Seite 51 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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Trotz dieser
phasenweisen Inevidenz des
Boykottgeschehens
haben jedoch inzwischen
auch die Betriebswirtschafts- und sogar die
Controllingtheorie explizit Boykotts fokussiert,
so dass man jetzt sogar von der Theorieseite
her Controllingboykotts als relevant ansehen
dürfte:
·
Lindenmeier/Tscheulin (2008, 70) stellen z. B.
in ihrem konzeptionellen Beitrag als erstran-
gig zu bearbeitenden Forschungsfokus das
Managerverhalten als Boykotttreiber
dar:
„Betrachtung des Aktivisten- und Manager-
verhaltens: Naturgemäß fokussiert sich der
Großteil der verhaltenswissenschaftlich ori-
entierten Boykottforschung auf die Betrach-
tung von Konsumenten. Die Relevanz einer
tiefergehenden Analyse des Verhaltens von
Managern und Aktivisten […], liegt aber
auch auf der Hand. So könnte untersucht
werden, wie unterschiedliche Entlohnungs-
systeme das Verhalten von Managern im
Kontext von Boykotts beeinflussen.“
·
Auch
Steinle
(2005, 346) bringt Controlling
und Boykott in einem Atemzug bzw. zusam-
men in einem Satz seines Lehrbuchs: „An-
dererseits kann die Unternehmensleitung
ihre Machtbasen so einsetzen, dass die Pla-
nungsmanagement- und Serviceaufgaben
des strategischen Controlling ignoriert oder
boykottiert werden“. Neben diesem mana-
gerseits initiierten Boykott kann aber auch
die
Controlleragilität
(
Witt/Witt
2010j) da-
durch tangiert werden, dass sie – etwa als
Controller’s Konsequenz aus gewisen Mana-
gerverhaltensweisen – sogar aktiv seitens
des Controlling reduziert wird, so dass insge-
samt die Controllingintegrativität leidet (
Witt/
Witt
2011b).
Uns gelang es, konkret in 15 Unternehmen
Boykotts nachzuweisen und dort Daten erhe-
ben zu dürfen (vgl. auch
Witt/Witt
2011b bzgl.
der prozessbezogenen Zusammenarbeit, d. h.
hinsichtlich der
Prozessintegrativität
als Teil
der
Controllingintegrativität
; vgl. auch
Witt/
Witt
2011a). Auf dieser wenn auch sehr gerin-
gen Stichprobe basieren z. T. unsere folgenden
Tendenzergebnisse. Wenn wir uns neben die-
sen theoretischen Aspekten im Folgenden auf
weitere eigene empirische Langzeitergebnisse
stützen (vgl. zusammenfassend im Detail zu
zusätzlichem Datenmaterial und zur Autoren-
aufteilung z. B.
Witt/Witt
2007), so zeigt als Ex-
trakt dieser empirischen Erkenntnisse (mit
Stand der Manuskripteinreichung im Herbst
2008) nun Abbildung 1a+b ganz deutlich, dass
Controllingboykotts sehr wohl ein evidentes
Problem darstellen können (Durchschnittsbe-
trachtung hier zusammenfassend ohne Diffe-
renzierung nach Branchen und Unternehmens-
größen; Befragung von Controllern und Mana-
gern): Anders als
Steinle
dies in seinem
genannten Zitat fokussiert, steht hier im Fol-
genden der
Controllingboykott durch die
Fachabteilungs- bzw. Controllingkunden-
Ebene
im Vordergrund, nicht hingegen – wie
Steinle
– die Umgehung bzw. das Ignorieren
des Controlling seitens des Topmanagement.
Ob man ein solches Gebaren der Geschäftslei-
tung dem Controlling gegenüber begrifflich als
Boykot t bezeichnen sollte, scheint fraglich;
denn zwar ist auch das Topmanagement ein
Controllingkunde, zugleich aber auch die dem
Controlling vorgesetzte Instanz. Wie dem
sprachlich auch nun sei: Ein solcher
„Ge-
schäftsleitungsboykott“
i. S.
Steinles
weist
als
Controllingbehinderung
jedoch lediglich
Abb. 1a: Evidenzen für den Controllingboykott
Abb. 1b: Evidenzen für den Controllingboykott
CM Januar / Februar 2012
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