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schieben eines Nachfolgers löst beim bishe-
rigen Grenzgewinn der Ausgangsinvestition
zusätzlich Opportunitätskosten
aus. Die Op-
portunitätskosten berechnen sich als Zinsen (i)
auf den Kapitalwert des Nachfolgers (NPV
N,max
).
Formal gilt für den Grenzgewinn einer zwei-
gliedrigen Investitionskette (G
A+N,n
) aus Sicht
von Aktionären:
(4) G
A+N,n
=G
A,n
– i · NPV
N,max
= R
A,n
+ L
A,n
–
(1+i) · L
A,n-1
– i · NPV
N,max
Gleichung (3) gilt unter der Annahme, dass der
maximale Kapitalwert der Nachfolgeinvestition
bereits bestimmt wurde und somit festliegt.
Freilich kann seine Höhe durch Nutzungsaus-
dehnung der Ausgangsinvestition beeinflusst
werden. Davon wird hier abgesehen und würde
mit Blick auf die praktische Umsetzung auch
einer Überforderung in der Datenprognose für
den Nachfolger gleichkommen.
Im Rahmen einer Modernisierungsüberlegung
ist im Grenzgewinnkalkül als Besonderheit von
Bestandsimmobilien zu bedenken, dass beim
Wechseln von der Abschöpfungsstrategie („un-
modernisierte Immobilienvermietung“) hin zur
Modernisierung kein Liquidationserlös für das
alte Bestandsobjekt anfällt. Dies aber bedeutet,
dass lediglich das operative Nettoeinkommen
der Immobilie im unmodernisierten Zustand mit
den Zinsen auf den maximalen NPV der Immo-
bilie im modernisierten Zustand zu vergleichen
ist. Der Saldo stellt den relevanten zeitlichen
Grenzgewinn dar. Abbildung 7 verdeutlicht die
Berechnung.
Im Fallbeispiel lohnt es sich, die
Modernisie-
rung erst zum Ende des zweiten Planjahres
in Angriff zu nehmen, da die in naher Zukunft
zu erwartenden Rückflüsse aus der noch un-
modernisierten Immobilie die Zinskosten, die
durch zeitliche Verschiebung der Modernisie-
rungsinvestition ausgelöst werden, überkom-
pensieren. Im dritten Planungsjahr ist das nicht
mehr der Fall, weshalb Ende des zweiten Jah-
res der
optimale Wechselzeitpunkt von der
Abschöpfungs- zur Modernisierungsstrate-
gie
liegt. Anders gesagt: Die in Abbildung 7
gezeigten positiven Grenzgewinne zeigen die
mögliche Wertsteigerung für die Investoren an,
wenn zwei weitere Jahre die Abschöpfungs-
strategie beibehalten wird und erst dann die
Modernisierung erfolgt. Freilich sollte dies auf
Basis stets aktualisierter Daten rollierend über-
prüft werden. Genau hier liegt die Stärke des
Grenzgewinnkalküls, das ja die Veränderungen
einer Periode darstellt und damit antizipative
Performancekontrolle erlaubt.
Die bisherigen Ausführungen haben einen NPV
für die Shareholder von 468.418,– GE erge-
ben, wenn man die temporäre Weitervermie-
tung der unmodernisierten Immobilie ausblen-
det. Nun haben wir auf Basis von Abbildung 7
aber die Grenzgewinninformationen, mit denen
wir abschließend den maximalen NPV für die
Eigentümer bestimmen können: Die beiden po-
sitiven Grenzgewinne in Abbildung 7 werden
auf den heutigen Entscheidungszeitpunkt dis-
kontiert und führen laut Abbildung 8 zum opti-
malen Zielwert von rund 475.870,– GE. Zum
Vergleich sind in Abbildung 8 auch die Values
angegeben, die allein im unmodernisierten Zu-
stand in den nächsten drei Perioden hätten
erzielt werden können (Zielwerte der Abschöp-
fungsstrategie). Da sie alle unter dem optima-
len Value liegen, darf eine Modernisierung
nicht unterbleiben. Lässt sich die Immobilie
sogar länger als 10 Jahre im modernisierten
Zustand vermieten, wird der NPV c.p. sogar
größer ausfallen als in Abbildung 8 berechnet.
Fußnoten
1
Zu den einzelnen Immobilienstrategien vgl.
bspw. Kesten, R.: Management und Controlling
von Immobilieninvestitionen, Chemnitz 2001,
S. 89 - 100, mit vielen weiteren Literaturhinwei-
sen. Während bei der Revitalisierung die Nut-
zungsart der Immobilien nicht verändert wird
(„Wohnimmobilie bleibt Wohnimmobilie.“), wird
beim Redevelopment die Art der Nutzung neu
entwickelt („Aus Lagerhalle wird Bürogebäude.“)
2
Gelb hinterlegte Daten sind Eingabedaten in ei-
ner Tabellenkalkulation.
3
Vgl. hierzu bspw. Kesten, R.: Investitionsrech-
nung in Fällen und Lösungen, Herne 2011,
S. 15 - 117.
Teil 2 folgt im CM März/April 2012
Abb. 7: Zeitlicher Grenzgewinn zur Bestimmung des optimalen Modernisierungszeitpunktes für die Bestandsimmobilie
Abb. 8: Net Present Values für die optimale Bestandsimmobilienstrategie
CM Januar / Februar 2012
Accenture-interne Verwendung