Seite 70 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_2012_11

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„Mit dem USP ist es wie mit dem Phoenix von
Arabien: Alle reden von ihm, aber keiner hat ihn
jemals gesehen“ – diese leicht abgewandelte
Feststellung aus der Mozart-Oper „Cosi fan tutte“
trifft auf viele angebliche Alleinstellungsmerk-
male zu. Allzu oft werden deshalb Nichtigkeiten
zu artkonstituierenden Merkmalen hochstilisiert:
die noch aktuellere Zeitschrift, der noch weiche-
re Stuhl, das noch schnellere Auto. Der mittler-
weile allgegenwärtige Trend zur Emotionalisie-
rung von Produkten und Angeboten hat eben hier
seine Wurzeln. Wird mit einem Produkt erstmal
Entspannung, Spaß oder Genuss assoziiert, wird
kaum noch nach objektiven Unterschieden zum
Konkurrenzangebot gefragt.
Genossenschaften sind anders
Längst nicht nur im „Internationalen Jahr der Ge-
nossenschaften“ wird klar: Hinsichtlich des USP
sind gerade auch Wohnungsgenossenschaften in
einer beneidenswerten Lage. Sie haben nicht nur
gleich mehrere, sondern dazu auch noch stark
gesicherte Alleinstellungsmerkmale. Sicherheit,
Gemeinschaft, Nachhaltigkeit – diese und andere
USP sind bei Wohnungsgenossenschaften sowohl
gesetzlich verankert als auch Teil eines starken
Selbstverständnisses. Darüber hinaus werden sie
seit rund 150 Jahren gelebt und zudem auch von
einer Vielzahl von Einrichtungen, Instituten und
Lehrstühlen wieder und wieder bestätigt. Stärker
als jeder Patentschutz schafft das die Grundlage
für die glaubwürdige Kommunikation: Genossen-
schaften sind anders – Genossenschaften bauen
eine bessere Welt.
Hohe Bekanntheitswerte, vor allem aber auch
hohe Zustimmungswerte sowie unterdurch-
schnittliche Leerstands- und Fluktuationsquoten
machen deutlich: Gerade auch im letzten Jahr-
zehnt haben es sowohl die Wohnungsgenossen-
schaften insgesamt als auch einzelne Unterneh-
men verstanden, sich mit diesen wertvollen USP
erfolgreich amWohnungsmarkt zu positionieren.
Beinahe erst auf den zweiten Blick fällt dabei auf,
dass Wohnungsgenossenschaften sich bei ihrer
USP-Kommunikation einer bemerkenswerten
Vielfalt von Instrumenten bedienen.
Besondere USP, besondere Kommunikation?
Eher klassisch für die interne und externe Kommu-
nikation sind Formate wieMitgliederzeitschriften
und -feste, Pressemitteilungen und Internetsei-
ten. Viele Genossenschaften zeigen aber auch
dabei ein hohes Maß an Kreativität: Da werden
Fledermäuse zu Modernisierungsbotschaftern,
Unternehmensnamen und -erscheinungsbilder
grundlegend geändert, Baudenkmale mit allem
Nachdruck zumHerz eigener Marketingstrategien
oder genossenschaftliche Car-Sharing-Gemein-
schaften für den Transport der Kinder in die Kita
initiiert.
Darüber hinaus nutzenWohnungsgenossenschaf-
ten aber auch eine Fülle besonderer Instrumente,
die sich bei den meisten anderen Unternehmens-
formen so nicht findet: Die Durchführung von un-
ternehmensübergreifenden Großereignissen wie
beispielsweise Genossenschaftstagen, die imOk-
tober 2012 aus Anlass des „Internationalen Jahrs“
durchgeführte Illuminierung des Brandenburger
Tors in Berlin, die Unterhaltung unternehmens-
übergreifender Forschungseinrichtungen und Ar-
chive; die Bildung vonMarketingverbünden, oder
die Unterstützung gemeinsamer Spendenprojekte
wie der „Urbanización BBU“ (siehe Kasten). Hier
steht nicht nur das einzelne Unternehmen imMit-
telpunkt, sondern immer auch die Stärkung der
Genossenschaftsidee insgesamt.
Außer der Fülle an Instrumenten kennzeichnet
noch eine weitere Besonderheit genossenschaft-
liche Kommunikation: Dass es neben externer und
interner auch noch eine sehr ausgeprägte „Intra-
kommunikation“ gibt, also eine Kommunikation
zur Stärkung der Gemeinschaft. Hierzu gehört die
weite Palette an Freizeitangeboten für Genossen-
schaftsmitglieder ebenso wie für sie vorteilhafte
Kooperationen mit externen Partnern oder die
Durchführung nachbarschaftlicher Wettbewerbe.
Tatsächlich sindWohnungsgenossenschaftenmit
diesen Kommunikationsinstrumenten so erfolg-
Internationales Jahr der Genossenschaften 2012
Starker USP, starke Kommunikation – starke Unternehmen
Oft gesucht, aber längst nicht immer gefunden: Die „Unique Selling Proposition“ (USP), das Alleinstellungs-
merkmal, hat Seltenheitswert. Dabei ist sie als Stein der Weisen der Kommunikation eine unschätzbare Hilfe
bei der erfolgreichen Positionierung eines Produkts, eines Angebots oder eines Unternehmens. Glücklich
daher, wer seinen USP kennt – oder sogar gleich mehrere zur Auswahl hat. Teil 10 unserer Serie zum Internati-
onalen Jahr der Genossenschaften wirft einen Blick auf die Kommunikation von Genossenschaften.
Dr. David Eberhart
Pressesprecher Verband Berlin-
Brandenburgischer Wohnungs-
unternehmen e. V. (BBU)
Berlin
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11|2012
MARKT UND MANAGEMENT