Seite 23 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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liche Managementwörter, Frankfurt 2007) auf-
genommen. Der Begriff werde immer häufiger
verwendet und drohe zur Mode zu werden,
meint Malik.
Wird Nachhaltigkeit missver-
standen oder überstrapaziert, vielleicht
falsch eingesetzt?
Ist der Fokus auf Nachhal-
tigkeit nicht eher eine logische Entwicklung als
ein Modethema? Und müssen sich Unterneh-
men, wie auch die Gesellschaft, nicht immer
wieder neu anpassen, auf neue Zustände und
Ereignisse ausrichten?
Gleich:
Herr Malik ist da bei der Pauschalisie-
rung. Er kann das nur im sprachlichen Sinne
und kaum inhaltlich gemeint haben, auch weil
das Thema noch weiter zu entwickeln ist. Wir
sollten aber in der Tat differenzieren:
Ökono-
mische Nachhaltigkeit
war in seriös geführten
Unternehmen seit jeher ein
Leitmotiv des Han-
delns
. Soziale Aspekte spielten dabei insbeson-
dere in Familienunternehmen auch vielfach eine
Rolle. Umweltaspekte kommen gegenwärtig
hinzu, wo wir die Gefahren der Ressourcenüber-
nutzung entdecken. Jetzt geht es darum, die
drei Aspekte gemeinsam in den Griff zu bekom-
men und miteinander zu vernetzen.
Biel:
Wenn wir uns fragen, warum wir uns mit
Nachhaltigkeit beschäftigen, stoßen wir schnell
auf die Megatrends Klimawandel und Ressour-
cenknappheit (fossile Energieträger, Wasser, Me-
talle, Boden, zunehmende Trinkwasserknappheit
usw.). Nun verändern sich die gesellschaft-
lichen und ökonomischen Rahmenbedingungen
der Unternehmen bereits aus zahlreichen ande-
ren Gründen (Globalisierung, demografischer
Wandel, Digitalisierung usw.). Was bedeuten
diese zahlreichen Entwicklungstendenzen für
die strategische Ausrichtung der Unterneh-
men und für ihre Anpassungsfähigkeit?
Horváth:
Um ein Unternehmen in diesem
schwierigen Umfeld erfolgreich steuern zu kön-
nen, bedarf es dreierlei: 1. Eine klare, strate-
gische Position, die Ökonomie, Ökologie und
Soziales integriert; 2. Schaffung von wand-
lungsfähigen Strukturen und Prozessen, um mit
der zunehmenden Volatilität zurechtzukommen
und 3. ein Resilienzmanagement, um unerwar-
tete Veränderungen meistern zu können.
Biel:
Nun wird Nachhaltigkeit oft verkürzt auf
das Kriterium „umweltfreundlich“. Neben dem
Umweltschutz geht es auch um wirtschaftliche
und soziale Aspekte. Wie weit ist dieses dreidi-
mensionale Verständnis – Ökologie, Ökonomie
und Gesellschaft –, verschiedentlich auch ESG-
Kriterien (Environmental, Social, Governance)
genannt, in der Unternehmenspraxis schon tat-
sächlich angekommen? Aus dieser Perspektive
betrachtet, könnte z. B.
die Vermeidung von
Stressfolgen, etwa Burn-out
, auch ein Nach-
haltigkeits-Thema sein – oder? Wie können wir
„Nachhaltigkeit“ in der Unternehmenspraxis
charakterisieren?
Horváth:
Wie Sie schon in Ihrer Frage anspre-
chen, ist Nachhaltigkeit nicht auf „Umwelt-
freundlichkeit“ zu reduzieren. Dazu gehört bei-
spielsweise auch die Schaffung von Arbeitsbe-
dingungen, die eine
Work-Life-Balance sicher-
stellen
und damit Mitarbeitern ein dauerhaft
motivierendes Arbeitsumfeld schaffen. Also
noch einmal: Nachhaltigkeit ist der Dreiklang
zwischen Ökonomie, Ökologie und Sozialem.
Biel:
Lässt sich nun folgern, Untätigkeit im
Bereich Nachhaltigkeit setzt Unternehmen
Risiken aus? Wobei sicher die unternehmens-
spezifische Betroffenheit recht unterschiedlich
sein kann. Wie ist hierzu Ihre Einschätzung?
Wie sehen Sie die strategische Relevanz von
Nachhaltigkeit?
Horváth:
Ich stimme Ihnen zu. Ein Vogelstrauß-
Verhalten ist das Ende eines Unternehmens.
Notwendig ist zunächst die Analyse der spezi-
ellen individuellen Umfeldsituation und der
eigenen Fähigkeiten. Daraus ist dann der eige-
ne strategische Entwicklungspfad abzuleiten.
Nachhaltigkeit muss doch Kern einer jeden
Strategie sein.
Biel:
Ist es also geboten, dass sich die Unter-
nehmen zunächst systematisch mit den Aus-
wirkungen der Nachhaltigkeitsaspekte auf das
Unternehmen und seine Märkte befassen, um
einerseits die Notwendigkeit des Handelns zu
analysieren und andererseits konkrete Ansatz-
punkte herauszuarbeiten? Liegen Ihnen hierzu
belastbare Erfahrungen vor?
Horváth:
Wie schon in der Antwort zur vorhe-
rigen Frage ausgeführt,
ist die SWOT-Analyse
als Ausgangspunkt unerlässlich
. Unsere Er-
fahrungen aus dem CFO-Panel von Horváth &
Partners zeigen, dass das Thema nahezu alle
Unternehmen beschäftigt. Es ist ein klarer Ent-
wicklungspfad zu einer nachhaltigkeitsbasier-
ten Unternehmensstrategie bereits erkennbar.
Biel:
… ist vielleicht eine nachhaltige Unter-
nehmensführung zugleich auch Ausdruck einer
wert- und werteorientierten Unternehmensfüh-
rung? Nachhaltigkeit bedarf einer Werteposi-
tion. Ist dieser Schluss zulässig?
Gleich:
Sie haben da völlig recht. Die Unterneh-
mensführung muss Wertorientierung im Sinne
von profitablem Wachstum und unter Einhal-
tung von Werteprämissen sicherstellen.
Dies
ist die größte Herausforderung gegenwär-
tig!
Insofern geht es auch darum, Wert- und
Werteorientierung miteinander zu verbinden
und aufeinander abzustimmen.
Biel:
Für die Einordnung der Nachhaltigkeit ist
auch die gesellschaftliche Akzeptanz entschei-
dend. Nach einer aktuellen Untersuchung der
bekannten Gesellschaft für Konsumforschung
(GfK) haben auf die Frage nach der Bekanntheit
von Nachhaltigkeit geantwortet: 36%: ja, ganz
sicher bekannt, 43%: ja, kommt mir bekannt
vor und 21%: nein, nicht bekannt. Haben wir
das Problem, Nachhaltigkeit ist eben abstrakt,
der Preis aber konkret, die Umweltprobleme
sind langfristig, aber das verfügbare Geld eher
eine kurfristige Frage. Der eigene Vorteil und
“Geiz ist geil” seien wichtiger als verantwor-
tungsvolles Handeln, ist in einer Kommentie-
rung zu lesen. Müssen wir dies eher pessimis-
tisch sehen?
Gleich:
Eindeutig nein! Dabei ist sicher zu diffe-
renzieren: Die eigenen Mitarbeiter sind doch die
wichtigsten Befürworter der Nachhaltigkeit
.
Für Kunden wird Nachhaltigkeit zunehmend
wichtig. „Geiz ist geil“ ist meines Erachtens
nach nicht mehr das Leitmotiv für die Mehrheit.
Biel:
Bitte lassen Sie nachfragen. Die Unter-
nehmen stehen in einem vielfachen Wettbe-
werb, u. a. auch in einem Kommunikationswett-
bewerb mit dem Ziel einer guten Reputation. In
diesem Zusammenhang ist oft von „Green-
washing“ die Rede. Die Unternehmen spülten
alle Informationen so lange durch, bis ein Image
ökologischer Verantwortung erscheine, lautet
der Vorwurf. Vielfach wird der Vorwurf erhoben,
CM März / April 2013