Wohnumfeldgestaltung
Mitwirkung als
entscheidendes Erfolgskriterium
Wenn Wohnungsunternehmen in die Qualität ihrer Bestände investieren, müssen sie auch das Wohnumfeld einbeziehen. Das
war die zentrale These auf der Tagung „Freiräume im Quartier“, die der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) am
Rand der Verleihung des Deutschen Landschaftsarchitektur-Preises 2011 in Berlin durchführte. Deutlich wurde dabei, dass
eine Freiraumgestaltung ohne Einbezug der Anwohner nicht erfolgreich ist.
„Wir wollen nicht nur die Highlights der
Landschaftsarchitektur anschauen, sondern
auch diejenigen Maßnahmen, die das
Wohnumfeld prägen“, sagte bdla-Präsi-
dentin Andrea Gebhard zum Auftakt der
Tagung, die in Kooperation mit dem GdW
Bundesverband deutscher Wohnungs- und
Immobilienunternehmen sowie dem Deut-
schen Mieterbund stattfand. Um diese
Orientierung auf das Wohnumfeld zu
unterstreichen, hatte der bdla bei seinem
diesjährigen Landschaftsarchitektur-Wett-
bewerb einen Sonderpreis Wohnumfeld
ausgelobt (siehe DW 12/2010, S. 30 und
DW 5/2011, S. 31).
Wohnumfeld stiftet Identifikation
Das Wohnumfeld hänge eng mit dem
Thema Nachbarschaft zusammen, sagte
auf der Tagung Dr. Bernd Hunger, Refe-
rent für Wohnungs- und Städtebau beim
GdW. Nachbarschaft sei auf der einen
Seite von wachsenden Auseinanderset-
zungen geprägt; als beispielhafte Konflikt-
felder nannte Dr. Hunger „Familie versus
Ältere“ und „Spielplatz versus Ziergarten“.
Auf der anderen Seite müsse die Nachbar-
schaft zunehmend den Verlust familialer
Netzwerke kompensieren. Vor diesem Hin-
tergrund kommt dem Wohnumfeld laut
Dr. Hunger eine Reihe von Aufgaben zu: Es
soll Identifikation stiften, ein Sicherheitsge-
fühl vermitteln, den Kontakt zwischen den
Generationen fördern sowie Aufenthalts-
und Betätigungsmöglichkeiten schaffen.
Nicht zuletzt sei der Außenraum auch für
das Image einer Siedlung entscheidend.
Dass sich auch private Bauträger mit diesen
Themen auseinandersetzen, unterstrich
Prof. Dr. Matthias Ottmann, Geschäftsführer
der Ottmann GmbH & Co. Südhausbau KG
in München. Die Südhausbau wurde beim
Landschaftsarchitektur-Preis mit einer Wür-
digung für ihr Projekt Urbanstraße 11 in
München ausgezeichnet (Entwurfsverfasser:
el:ch landschaftsarchitekten, München).
Eine große Bedeutung kommt dem Außen-
raum jedoch auch beim Park Spreti zu, den
die Südhausbau in der östlich von Berlin
gelegenenGemeindeNeuenhagen realisiert.
In einem „wunderbaren Waldbestand“, so
Prof. Ottmann, entstehen Einfamilienhäuser
auf großzügigen Grundstücken. Insgesamt
ist nur etwa die Hälfte des Gesamtareals
als Bauland ausgewiesen. Da von diesen
Baulandflächen wiederum nur 20 Prozent
mit Häusern bebaut werden, wird der Park
Spreti nach Abschluss der Baumaßnahmen
zu 90 Prozent aus privaten Garten- und
öffentlichen Grünflächen bestehen.
Kriterien für den Erfolg
Unternehmen, die günstige Mietwoh-
nungen für breite Schichten der Bevöl-
kerung anbieten, werden eine solche
Großzügigkeit in der Regel nicht erreichen
können. Dr. Hunger machte jedoch mit
Blick auf Großsiedlungen deutlich, dass die
Gestaltung des Außenraums seit langem
eine wesentliche Aufgabe der Wohnungs-
wirtschaft darstellt. Dies beweisen in beson-
derem Maße die Siedlungen der Moderne,
die in bewusster Abgrenzung von der
dichten Gründerzeitbebauung entstanden
und sich durch hohe Freiraumqualitäten
auszeichnen. Für die Wohnungswirtschaft,
erklärte er, gehöre auch der Hauseingangs-
bereich zum Wohnumfeld. Er plädierte
deshalb für eine enge Verzahnung zwischen
dem Wohngebäude und seiner Umgebung.
In hervorragender Weise gelang dies laut
Dr. Hunger beispielsweise im brandenbur-
gischen Lübbenau, wo die WIS Wohnungs-
baugesellschaft im Spreewald nicht nur ein
Wohnhochhaus seniorengerecht sanierte,
sondern auch dessen Wohnumfeld barrie-
refrei gestaltete.
Als Kriterium für eine erfolgreiche Wohnum-
feldgestaltung nannte der GdW-Experte an
erster Stelle „eine Partnerschaft zwischen
Landschaftsplaner und Bauherr auf Augen-
höhe“. Außerdem sei es wichtig, mit der
Kommune zu kooperieren. Nicht vernachläs-
sigt werden dürfe ferner der wirtschaftliche
Aspekt – der Pflegeaufwand müsse gering
sein. Und schließlich gelte es, die Bewohner
mit einzubeziehen.
Mitwirkung der Bewohner
Dass gerade dieser Punkt für die Planer
eine Herausforderung darstellt, verdeut-
lichte er am Beispiel der Lenzsiedlung in
Hamburg. Für deren Wohnumfeldverbes-
serung wurden die SAGA GWG als Bau-
herrin und das Büro Outside! Garten- und
Landschaftsarchitektur als Entwurfsver-
fasser im Rahmen des bdla-Landschafts-
architektur-Preises mit einer Würdigung
ausgezeichnet. Im Fall der in den 1970er
Jahren errichteten Lenzsiedlung bestand
die Aufgabe darin, Bewohner für den Pla-
nungsprozess zu begeistern, die zu einem
hohen Anteil einen Migrationshinter-
grund haben. Dabei könne es durchaus zu
Spannungen zwischen den Wünschen der
Handbuch zur Partizipation
Bei Planungsmaßnahmen im Außen-
bereich kommt dem Einbezug der
betroffenen Mieter eine entscheidende
Bedeutung zu. Einen Leitfaden für
die Begleitung und Durchführung
von Beteiligungsverfahren bietet das
von der L.I.S.T. GmbH erstellte und
von der Berliner Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung herausgegebene
„Handbuch zur Partizipation“. Es geht
unter anderem auch auf das Charrette-
Verfahren im Schorfheideviertel ein.
Um das Handbuch kostenfrei herun-
terzuladen, geben Sie bitte die
Linknummer 111001
in das dafür vorge-
sehene Feld auf unserer Internetseite
www.diewohnungswirtschaft.de ein.
Die Wohnungswirtschaft
11/2011
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Städtebau
Grün- und Freiflächen