Seite 11 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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dung 4) und die
Leistungsbeziehungen
(die
Pfeile)
zu quantifizieren
. Üblicherweise wird
die Zurverfügungstellung von Raum mit Qua-
dratmetern gemessen, diejenige von IT-Kapa-
zitäten nach installierten IT-Arbeitsplätzen,
Leistungen vieler anderer Kostenstellen nach
Zeitaufwandsschätzungen.
Die Ermittlung der Vollkostensätze der Kosten-
stellen erfordert ziemlich komplizierte mathe-
matische Verfahren, da die gegenseitigen Leis-
tungsbeziehungen in der Kostensatzkalkulation
mittels Iteration oder Simplexrechnung bewer-
tet werden müssen.
Damit Vollkostensätze berechnet werden können,
·
muss die Kostenrechnung verschiedene Um-
lageverfahren abbilden können. Das verteu-
ert die Initialinvestition in die Software und
verursacht am Monatsende hohe Rechen-
laufzeiten der Computer,
·
müssen die Leistungsbeziehungen zwischen
den Kostenstellen definiert und regelmäßig
gepflegt werden, da sich die Prozesse sowie
die Kostenstellenstrukturen meistens von
Jahr zu Jahr ein wenig ändern,
·
müssen die umzulegenden Leistungen ge-
messen oder mindestens geschätzt werden
(m2, KWh, Personaladministrationsstunden,
installierte IT-Arbeitsplätze, belegte Gigabytes
Speicher, CPU-Nutzungszeiten, weitere Ar-
beitszeiten für interne, nicht direkt produkt-
bezogene Aufgaben und, wenn alles nicht
hilft, willkürliche prozentuale Verteilungen),
·
ist für jede Periode die Abstimmung mit den
(primären) Aufwandarten der Gewinn- und
Verlustrechnung zu finden, was oft gar nicht
so trivial ist,
·
müssen die Umlagen den Kostenstellen- und
Produktverantwortlichen wiederholt erklärt
werden, weil diese alleine nicht in der Lage
sind, die Folgen der angewendeten Schlüs-
selgrößen nachvollziehen zu können.
Oft wird uns als Argument entgegengehalten,
diese Aufwände seien nicht relevant, da der
Computer automatisch rechne, wenn die Umla-
gen mal eingerichtet seien. Fragt man in Kos-
tenrechnungsabteilungen, wie
viel Zeit für die
Pflege, Messung und Abstimmung der Um-
lagegrundlagen
(von höher qualifizierten Mit-
arbeitenden) aufgewendet wird, wird die Höhe
dieses versteckten Kostenblocks erkennbar.
Berichterstattung umlegen muss
(Rech-
nungslegung und Steuern).
Für die Unternehmensführung und die da-
mit verbundene Entscheidungsfindung sind
all diese Umlagen irrelevant.
Ein Unterneh-
men mit einer führungsorientierten Kosten-/
Leistungsrechnung ist somit gezwungen, nur
für die externe Berichterstattung eine zusätz-
liche Rechnung aufzubauen, die ihm keinerlei
Nutzen bringt.
Weder Standardsetzer noch gesetzgebende In-
stanzen sollten eine Bewertung der Bestände
zu vollen Herstellkosten verlangen. Denn
die
Bewertung der Bestände zu proportionalen
Herstellkosten ist ehrlicher, da sie keine
fixen Periodenkosten via Lagerbestands-
bewertung von einer Periode in eine andere
verschiebt.
Die Abschaffung der vollen Her-
stellkosten in der Steuerbilanz hätte nur die
Auswirkung, dass das Steueraufkommen von
einer in eine andere Periode verschoben wird,
würde aber den Unternehmen viel wertlose Ar-
beit ersparen. Die Transferpreis-Regeln können
ebenfalls so gestaltet werden, dass bei der
Gewinnermittlung von den proportionalen Her-
stellkosten ausgegangen wird und die gesamt-
en fixen Periodenkosten berücksichtigt werden.
Mit den Regeln von
IFRS 8
ist zwar insofern
eine
Besserung eingetreten
, als Gesell-
schaften, die intern mit einer Deckungsbei-
tragsrechnung führen, diese auch für die Seg-
mentberichterstat tung einsetzen müssen
(through the managements‘ eyes).
Leider
müssen aber in der
Konzernkonsolidierung
immer noch volle Herstellkosten berichtet wer-
den (
IAS 2.12
).
Im nächsten Abschnitt wird gezeigt, wie die
Umlagepflicht für die externe Berichterstattung
mit minimalem Aufwand erfüllt werden kann.
Die versteckten Kosten
des Umlegens
Die Literatur empfiehlt zur Vorbereitung der
Umlagen – so wird es auch in vielen Unterneh-
men gehandhabt – zuerst den Leistungsaus-
tausch zwischen den verschiedenen Kosten-
stellen schematisch darzustellen (vgl. Abbil-
Rechnungslegung. Diese Standards haben
zwar keine direkte gesetzliche Wirkung,
doch basieren viele Banken ihr Rating maß-
geblich darauf, ob die Wirtschaftsprüfer die
standard-konformen Bewertungen eines Un-
ternehmens zertifiziert haben. Diese Rating-
Relevanz hat dann wieder Auswirkungen auf
die Kreditfähigkeit eines Unternehmens und
seine Zinskosten.
·
Gesetzliche Vorschriften:
Im Deutschen
Steuerrecht
5
und HGB
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(seit dem BILMOG
Bilanzmodernisierungsgesetz) wird ebenfalls
die Bewertung der Bestände zu vollen Her-
stellkosten verlangt, was in Perioden, in wel-
chen mehr produziert als verkauft wird, zu
höheren Gewinnen und damit auch zu hö-
heren Gewinnsteuern führt und umgekehrt zu
weniger, wenn in einer Periode mehr verkauft
wurde als produziert. Zunehmend findet sich
auch in den Vorschriften zur Preiskalkulation
von öffentlich zugänglichen Leistungen, z. B.
Energie oder Müllentsorgung, die Vorschrift,
die Gebühren seien „verursachungsgerecht“
und unter Berücksichtigung sämtlicher Kos-
ten anzusetzen. Letzteres entspricht einer
Preisgestaltung auf Basis der vollen Selbst-
kosten plus Gewinnzuschlag.
·
Internationaler Kampf um Gewinnsteu-
ern:
Aus dem Selbsterhaltungstrieb versu-
chen international agierende Unternehmen,
ihre Gewinne dort entstehen zu lassen, wo
sie diese für die Unternehmensentwicklung
am dringendsten brauchen, oder dort, wo die
Steuerlast am geringsten ausfällt. Die politi-
schen Einheiten (Staaten) möchten im Ge-
genzug, dass bei ihnen möglichst viel Steu-
ern bezahlt werden. Obwohl der daraus ent-
stehende Hickhack durch OECD-Richtlinien
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reguliert wird, versuchen die Unternehmen
soweit möglich legale Steueroptimierung zu
betreiben. Mittels Umlagen kann man zu
„beweisen“ versuchen, dass bestimmte Kos-
ten vor allem in Ländern mit hoher Gewinn-
steuerbelastung anfallen und dort den loka-
len Gewinn mindern. Die daraus entstehende
Problematik des Transfer Pricing beschäftigt
Heerscharen von Beratern und Mitarbeitern
der Corporate Finance-Abteilungen.
Aus diesen Vorgaben ist zu schließen,
dass
man die fixen Kosten nur für die externe
CM März / April 2013