Seite 104 - CONTROLLER_Magazin_2013_02

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werden, sondern auch die Versicherungsbranche auf den Plan gerufen
hat. Die eine oder andere Gesellschaft sieht in den Risiken und Pro-
blemen, die mit der Internetnutzung verbunden sein können, ein neues
Betätigungsfeld. „Für Ihr gutes Recht im Netz“, heißt beispielsweise ein
Slogan. Hierbei handelt es sich um einen Versicherungsschutz für die Ri-
siken und Gefahren im Zusammenhang mit der privaten Internetnutzung.
Andere internationale Versicherungen bieten z. B. Policen gegen Rufschä-
digungen im Internet an. Dem Vernehmen nach übernimmt die Versiche-
rung in diesen Fällen die Anwaltskosten zur Lösung des Streitfalls, bietet
einen psychologischen Dienst und zahlt Schadensersatz im Rahmen des
vereinbarten Versicherungsschutzes.
Wegen der wachsenden Bedeutung dieser Thematik erfolgen in dieser
und in den weiteren Ausgaben Ihres Literaturforums einige allgemeine
und grundsätzliche Hinweise zu möglichen Stolperfallen. Es stellt sich oft
die Frage: Was ist erlaubt und was ist verboten? Dabei ist zu bedenken,
dass für jedermann sichtbare Aussagen im Internet viel problematischer
sein können als beispielsweise Aussagen im persönlichen Gespräch. Ein
zentrales Spannungsfeld betrifft die Abwägung zwischen Meinungs- und
Pressefreiheit einerseits und Persönlichkeitsrechten andererseits. In die-
sen und den folgenden Beiträgen kann nur ein ganz grober Überblick und
eine erste recht allgemeine Sensibilisierung erfolgen. Natürlich geben
diese allgemeinen Hinweise nur recht grobe Orientierungen und stellen
auf keinen Fall eine Rechtsberatung dar. Für weitergehende Themen
steht die zum Schluss des Beitrags ausgewiesene Fachliteratur zur Verfü-
gung. Im Falle konkreter Fragestellungen oder auch möglicher Probleme
sollte unbedingt ein Fachmann bzw. ein Rechtsanwalt oder Medienanwalt
zurate gezogen werden.
Meinungsfreiheit
Die Meinungsfreiheit, bzw. die Freiheit der Meinungsbildung und -äuße-
rung, ist ein Grundrecht des Menschen. In Deutschland ist die Meinungs-
freiheit im Grundgesetz (GG) (Art. 5 Absatz 1) gewährleistet. „Das
Bundesverfassungsgericht begreift Meinungsäußerungsfreiheit sogar
als Grundlage jeder Freiheit überhaupt, weil sie unmittelbarster Ausdruck
der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft ist“ (Schwartmann /
Keber 2012, S. 28 f.). Bereits in Art. 5 Abs. 2 GG heißt es, dass die Mei-
nungsfreiheit durch allgemeine Gesetze und das Recht der persönlichen
Ehre begrenzt werden kann. „Sie endet deshalb auch im Internet dort,
wo zu stark in berechtigte Interessen Dritter eingegriffen wird“ (Ulbricht
2012, S. 19).
Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung?
Medienrechtlich ist die Unterscheidung zwischen Tatsachen und Mei-
nungen von großer Bedeutung. Für die Zulässigkeit einer Äußerung
kann diese Unterscheidung wesentlich sein. Meinungen sind persönliche
Überzeugungen und Werturteile. „Anders als Tatsachenbehauptungen
sind Meinungsäußerungen als subjektive Ansichten weder beweisbar
noch können sie wahr oder unwahr sein“ (Schwenke 2012, S. 264). Tat-
sachen sind hingegen Fakten, Sachverhalte, gegebene Umstände usw.
Sie sind wahrnehmbar und in der Regel auch beweisbar. „Das heißt, eine
Tatsachenbehauptung kann wahr oder unwahr beziehungsweise richtig
oder falsch sein“ (Schwenke 2012, S. 264).
Grenzen der Meinungsfreiheit
Tatsachenbehauptungen müssen geduldet werden, wenn sie wahr und
richtig sind. Wenn aber z. B. im Internet eine falsche Tatsachenaussage
verbreitet wird, z. B. über Produkte, Unternehmen oder Personen, ist
dies unzulässig. Eine Berufung auf die Meinungsfreiheit ist dann nicht
möglich. Das Recht der persönlichen Ehre, das hier zum Zuge kommt,
ist komplex. Grundsätzlich ist die Meinungsfreiheit durch die höchst-
richterliche Rechtsprechung relativ geschützt. Praktisch relevante
Grenzen finden sich in der Beleidigung und in der Schmähkritik. Eine
Beleidigung ist eine vorsätzliche Kränkung der Ehre eines anderen, sie
kann sich auch gegen Personengemeinschaften richten. Eine „einfache
Beleidigung“ ergibt sich aus herabsetzenden Werturteilen (§ 185
StGB). Ein Blick in die einschlägigen Veröffentlichungen zeigt, dass es
schwer und oft – auch zwischen Juristen – heftig umstritten ist, ob eine
Äußerung bereits eine verbotene Beleidigung darstellt oder ob es sich
noch um eine zulässige Meinungsäußerung handelt. Eine besondere
Form und Grenze der Meinungsäußerung ist die sogenannte Schmäh-
kritik, „wo es nicht mehr um die Sache, sondern um die Beschimpfung
einer Person geht“ (Branahl 2009, S. 91). Bei der Schmähkritik steht
also die Herabsetzung einer Person oder eines Unternehmens im Vor-
dergrund. Und wer im sozialen Netzwerk seinen Arbeitgeber kritisiert,
sollte sich im Klaren darüber sein, dass er damit womöglich seinen Job
riskiert.
Fazit
Es ist anzuraten, vor allem bei kritischen Äußerungen, beispielsweise in
Bewertungsportalen, und natürlich auch bei Kritik allgemein, vorsichtig
und bewusst zu formulieren. Thomas Schwenke, Rechtsanwalt und
Rechtsexperte in Sachen Social Media, rät „formulieren Sie Ihre Aussage
lieber als Meinungen denn als Tatsache“ (Schwenke 2012, S. 271). Das
lässt sich nur unterstreichen, und ergänzend ist zu sagen, dass auch bei
Meinungsäußerung bewusst formuliert werden sollte. Dabei geht es nach
Schwenke zum einen um den Bezug auf einen konkreten Umstand oder
eine konkrete Eigenschaft und zum anderen um die Verhältnismäßigkeit
der Mittel. Es lässt sich die Formel ableiten: „fundiert und begründet,
konkret und maßvoll – und im Zweifel „aus meiner Sicht“.
Bis zum nächsten Mal herzliche Grüße und Ihnen persönlich und beruflich
viele gute Wünsche
„Ihr Bücherwurm“ Alfred Biel
E-Mail:
Literatur- und Quellennachweise:
Branahl, Udo: Medienrecht, Wiesbaden 2009
Fechner, Frank: Medienrecht, Tübingen 2012
Schwartmann, Rolf / Keber, Tobias: Internetauftritt, München 2012
Schwenke, Thomas: Social Media Marketing und Recht, Köln 2012
Ulbricht, Carsten: Social Media und Recht, Freiburg 2012
Wien, Andreas: Internetrecht, Wiesbaden 2012
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