Seite 45 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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Unter einem
zeitlichen Grenzgewinn
versteht
man die durch Ausdehnung der Nutzungsdauer
um eine weitere Periode eintretende Verände-
rung des Endwertes eines Investitionsprojektes.
Anders formuliert: Wenn der Investor sein Pro-
jekt nach Ablauf einer Periode betrachtet, kann
er das
Projekt eine Periode weiter betreiben
oder
aber sofort durch
Liquidation
beenden.
Mit der Berechnung des zeitlichen Grenzge-
winns (G
n
) beantwortet man die Frage, ob der
Unternehmer auch in der kommenden Periode
(n) das Projekt fortführen sollte. Für diesen
Zweck antizipiert man zunächst die künftigen
Zahlungen, die sich im Falle einer Nutzungs-
dauerausdehnung ergeben.
In unserem Fall sind das die laufenden Rück-
flüsse an den Investor (R
n
) sowie der dann reali-
sierbare Liquidationserlös (L
n
), der beim Verkauf
nach Abzug der Einkommensteuer ebenfalls
dem Investor zufließen würde. Bei Verzicht auf
eine Weiternutzung könnte der Investor auf so-
fortigen Verkauf der Immobilie bestehen und
dafür den aktuellen Liquidationserlös nach Ein-
kommensteuer (L
n-1
) erzielen. Dieser Erlös so-
wie seine mögliche Wiederanlage (zum Zinssatz
i) am Kapitalmarkt führen am Ende der Folgepe-
riode zu einem Vermögenszuwachs einschließ-
lich einperiodiger Verzinsung (1+i) · (L
n-1
). Im
Falle einer Weiternutzung der Immobilie kann
dieser Vermögenszuwachs nicht erzielt werden
(„Opportunitätskosten“) und ist daher mit den
künftigen Zahlungen, die im Falle einer Weiter-
nutzung erwartet werden, zu saldieren. Formal
gilt damit aus Aktionärssicht:
(1) G
n
= R
n
+ L
n
– (1 + i) · L
n-1
Der zeitliche Grenzgewinn informiert folglich
darüber, ob es im Vergleich zu einer Liquidation
aus rein finanzieller Sicht lukrativ erscheint, die
Vermietung der Immobilie fortzuführen oder
nicht. Abbildung 2 verdeutlicht die künftigen
zeitlichen Grenzgewinne für unser Immobilien-
beispiel.
Danach sollte man das erste Plan-
jahr weiter als Immobilienvermieter agie-
ren
, da ein positiver Grenzgewinn in Höhe von
+4.746,– GE gegenüber Sofor tverkauf zu
411.000,– GE zu erwarten ist.
Der Grenzgewinn im ersten Jahr 1 errechnet
sich wie folgt:
(2) G
1
= 25.491,33 + 408.750 – (1+0,045) ·
411.000 = +4.746,33
Die ersten beiden Werte stellen die
Dividen-
denzahlungen nach Einkommensteuer
an
den Investor dar (operatives Nettoeinkommen,
wenn man die Überschüsse aus der Vermietung
am Jahresende ausschüttet sowie die nach der
Immobilienveräußerung anfallende „Sonder-Di-
vidende“). Von beiden Werten wird die
Oppor-
tunität „Sofort-Verkauf der Immobilie“
sub-
trahiert: Der Sofort-Verkauf zu 680.000,– GE
vor allen Steuern führt zu einer „Sonder-Divi-
Abb. 1: Datenprognose für eine Bestandsimmobilie (unmodernisierter Zustand)
CM Januar / Februar 2012
Accenture-interne Verwendung