Seite 40 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_11_2011

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Bilanz- und Steuerwissen
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Altersteilzeit- und Pensionsverpflichtungen
nach BilMoG
Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) hat sich beim Ansatz und bei der Bewertung von Altersversorgungs-
verpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen ein Wandel vollzogen. So wurde der nach altem
Recht maßgebende Rückzahlungsbetrag durch den Erfüllungsbetrag ersetzt, welcher unter Berücksichtigung zukünftiger
Preis- und Kostensteigerungen zu ermitteln und über die jeweilige Restlaufzeit der Verpflichtung abzuzinsen ist. Der folgende
Artikel zeigt zusammenfassend die wesentlichen Änderungen auf und stellt die buchhalterische und bilanzielle Umsetzung
dar.
Das Handelsgesetzbuch (HGB) regelt in
seinen Normen die Bilanzierung von Alters-
versorgungsverpflichtungen sowie von
vergleichbaren langfristig fälligen Verpflich-
tungen. Dabei handelt es sich um vom Bilan-
zierenden in der Zukunft zu gewährende
Leistungen, die einem Arbeitnehmer oder
Organmitglied aufgrund seiner Tätigkeit für
das Unternehmen zugesagt wurden. Hierzu
zählen beispielsweise Alters-, Invaliditäts-
oder Hinterbliebenenversorgungen. Die
damit vergleichbaren langfristig fälligen
Verpflichtungen sind neben Altersteilzeit-
verpflichtungen und Verpflichtungen aus
Lebensarbeitszeitkonten auch zugesagte
Leistungen bei Dienstjubiläen, Beihilfen,
Vorruhestandsgelder, Übergangsgelder
sowie Sterbegelder.
Ansatz von Altersversorgungs­
verpflichtungen
Da es sich bei laufenden Pensionen und
Anwartschaften auf Altersversorgungsleis-
tungen sowie vergleichbaren langfristig
fälligen Verpflichtungen um ungewisse
Verbindlichkeiten handelt, besteht hierfür
grundsätzlich eine Rückstellungspflicht
(§ 249 Abs. 1 S. 1 HGB). Eine hierfür gebil-
dete Rückstellung darf unabhängig davon,
ob sie aufgrund einer Passivierungspflicht
oder eines Passivierungswahlrechts (für Ver-
pflichtungen aufgrund von Zusagen vor dem
1. Januar 1987) gebildet worden ist, nur
aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür
entfallen ist (§ 249 Abs. 2 S. 2 HGB).
Ist das Wohnungsunternehmen aus einer
unmittelbaren Zusage (Direktzusage) recht-
lich verpflichtet oder besteht ein sonstiger
faktischer Leistungszwang, hat es eine
Rückstellung zu passivieren. Vor Eintritt
des Versorgungsfalls spricht man von einer
„Anwartschaft“. Diese ist eine aufschiebend
bedingte Schuld, da mit dem Eintritt der
Bedingung zu rechnen ist. Die Möglichkeit,
dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird
oderdasUnternehmendieZusagewiderrufen
kann, entbindet nicht von der Verpflichtung
zur Bildung der Pensionsrückstellung. In der
Praxis trifft man neben direkten Verpflich-
tungszusagen durch den Bilanzierenden
gegenüber seinen Arbeitnehmern (unmittel-
bare Altersversorgungszusagen) häufig auf
mittelbare Altersversorgungszusagen, bei
denen nicht der Bilanzierende selbst die Ver-
pflichtung gegenüber den Versorgungsbe-
rechtigten erbringt, sondern indirekt unter
Einschaltung von Versorgungseinrichtungen
(externe Versorgungsträger). Als externe
Versorgungsträger gelten beispielsweise
Unterstützungskassen, Pensionskassen,
Pensionsfonds oder Direktversicherungen.
Die Abbildung der Zahlungsverpflichtung
erfolgt hierbei nicht über die Bildung einer
Rückstellung; es sind lediglich die unter-
jährigen Zahlungen an die Versorgungs-
einrichtungen als Personalaufwand zu
erfassen. Ein Wechsel der Durchführungs-
methode von einer unmittelbaren in eine
mittelbare Zusage ist grundsätzlich jederzeit
durchführbar und stellt unter bestimmten
Voraussetzungen eine sachgerechte bilanz-
politische Maßnahme dar.
Bewertung von Altersversorgungs­
verpflichtungen
Unabhängig von der Art der Altersversor-
gungsverpflichtungen sowie für vergleich-
bare langfristige Verpflichtungen gelten
die gleichen Bewertungsvorgaben. Gemäß
§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen in
Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer
Beurteilung erforderlichen Erfüllungsbetrags
zu bewerten. Auf die vorliegende Thematik
bezogen bedeutet das, dass zukünftige
Lohn-, Gehalts- und Rententrends bis zum
Zeitpunkt der Erfüllung zu berücksichtigen
sind. Hierbei hat sich der Bilanzierende an
Erfahrungswerten aus der Vergangenheit
zu orientieren, muss aber zudem sämtliche
Trendannahmen einfließen lassen, die vor-
aussichtlich Einfluss auf die tatsächliche
Gehaltsentwicklung ausüben werden (bei-
spielsweise der Karrieretrend).
Neben der sachgerechten Bestimmung der
Zukunftstrends stellt die nach § 253 Abs. 2
S. 1 HGB geforderte Diskontierung von
Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von
mehr als einem Jahr mit dem laufzeitad-
äquaten durchschnittlichen Marktzinssatz
der vergangenen sieben Geschäftsjahre
eine entscheidende Schwierigkeit bei der
Bewertung dar. Aus Vereinfachungsgründen
erlaubt es § 253 Abs. 2 S. 2 HGB, bei Alters-
versorgungsverpflichtungen oder vergleich-
baren langfristig fälligen Verpflichtungen
von einer pauschalen Restlaufzeit von 15
Jahren auszugehen. Der Diskontierungs-
zinssatz wird monatlich durch die Deutsche
Bundesbank nach den Vorgaben der Rück-
stellungsabzinsungsverordnung (RückAb-
zinsV) ermittelt und bekannt gegeben (zum
Download der Abzinsungssätze geben Sie
bitte die
Linknummer 111103
in das dafür
vorgesehene Feld auf unserer Internetseite
www.diewohnungswirtschaft.de ein).
Anforderungen an die
­Berechnungsverfahren
Zulässige Bewertungsverfahren stellen das
Anwartschaftsbarwertverfahren und das
versicherungsmathematische Teilwertver-
fahren dar. Bei vertraglichen Besonderheiten
der Zusage, die die gleichmäßige Vertei-
lung des Altersversorgungsaufwands über
Die Wohnungswirtschaft
11/2011
Management
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Bilanz- und Steuerwesen