Seite 54 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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rufen Boykottinitiatoren zum Verzicht auf be-
stimmte Produkte auf. Ein individueller Kon-
sumverzicht oder Wechsel zu einem anderen
Anbieter, der ohne einen Aufruf eines Boy-
kottinitiators aufgrund eines unethischen
Unternehmensverhaltens zustande kommt,
kann daher nicht dem Boykottverhalten zu-
gerechnet werden.
·
Spannungsfeld zwischen individuellem
und kollektivem Verhalten:
Da Boykottauf-
rufe nicht rechtsverbindlich sind, müssen
sich Boykottinitiatoren auf die konsumenten-
seitige Boykottneigung verlassen. Einerseits
weisen Boykotts daher Merkmale des Indivi-
dualverhaltens auf. Andererseits sind Boy-
kotts aber auch dem Kollektivhandeln zure-
chenbar.
·
Ziele von Konsumentenboykotts:
Akti-
vistengruppen fokussieren zumeist auf une-
thische Geschäftspraktiken multinationaler
Konzerne. Bei diesen Boykotts fallen das zu
boykottierende Unternehmen und das Boy-
kottziel zusammen. Man spricht daher von
primären Boykotts. Dagegen haben poli-
tische Boykotts die Ächtung von Regie-
rungen o. ä. zum Ziel. Die Verweigerung
des Kaufs von Produkten ist hier nur ein
Mittel zur Erreichung eines übergeordneten
Zwecks. Bei diesen Boykotts werden z. B.
Unternehmen eines bestimmten Landes
bestraft. Man spricht daher von sekundären
Boykotts. Indem Firmen, die in geächtetes
Land investieren oder an schwarzgelisteten
Unternehmen beteiligt sind, sanktioniert
werden, weiten ter t iäre Boykot ts den
Begrif f noch weiter aus (vgl. Friedman,
1999). Zwei wichtige Merkmale, die nicht
aus den Definitionen von Friedman (1985)
und Garret t (1987) abgeleitet werden
können, setzen an den Zielsetzungen der
Boykottinitiatoren an:
·
Grundlegende Zielkategorien von Konsu-
mentenboykotts:
Nach Sen et al. (2001)
kann zwischen ethisch- bzw. sozial-moti-
vierten sowie ökonomischen Boykotts diffe-
renzier t werden. Während die erste Ar t
darauf abziel t, unethische Geschäf ts-
praktiken zu ächten, wird mit ökonomischen
Boykotts versucht, die Zurücknahme von
Preiserhöhungen durchzusetzen.
Angestrebter Zielerreichungsgrad:
Wenn man über eine qualitative Zielkatego-
risierung hinaus auch den Zielerreichungs-
grad berücksichtigt, muss zwischen instru-
mentellen und expressiven Boykotts unter-
schieden werden. Instrumentelle Boykotts
zielen explizit auf die Änderung uner-
wünschter Geschäftspraktiken ab. Expres-
sive Boykotts (z. B. der „Buy Nothing Day“)
verfolgen dies dagegen nur als Nebenziel.
Hier wird die Boykot tdurchführung zum
Selbstzweck, da alleine der Akt des Boy-
kotts das Anliegen der Initiatoren medial in
ein positives Licht stellt und Änderungen
gesellschaftlicher Wertesysteme anstoßen
kann.
Darauf basierend zeigt Abbildung 6a+b
entsprechende
Merkmale des Control-
lingboykotts
. Abbildung 3 veranschau-
licht nämlich anhand der jeweiligen Zu-
stimmung befragter Praktiker (außerhalb
der 15 erwähnten „Boykottunternehmen“),
in welchem Umfang die allgemeinen, vom
Abb. 6a: Merkmale des Controllingboykotts im Spiegel der Praxisbedeutung
Abb. 6b: Merkmale des Controllingboykotts im Siegel der Praxisbedeutung
Controllingboykott und Controllingbehinderung
Accenture-interne Verwendung