Seite 26 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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Biel:
Gerade aus Sicht der Controller ist die
Frage zentral,
ob und wieweit sich Nachhal-
tigkeit „rechnet“
. Welche Erfahrungen haben
Sie zu dieser Frage?
Gleich:
Insbesondere im Bereich der ökolo-
gischen Nachhaltigkeit besteht unserer Erfah-
rung nach häufig die Möglichkeit, bei der Reali-
sierung von ökologischen Zielen gleichzeitig
auch
positive finanzielle Effekte für das Un-
ternehmen zu erzielen.
Gelingt es beispiels-
weise durch relativ geringe Investitionen oder
organisatorische Maßnahmen die Energieeffizi-
enz im Unternehmen zu erhöhen sowie CO
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-
Emissionen zu senken, hat dies gleichzeitig
auch signifikante Kosteneinsparungen zur Fol-
ge. Ein anderes Beispiel ist die Umgestaltung
von Produktions-/Herstellungsprozessen zur
Vermeidung von bestimmten Gefahrstoffen als
Abfallprodukte. Auch in diesem Fall lassen sich
durch die Einsparung der Entsorgungskosten
gleichzeitig auch positive finanzielle Auswir-
kungen erzielen. Allerdings ist auch klar: Ziel-
konflikte zwischen ökologischen und sozialen
Zielen auf der einen Seite sowie ökonomischen
Zielen auf der anderen Seite werden sich nicht
vermeiden lassen. Von daher „rechnet“ sich
nicht grundsätzlich jede Maßnahme zur Steige-
rung der Nachhaltigkeit im Unternehmen. Ein
schönes Beispiel ist das von der Péter Horváth-
Stiftung 2011 preisgekrönte Projekt „GoGreen“
der Deutschen Post DHL, das ein umfassendes
„Carbon Accounting & Controlling“ schafft, wie
in Abbildung 2 dargestellt.
Biel:
… und wie lösen nun wir das Span-
nungsverhältnis zwischen kurzfristigen Ergeb-
nissen für die Berichterstattung einschließlich
etwaiger Börsenrelevanz sowie der eher lang-
fristigen Wirkung von Maßnahmen der Nach-
haltigkeit?
Horváth:
Hier sind in den Unternehmen die
Anreizsysteme für das Management in der
Form umzugestalten, dass auch langfristige
Wirkungen von Maßnahmen im Bereich der
Nachhaltigkeit entsprechend honoriert werden.
Es gilt dabei eine
Balance
zwischen
kurzfris-
tigen finanziellen Ergebnissen
, die natürlich
auch weiterhin ihre Bedeutung haben werden,
und
langfristigen Nachhaltigkeitseffekten
zu erzielen.
Biel:
Bitte lassen Sie nachfragen. Wir sprechen
ja nicht nur von Ökologie und Sozialem, son-
dern auch von Ökonomischem. Was bedeutet
nachhaltige Ökonomie? Reicht die Ergänzung
von Ökologie und Sozialem aus – oder ist nach-
haltige Ökonomie doch mehr?
Gleich:
Wir hatten schon über ein ausgewo-
genes Verhältnis von kurzfristiger und langfris-
tiger Betrachtung und Honorierung gespro-
chen. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein
Unternehmen verhält sich im Sinne der Nach-
haltigkeit dann ökonomisch, wenn es seine
langfristige Wettbewerbsfähigkeit sichert. Als
wettbewerbsfähig können die Unternehmen
angesehen werden, die auf lange Sicht Ge-
winne auf ihren Märkten erzielen und sich zu-
gleich erfolgreich gegenüber anderen Wettbe-
werbern im gleichen Markt behaupten können.
Mit anderen Worten muss jedes Unternehmen
auch zwingend ökonomisch nachhaltig erfolg-
reich sein.
Biel:
Bereits im Jahre 2008 habe ich diesen
Satz geschrieben, der vielfach zitiert wurde:
„Nachhaltiges Controlling erweitert damit tra-
ditionelles Controlling und integriert marktbe-
zogene, ökologische und gesellschaf tliche
Aspekte in die ökonomischen Zielgrößen zum
dauerhaften Unternehmenserfolg.“ War bzw. ist
dies ein realistischer Zukunftsentwurf oder
eher ein Traumbild?
Gleich:
Wir sehen das als einen durchaus rea-
listischen Zukunftsentwurf. Deswegen hat sich
der ICV auch dieser Thematik angenommen
und den
Fachkreis „Green Controlling“
ge-
gründet. Dort wird derzeitig ein allgemeines
Vorgehensmodell erarbeitet, wie ein ökologieo-
rientiertes Controlling in der Praxis umgesetzt
Interview: Nachhaltigkeitscontrolling
Abb. 2: Carbon Accounting & Controllingsystem der Deutschen Post DHL (Deutsche Post, 2012)
Quelle: Deutsche Post DHL (2012), Carbon Accounting & Controlling Programm