Seite 82 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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gegeben, an deren Stelle werden andere
Gründe für den Ausschluss eines Engagements
angeführt:
·
Die Entwicklung der Gesamtbevölkerung,
insbesondere die der kaufrelevanten Men-
schen, gestaltet sich in Deutschland unter-
schiedlich. Während einige
Metropolen
stei-
gende Einwohnerzahlen vermelden, nimmt
die Bevölkerung im
ländlichen Raum
ab.
Insbesondere in einigen
ostdeutschen Ge-
bieten
lassen sich dramatische Entwick-
lungen feststellen. Damit verbunden ist oft
ein noch stärkerer Rückgang der Kaufkraft.
·
Auch in einem Land mit hervorragender
Infrastruktur wie Deutschland kann die
schlechte Erreichbarkeit ein Ausschlusskri-
terium für ein Engagement darstellen. Ist
eine dauerhafte, kurzfristige Erreichbarkeit
gefordert, kann diese oft nur durch ein
eng-
maschiges Netz von Niederlassungen
gewährleistet werden. Sind die
Ent fer-
nungen zu weit
, wird der Mehraufwand von
den Kunden nicht honoriert, das Engage-
ment unwirtschaftlich.
·
Entsprechende
Regionen
sind
für Mitar-
beiter
oft
unattraktiv
. Es ist kaum möglich,
umzugswillige Arbeitnehmer zu finden. Las-
sen sich dennoch Umzugswillige finden,
handelt es sich oft um unerfahrene Berufs-
anfänger, welche auf sich alleine gestellt
nicht in der Lage sind, allen Anforderungen
zu genügen.
Die erste
Aufgabe für das Controlling
wird
darin bestehen, festzustellen, ob die aufge-
führten Verhältnisse für das eigene Unterneh-
men bestehen und die Unternehmensleitung
auf Grundlage erster Ergebnisse eine inten-
sivere Analyse der Chancen und Risken des
Markteintritts befürwortet. In einem weiteren
Schritt kann durchaus erwogen werden, ent-
sprechende Verhältnisse gezielt zu erzeugen.
Dies erfolgt bspw. dann,
wenn ein bisher
ausschließlich produzierendes Unterneh-
men nunmehr an Endkunden anbietet und
zusätzliche Leistungen wie Installation
oder Service- und Wartungsleistungen of-
feriert.
Da in diesem Bereich der Konkurrenz-
druck oft niedriger und die zu erzielenden Ge-
winne höher sind, streben viele Unternehmen in
diese Bereiche. Um nicht unnötige Konflikte mit
den bisherigen Partnern zu schüren und erste
Erfahrungen zu sammeln, kann ein Einstieg
über unbedeutende Märkte die richtige Strate-
gie darstellen. Spätestens mit Abschluss der
ersten Überlegungen wird das grundsätzliche
Konzept vorgestellt und die Unternehmens-
leitung informiert. Diese entscheidet über die
weitere Vorgehensweise.
Gründe für ein Engagement
Leistungen
in Märkten, welche diese Voraus-
setzungen mitbringen, sind
nicht zu gleichen
Kosten
wie in den Hauptmärkten
zu erbrin-
gen
. Mögliche Illusionen sind bereits vor
Markteintritt auszuräumen. Dennoch lassen
sich zahlreiche Gründe für einen Markteintritt
finden. Die hier dargestellten
Argumente
bzgl. der fehlenden Attraktivität sind auch
der Konkurrenz bekannt.
Deshalb sind meis-
tens weniger Wettbewerber vertreten. Sind
diese dennoch im Markt aktiv, werden häufig
nur wenige, reduzierte Leistungen angeboten.
Mitarbeiter empfinden ihre Verantwortlichkeit
oft als „Abschiebung“, unternehmensintern
wie -extern wird nach anderen Aufgaben ge-
sucht, die Fluktuation ist entsprechende hoch.
Großes Engagement wird sich so nicht entfal-
ten, Begeisterung bei den Kunden nicht aus-
gelöst. Damit ist der
Wettbewerb schlicht
weniger intensiv als auf stärker um-
kämpften Märkten.
Eine
Vielzahl von Kosten in diesen Regionen
liegt signifikant unter den durchschnitt-
lichen Werten.
Sicherlich gibt es für Kraft-
stoffe und Energie vergleichbare Preise, Immo-
bilienpreise und Löhne sind jedoch bedeutend
niedriger, weiterhin werden
oftmals großzü-
gige Fördermittel
durch die Bundesländer zur
Verfügung gestellt. Die Amtsträger vor Ort ste-
hen als Ansprechpartner zur Verfügung und
leisten meistens bereitwillig Unterstützung bei
vielfältigen Fragen. Ergänzend stehen zahl-
reiche, qualifizierte Arbeitnehmer „parat”. Nicht
wenige
Menschen suchen nach Möglich-
keiten, wieder in ihrer Heimatregion tätig
zu sein,
und sind auch bereit, dafür Einbußen
bei der Entlohnung in Kauf zu nehmen.
Die
Kunden
kennen die Situation in ihrer Regi-
on genau. Der wirtschaftliche Rückgang ist Re-
alität, Menschen und Unternehmen verlassen
die Gegend. Gegenläufige Entwicklungen sind
kaum zu verzeichnen.
Entsprechend positiv
wird ein neues oder verstärktes Engage-
ment aufgenommen.
Im Gegensatz zu ande-
ren Märkten haben neue Anbieter einen Start-
vorteil. Zusätzlich wissen die Kunden um die
Nachteile ihrer Region: lange Anfahrtswege
und geringe Annahmemengen. Können Mehr-
kosten begründet werden, sind die Kunden
durchaus willig und oftmals auch fähig, diese
zu tragen.
Allerdings sollte eine Fehleinschätzung vermie-
den werden, abgelegen heißt nicht „hinterwäld-
lerisch“. Die Kunden sind sehr wohl in der Lage,
sich gezielt zu informieren und entsprechend
Angebote zu vergleichen. Sind einzelne dazu
nicht im Stande, helfen vor allem bei größeren,
erklärungsbedürftigen Angeboten Angehörige
weiter.
Zu diesem Zeitpunkt ist es sicherlich zu
früh, genaue Kalkulationen durchzuführen, das
Controlling kann jedoch erste Informationen
sammeln. Spätestens jetzt ist auch der Zeit-
punkt gekommen,
mögliche Märkte
zu
defi-
nieren
, in Augenschein zu nehmen und mit
ausgewählten Ansprechpartnern in Kontakt zu
treten. An dieser Stelle müssen noch keine
detaillierten Investitionspläne erstellt werden,
vielmehr gilt es erste
Eindrücke
zu
sammeln
.
Dies kann durchaus im Rahmen einer Dienst-
reise durch einen kleinen Umweg und Zwi-
Abb. 1: Zeigt beispielhafte relevante Güter auf
Geschäfte in „unbedeutenden” Märkten