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Aktuelle Rahmenbedingungen
stellen neue Anforderungen an
die Unternehmenssteuerung
Die Rahmenbedingungen in der Energiewirt-
schaft erfordern es, die bisher in den EVUs an-
gewandten Steuerungsmodelle zu überdenken
und gegebenenfalls anzupassen.
Energiewende
Die Energiewende der Bundesregierung, im
Wesentlichen über das AtG und EEG einge-
leitet, muss zu einer
Angleichung des Ge-
schäftsmodells der EVU an die neuen Rah-
menbedingungen
führen. Die politische Unsi-
cherheit sowie der äußere Zwang, sich von
Atomkraft zu trennen und erneuerbare Ener-
gien zu fördern, erfordert eine Abkehr von einer
rein regional ausgerichteten Unternehmenshie-
rarchie hin zu wer tschöpfungsgetriebener
Steuerung (Erzeugung, Handel/ Beschaffung,
Netz, Vertrieb).
Die Erzeugungseinheiten sollten in einem Be-
reich mit klar definierten verantwortlichen
Personen gebündelt sein, so dass auf das je-
weilige regulatorische und politische Umfeld
schnellstens reagiert werden kann, ohne ver-
schiedene Unternehmensbereiche anpassen
zu müssen.
Diese
„Straffung“ der Organisation
schafft
Flexibilität und führt zu geringeren Durchlauf-
zeiten von Entscheidungen. Darüber hinaus
erhöht eine derartige Steuerung für EVUs die
Möglichkeit, die hohen Investitionen und den
daraus resultierenden Finanzierungsbedarf
auf den einzelnen Wer tschöpfungsstufen
(z. B. Netze oder Erzeugung) zu „manövrie-
ren“. Die damit erzeugte Trennung von Kern-
funktionen und unterstützenden Funktionen
begünstigt zudem eine Kostenoptimierung der
unterstützenden Funktionen durch Bünde-
lungen von Aufgaben.
Neben den genannten organisatorischen Ent-
wicklungen bringt die Energiewende eine
zunehmende
Bedeutung von „neuen“
Kennzahlen
und damit eine Anpassung der
steuerungsrelevanten Kennzahlen mit sich:
Technologiebezogene Kennzahlen, wie zum
Beispiel Rückbaukosten bei Kernkraftwerken,
werden an Bedeutung gewinnen. Operative
Kennzahlen werden zunehmend wichtiger, wie
beispielsweise Energieverlustmengen von
Kraftwerken, die gerade in Zeiten der geringer
werdenden Energieerzeugung von großer
Bedeutung sind, sowie
CO
2
-bezogene Kenn-
zahlen, deren Relevanz gerade vor dem
Hintergrund der an Bedeutung gewinnenden
Kohle steigt.
(Dezentrale) Energieerzeugung
Während Stadtwerke bisher häufig überwie-
gend als Versorger agieren und geringe oder
keine eigenen Erzeugungskapazitäten vorhal-
ten, geht die Entwicklung hin zu einem
stär-
keren Ausbau eigener Erzeugungskapazi-
täten.
Grund ist die Komplexität und schlechte
Planbarkeit einer strukturierten Strombeschaf-
fung, so dass die Stadtwerke einen Anreiz ha-
ben, die eigene Erzeugung auszubauen. Dies
führt zu
erhöhten Investitionen
und damit
auch zu einer
zunehmenden Relevanz des
Cash-Flows
. Zudem wird die zielgerichtete
Steuerung der eigenen Erzeugungskapazitäten
notwendig, das heißt operative Kennzahlen
(Kapazitäten, Verfügbarkeiten) treten in den
Vordergrund.
Generell ist eine
Entwicklung in Richtung
dezentraler Energieerzeugung
zur Sicherung
Autoren
Stefani Rahmel
ist Partnerin im Bereich „Finance Transformation“ bei der
BearingPoint GmbH in Düsseldorf, mit Branchenschwerpunkt
Utilities.
E-Mail:
Dr. Wolfgang Völl
ist Business Advisor im Bereich „Business Strategy & Transfor-
mation“ bei der BearingPoint GmbH in Düsseldorf.
E-Mail:
Malte Rönz
ist Business Consultant im Bereich „Finance Transformation“
bei der BearingPoint GmbH in Hamburg.
E-Mail:
Abb. 4: Kennzahlen zur Steuerung von Stadtwerken
Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft
Accenture-interne Verwendung