Seite 50 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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Phänomen
Unzufriedene Konsumenten und/oder
Bürger
äußern ihre Missgunst bzw. Unzufrie-
denheit immer häufiger durch Boykottaufrufe
bzw. Boykottteilnahme – in unserer vernetzten
Welt ist es inzwischen eine Kleinigkeit, einen
Boykott zu initiieren, und es ist inzwischen
sogar so manche Boykot tmüdigkeit und
-überfrachtung der potenziellen Teilnehmer zu
konstatieren. Solche konsumentenseitigen
Boykotts können aber durchaus auch immer
noch durchschlagenden Erfolg zeigen (vgl. die
allen Lesern sicherlich sofort präsenten und
mit Erinnerungen verbundenen Stichwörter
aus all den Jahren, wie etwa
„Shell/Brent
Spa“, „Nokia-Bochum
/Arbeitsplatzsubven-
t ionen“, Lidl /Arbei tsplat züberwachung,
Atomstromproduzenten usw. usw.).
Was hat das mit dem Controlling zu tun? Viel,
denn ein Boykott kann diverse Facetten aufwei-
sen und entsprechend vielschichtig sein:
·
Uns geht es im Folgenden nicht darum,
Konsumentenboykotts mit ihren Con-
trollingimplikationen
(insbesondere etwa
Imageverluste, Erlöseinbrüche, Preispolitik
des Unternehmens auf dessen Absatzmarkt)
zu fokussieren. Diese hier im CM-Beitrag
jedoch nicht weiter verfolgte Perspektive be-
zieht sich auf den klassischen Boykott, wie
er immer wieder medienwirksam wird.
·
Vielmehr steht der – mehr oder minder of-
fene –
Boykott seitens der Controllingan-
wender
auf dem unternehmensinternen
Controllingmarkt im Vordergrund, so dass
auf diese Weise Machtpotenziale
(Witt/Witt
2011c
)
aufeinandertreffen und ggf. auch das
generelle Wohlfühl-Klima im Unternehmen
(Witt/Witt
2009a
)
verändert wird. Dadurch
können langfristig auch Umpositionierungen
der Controllingunit und damit auch verän-
derte Wettbewerbs- und Servicekonzepte
auf die Controllingabteilung zukommen (vgl.
generell etwa
Witt/Witt
2009b). Weist dieser
Aspekt aber überhaupt Relevanz auf? Wir
meinen „Ja“, wie wir immer wieder in der
Praxis – meist allerdings unterschwellig –
feststellen konnten.
Abgrenzung Boykott vs.
Behinderung
Die Kernfrage lautet also zunächst: Ist Boykott
im Controlling bzw. im Folgenden genauer: Ist
Boykott gegen das Controlling und/oder
gegen die Controllingfunktion bzw. -abtei-
lung
ein unter dem Mäntelchen des Schwei-
gens zu behandelndes Thema, weil „man so
etwas gar nicht macht“ und die Problematik
totgeschwiegen bzw. ignoriert wird? Oder ist es
überhaupt gar kein Thema, weil man sich stets
so lieb hat und überdies arbeitsrechtliche Kon-
sequenzen prohibitiv wirken? Nun, Boykotts
sind immerhin strategische Urgesteine im prak-
tischen Wirtschaftsleben bei den beteiligten
Marktparteien. Sie unterliegen indes – da mit-
unter gar nicht von der „Gegenpartei“ wahrge-
nommen – meist nicht der
rationalen Steue-
rung im Zuge der rationalisierten Unterneh-
mensführung
, so dass insofern auch
zumindest in frühen Boykottphasen noch nicht
aktiv gegengesteuert wird, so etwa durch Ver-
handlungen (vgl. generell zum Verhandlungs-
controlling etwa
Witt/Witt
2009c).
Controllingboykott und Controllingbehinderung
Kerin und Frank-J. Witt
Teil 1
Controllingboykott und Controllingbehinderung
Accenture-interne Verwendung