stand § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB
nicht entgegen: Ist ein Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöh-
ten Miete nach den §§ 558 bis 560 BGB verurteilt worden, so kann
der Vermieter nach § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB das Mietverhältnis wegen
Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach
rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen
der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher ge-
schuldeten Miete erfüllt sind. Der Regelungsgehalt des § 569 Abs. 3 Nr. 3
BGB ist umstritten: Nach einer Ansicht besagt die Vorschrift, dass der Ver-
mieter wegen der erhöhungsbedingten Rückstände erst kündigen kann,
wenn der Mieter rechtskräftig zur Zahlung der erhöhten Betriebskosten
oder -vorauszahlungen verurteilt ist. Eine andere Ansicht orientiert sich
streng am Wortlaut der Vorschrift und sieht die rechtskräftige Verurtei-
lung des Mieters nur als Voraussetzung für die Sperrfrist an und nicht als
Voraussetzung für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs. § 569 Abs. 3
Nr. 3 BGB besagt nach dieser Meinung lediglich, dass dem Mieter, gegen
den der Vermieter wegen nicht entrichteter Erhöhungsbeträge nach
§§ 559 und 560 BGB Klage erhoben hat, nach rechtskräftiger Verurteilung
eine Kündigungssperrfrist von zwei Monaten zusteht. Die Vorschrift sei
bei Kündigungen ohne vorangegangene Zahlungsklage daher gar nicht
einschlägig. Der BGH schließt sich der letztgenannten Auffassung an,
für welche nach seiner Meinung auch die Entstehungsgeschichte der
Vorschrift spreche. Im Übrigen sei der Mieter dadurch geschützt, dass
im Rahmen des Kündigungsprozesses geprüft werden
müsse, ob der Vermieter gemäß § 560 Abs. 4 BGB bei den
Vorauszahlungen eine Anpassung auf die verlangte Höhe
vornehmen durfte.
Rechtsanwalt Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 307, 535 Abs. 1 Satz 2
Schönheitsreparaturen und
flexibler Fristenplan
Ein (wirksamer) flexibler Fristenplan liegt vor bei Verwendung
von Formulierungen wie „für den Regelfall”, „im Allgemeinen” und
„regelmäßig nach Ablauf”.
BGH, Beschluss vom 20.3.2012, VIII ZR 192/11
Bedeutung für die Praxis
Damit vorformulierte Fristenpläne für die Ausführung von Schönheits-
reparaturen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs.1 Satz 1,
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RECHT