Seite 49 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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Das ist nicht selbstverständlich.
Seit der Zeit
der Pythagoreer
(ca. 6. Jhd. v. Chr.) wird die
Ökonomie durch die weit verbreitete Illusion ge-
prägt, dass in den Zahlen und ihren Propor-
tionen das Wesen der Dinge verborgen liege
und dass sich Menschen durch Zahlen führen
ließen. Zahlen reduzieren alle Dinge und Bezie-
hungen auf eine gemeinsame Qualität und ma-
chen sie dadurch rechen- und berechenbar.
„Zahlung“ wird ja erst durch Reduzierung der
Tauschobjekte auf eine vergleichbare Zahl
möglich. In der Wort-Verwandtschaft wird die-
ser gemeinsame Ursprung noch heute sichtbar.
Darin aber liegt zugleich die Crux. Zahlen be-
handeln Menschen genauso wie ein Stück Vieh
oder ein Stück Holz. Das war zu Pythagoras‘
Zeiten auch vollkommen normal, da die Arbeit
von Sklaven verrichtet wurde, die dem Vieh und
dem Material gleichgesetzt waren.
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Die Zeiten der Sklaverei sind jedoch vorbei.
Dennoch ist die Ökonomie beim Zahlen-Prinzip
geblieben. Wir umschreiben das mit dem schö-
nen Wort „Ressource“, die ihren Preis hat. Heu-
te aber lässt sich kein Mensch wie ein Stück
Vieh oder ein Stück Holz behandeln. Wenn wir
das als Controller dennoch tun, reagieren die
Menschen entsprechend ablehnend. Leider
tun wir es täglich:
In unseren Rechnungen
erscheint die Arbeit ausschließlich als
Kostenfaktor
, als auf eine Zahl reduzierte
Ressource.
Das Potenzial der Menschen wird von uns nur
dahingehend bewertet, wie viel wir für sie zah-
len. Das führ t zu solchen abstrusen Wor t-
schöpfungen wie „Personalüberhang“, den wir
„abbauen“ bzw. „eliminieren“ müssen. Wer
auch nur einen Moment über diese Aussagen
nachdenkt, kann die Nähe zur Sklaverei schnell
erkennen. Nun wird natürlich jeder Ökonom
den Vorwurf, wie ein Sklavenhalter zu denken,
entschieden von sich weisen. Aber entschei-
dend sind nicht die Illusionen, denen wir uns
hingeben, und hinter welchen Begriffen wir sie
verbergen.
Entscheidend ist, was wir tun!
Ziele hingegen sind nur Menschen eigen. Weder
mit Tieren noch mit Materialien können wir über
Ziele sprechen. Sie würden uns nicht verste-
hen. Allerdings haben Ziele drei große „Nach-
teile“:
1)
„Mein“ Ziel ist nicht automatisch auch
„Dein“ Ziel
– wenn wir gemeinsam arbeiten
wollen, müssen wir uns auf etwas Gemein-
sames verständigen. Das ist mitunter ziem-
lich anstrengend und erfordert Zeit. Dem
weichen wir gerne aus mit dem Verweis:
„Wir wollen alle gemeinsam Geld verdienen.“
Aber das ist schon wieder so eine Illusion.
„Dein“ Geld ist nicht „Mein“ Geld, daher ist
„Unser“ Geld auch kein gemeinsames Ziel.
Jeder finanziert mit seinem Geld sein eige-
nes Leben. Und so macht im Grunde „jeder
seins“, auch wenn wir formal in einem Team
„verortet“ sind.
2)
Ziele sind nicht dasselbe wie Wünsche.
Es ist wie mit dem Abnehmen. Viele verspü-
ren durchaus den Wunsch, weniger Pfunde
auf die Waage zu bringen. Aber nur wenige
bringen die Konsequenz auf, dafür weniger
zu essen oder mehr Sport zu treiben. Wün-
sche werden leider erst dann zum Ziel, wenn
wir bereit sind, uns die damit verbundenen
Anstrengungen auch anzutun. Das sollten
wir immer bedenken, wenn wir „Ziele“ ver-
einbaren. Nicht selten handelt es sich um
nicht viel mehr als eine Liste „frommer
Wünsche“.
3)
Ziele werden obsolet, wenn sie erreicht
sind.
Wir müssen uns also darüber verstän-
digen,
warum
wir uns gemeinsame Ziele
antun wollen. Was ist uns so wertvoll, dass
wir dafür Anstrengungen auf uns nehmen?
Vielleicht finden wir dann auch die Quelle für
immer wieder neue Ziele als gemeinsame
Basis für gemeinsames Arbeiten. Wenn wir
Gerald Hüther folgen, streben Menschen im
Grunde nach nur zwei fundamentalen Erleb-
nissen:
·
Geborgenheit, die sich in Anerkennung
und Wertschätzung niederschlägt und
·
Perspektiven für die eigene Entwicklung.
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Ziele, die an dieses Streben anknüpfen, tra-
gen die Chance, angenommen zu werden.
Das gilt allerdings nur unter der
Prämisse
der „Stimmigkeit“
– Ziele müssen das
menschliche Streben so umsetzen, dass sie
für die Akteure verständlich, handhabbar
und bedeutsam sind.
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Solche Ziele zu errei-
chen, gelten uns als Erfolg und werden auch
als Erfolg erlebt.
Wenn wir mit Zielen führen wollen, müssen
wir also definieren, worin Erfolg für uns und
unser Unternehmen zu sehen ist und wie wir
die Menschen auf stimmige Weise daran be-
teiligen können. Diese Aufgabe bezeichnen
wir als Strategie.
Strategie definiert den
Erfolg und die Wege, ihn in Kooperation
mit allen beteiligten Interessensgruppen
(Stakeholder) zu erreichen.
Deshalb
braucht jedes Unternehmen eine systema-
tische Achtsamkeit für die Erfolgs-Potenziale
seiner Strategie.
Außerdem realisieren wir Erfolge – wie z. B.
im Fußball – stets im Team.
Es reicht nicht,
einen guten Sturm zu haben, wenn die Hinter-
mannschaft zu viele Gegentore zulässt. Das hat
die deutsche Nationalmannschaft am 16. Okto-
ber 2012 in ihrem Spiel gegen Schweden
„eindrucksvoll demonstriert“. In diesem Sinne
hat Controlling den Erfolg des Unternehmens
als Ganzes im Blick und benötigt dafür ein ent-
sprechend aufeinander abgestimmtes Instru-
mentarium:
„Der Controller definiert die Anforderungen an
das Controlling-Instrumentarium, um den Pro-
zess der Zielfindung, Planung und Steuerung
des Unternehmens effektiv und effizient zu ge-
stalten. Im Rahmen seiner Richtlinien-Kompe-
tenz legt er interne Regeln und Prozess-Abläufe
fest, welche zur Umsetzung des ganzheitlichen
Controlling-Prozesses erforderlich sind“.
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Controlling sichert die
Verzahnung von operativem
und strategischem Geschäft
Das Controlling hat in seiner kurzen Geschichte
eine Vielzahl geeigneter Instrumente hervorge-
bracht.
Die für unsere Zwecke passenden
Instrumente auszuwählen
, sie zu einem
Ganzen zu fügen und so aufeinander abzustim-
men, dass sie eine strategisch orientier te
Führung des gesamten Unternehmens ermögli-
chen, ist eine Kernaufgabe des Controller-
Service. Hier liegt ein weiterer Baustein für
CM März / April 2013