Seite 25 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

Basic HTML-Version

23
nationalen Controller Vereins (ICV)
mit dieser
Themenstellung. Verschiedene Erhebungen
sehen Nachhaltigkeit auf der Agenda der Con-
troller, beispielsweise erweist sich das Thema
Nachhaltigkeit in einer großangelegten empi-
rischen Studie der WHU als eines von zehn
wesentlichen Zukunftsthemen des Controllings.
Ist Nachhaltigkeit als neues Aufgabenfeld der
Controller in der Unternehmenspraxis bereits an-
gekommen, denn tendenziell sprechen die Studi-
en eher davon, dass sich Controller „zukünftig“
stärker mit diesem Thema befassen wollen?
Gleich:
Als neues Aufgabenfeld der Controller
ist Nachhaltigkeit sicherlich noch nicht voll um-
fänglich in der Unternehmenspraxis angekom-
men. Es gibt aber schon Unternehmen, die dort
eine Vorreiterrolle einnehmen. Ich sehe das al-
lerdings ähnlich wie der Internationale Control-
ler Verein (ICV) und bin davon überzeugt,
dass
Nachhaltigkeit in den nächsten Jahren eine
große Bedeutung für die Controller erlan-
gen wird.
Das ist auch der Grund dafür, dass
wir uns als EBS Business School aktiv am ICV-
Fachkreis „Green Controlling“ beteiligen und
dieses Thema in der Controller-Community
weiter mit vorantreiben möchten. Hier ist auch
die Ideenwerkstatt des ICV zu nennen, die be-
reits vor zwei Jahren einen „Dream Car“-
Bericht zum „Green Controlling“ vorgelegt hat.
Biel:
Hat Controlling nicht auch Integrations-
kalküle zu entwerfen und damit verbundene
Steuerungsaufgaben zu gestalten? Ist also
Nachhaltigkeitscontrolling auch eine gestalte-
rische Herausforderung?
Gleich:
Aufgrund der zunehmenden strate-
gischen Bedeutung von Nachhaltigkeit sowie
des bislang eher geringen Umsetzungsstandes
hat natürlich auch das Controlling als Unterneh-
mensfunktion seinen Beitrag dazu zu leisten.
Der ICV sieht die Controller hier durchaus in ei-
ner aktiven Rolle. Dazu gehört neben den klas-
sischen messenden, bewertenden und steu-
ernden Aspekten auch
die Unterstützung der
Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung
der Unternehmensführung für die Bedeu-
tung von Nachhaltigkeitsaspekten
. Darüber
hinaus obliegt es dem Controller im Sinne der
Führungsunterstützung, die strategische Be-
deutung einer nachhaltigen Ausrichtung für an-
dere Unternehmensfunktionen und Unterneh-
mensbereiche greifbar zu machen und so ein
Bewusstsein zu generieren bzw. zu steigern.
Biel:
In welcher Rolle sehen Sie dabei die Con-
trollerinnen und Controller?
Horváth:
Die Erwartungshaltung hat sich in
den vergangenen Jahren dahingehend entwi-
ckelt, dass
ein Controller als Business Part-
ner des Managements fungiert
. Sie haben
sich, lieber Herr Biel, ja auch schon intensiv da-
mit beschäftigt. Dazu gehört nicht mehr nur die
Bereitstellung von benötigten Informationen,
sondern das aktive Vorbereiten und Begleiten
von Entscheidungsprozessen sowie
das Füh-
ren eines hoch qualifizierten Dialoges zwi-
schen den einzelnen Geschäftsfeldern und
Funktionsbereichen
. Der Controller ist damit
sowohl Finanzspezialist als auch unternehmens-
interner Berater, schaut in die Vergangenheit
genauso wie in die Zukunft, zeichnet sich durch
proaktives Handeln und ganzheitliche Kommu-
nikation aus. Genau dieses Rollenverständnis
ist auch bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit
sowie eines zugehörigen Nachhaltigkeitscon-
trollings gefragt. Das Thema Nachhaltigkeit
verstärkt im Grunde die Entwicklung zum Busi-
ness Partner des Managements.
Biel:
Um den Beitrag von Nachhaltigkeits-Maß-
nahmen zur Steigerung des Unternehmens-
wertes bzw. deren Kosten-Nutzen-Relationen zu
ermitteln, bedarf es sowohl konkreter Kriterien
einer nachhaltigen Unternehmensführung als
auch deren Operationalisierung. Inwieweit gibt
es in der Praxis bereits
„nachhaltige Indizes“
(Nachhaltigkeitskriterien)
bzw.
Leistungsin-
dikatoren (Key Performance Indicators)?
Und damit bereits einen Berichtsrahmen und als
Folge auch Transparenz und Vergleichbarkeit?
Gleich:
Die derzeitig in der Unternehmenspra-
xis sicherlich am häufigsten genutzten Stan-
dards sind die „Sustainabilit y Repor ting
Guidelines“ der „Global Reporting Initiative“
(GRI). Die aktuell gültige Version GRI G3.1 aus
dem Jahr 2011 definiert einen aus insgesamt
121 Leistungsindikatoren bestehenden Kata-
log, mit dem die Unternehmensleistung an-
hand der drei Nachhaltigkeitsdimensionen
umfangreich gemessen, analysiert und dar-
gestellt werden kann. Der Standard bildet da-
her auch eine mögliche Quelle für die Auswahl
von strategierelevanten Kennzahlen- bzw. In-
dikatorensets.
Biel:
… lassen Sie mich bitte für unsere Lese-
rinnen und Leser einfügen, dass die von Ihnen
angesprochene Nachhaltigkeitsberichterstat-
tung sowie weitere Informationen unter
hrsprachig verfüg-
bar ist.
Biel:
Aber ist Nachhaltigkeit nicht nur ein
Berichtsthema, sondern auch ein
Dialog-
Thema?
Was meinen Sie?
Horváth:
Ganz sicher ist genau das der Fall.
Wie vorhin schon einmal angesprochen, wer-
den in der unternehmerischen Praxis häufig
Zielkonflikte in den drei Nachhaltigkeitsdimen-
sionen
Ökonomie
,
Ökologie
und
Soziales
bei
der Umsetzung von Maßnahmen auf treten.
Dies impliziert automatisch, dass jedes Unter-
nehmen im konkreten Einzelfall eine Abwägung
durchführen muss, welche Prioritäten gesetzt
werden. Dazu ist nicht nur ein unternehmensin-
terner Dialogprozess notwendig, sondern auch
ein kontinuierlicher Dialog mit den unter-
nehmensindividuellen Stakeholdern
.
Biel:
Themen wie Ökobilanz oder Sozialbilanz
usw. sind nicht neu, diese und andere Ansätze
sind seit Jahren, im Grunde seit Jahrzehnten in
der Diskussion. Die praktische Relevanz ist
eher bescheiden. Muss uns dies entmutigen?
Gleich:
Nein, sicher nicht. Letztendlich sind
wir einfach mitten in einem Prozess, der sich
weiter fortsetzen wird. Hier gilt es, weiter
Überzeugungsarbeit zu leisten und den Nut-
zen für die Unternehmen aufzuzeigen. Die Ak-
tivität meines Kollegen Horváth,
dessen Stif-
tung einen „Green Controlling-Preis” aus-
lobt
, ist hier sicherlich eine unterstützende In-
itiative. Die Praxis zeigt aber auch, dass
manche Botschaf ten schon angekommen
sind. PUMA beispielsweise hat im vergange-
nen Jahr sehr viel positive Aufmerksamkeit
durch die Veröffentlichung seiner ersten öko-
logischen Gewinn- und Verlust-Rechnung er-
fahren, auch viele andere Unternehmen haben
an diesem „Leuchtturmprojekt“ großes Inte-
resse gezeigt. Ich bin mir sicher, dass zukünf-
tig noch weitere Unternehmen diesem Bei-
spiel folgen werden.
CM März / April 2013