9
und Sparringspartner verlangt hingegen „Unab-
hängigkeit“. Wir sollten aber differenzieren: Be-
reits Sathe hat 1982 auf diesen Rollenkonflikt
hingewiesen – er fordert einen „strong control-
ler“: Wenn frühzeitig, proaktiv beteiligt, kann
der Controller schon rationalitätssichernd ein-
greifen „before the fact“ („proactive action may
stop developments before they occur“) – wenn
notwendige Fähigkeiten (und Persönlichkeit)
vorhanden sind – gibt es laut Sathe keinen Rol-
lenkonflikt. Frühzeitiges Involvement – z. B. bei
Themenauswahl für Verbesserungsworkshops.
Wann und wo wird angesetzt, dies ist in diesem
Zusammenhang die entscheidende und auch
klärende Frage.
Biel:
Sie können sicher auch hierzu wieder
etwas aus dem Nähkästchen plaudern …
Sandt:
Natürlich: Ich habe erlebt, dass in einer
Organisation sich einige Mitarbeiter über meh-
rere Wochen damit beschäftigt haben, die ex-
ternen Reinigungskosten zu senken. Allerdings
machten diese nur einen geringen Prozentsatz
von den Gesamtkosten aus. Ein falscher Fokus.
Hier
könnten Controller sicherstellen, dass
die Ressourcen an den richtigen, sprich
wirksamen Hebeln angesetzt werden
. Dazu
noch eine Bemerkung. Dieses Beispiel zeigt,
dass Controller verstärkt dazu beitragen müs-
sen, das kaufmännische Verständnis operativer
Führungskräfte und Mitarbeiter zu verbessern.
Dann können diese selbst proaktiv ihre Res-
sourcen zielgerichteter einsetzen.
Dr. Dr. h. c.
Albrecht Deyhle
, den wir beide sehr schätzen
– und sicher auch viele Controllerinnen und
Controller –
verwendet das Bild: „Mit dem
Flipchart unterm Arm.“
M. E. könnten Controller hier noch viel mehr
machen und auch erreichen: Einmal am Flip-
chart die Elemente der GuV bzw. des (finanzi-
ellen) Managementberichts erklären. Mir ist
schon öfters vorkommen, dass operative Füh-
rungskräfte in Unternehmen, die schon vor
Jahren wertorientierte Steuerungssysteme
eingeführt haben, nicht verstehen, warum die
Mindestrendite – im Finanzjargon WACC ge-
nannt – bei beispielsweise 9% (vor Steuern)
liegt. Sie sehen es als zu hoch, da sie dies oft
mit den aktuellen Zinssätzen ihres Sparkontos
vergleichen. Sie verstehen evtl. einen EBITDA
bzw. EBITDA-Marge, ggf. noch den EBIT, aber
warum reicht ein EBIT von x Millionen immer
noch nicht, um Wert zu schaffen? Warum ist
eine EBITDA-Marge von 20 % nicht ausrei-
chend? Hier muss erst ein Verständnis ge-
schaffen werden.
Biel:
Haben nicht auch andere Berufsgruppen
Rollenkonflikte zu bewältigen? Mir fällt dazu in
meiner journalistischen Rolle einiges ein …
Sandt:
… mir als Hochschullehrer und Unter-
nehmensberater auch …
Biel:
… da Controllerinnen und Controller be-
lastbar und engagiert sind, können sie sicher
auch damit erfolgreich umgehen.
Biel:
Lieber Herr Prof. Dr. Sandt, es ist mir ein
besonderes Anliegen, Ihnen sehr herzlich zu
danken für dieses Interview und für die überaus
angenehme Zusammenarbeit vor und nach un-
serer Diskussion. Das Ambiente, Umfeld und
die Atmosphäre Ihrer Hochschule hat mich sehr
beeindruckt, dazu zählt auch die Freundlichkeit
Ihrer Kolleginnen und Kollegen sowie Stu-
denten. Besten Dank auch von Herausgeber
und Redaktion sowie insbesondere von un-
seren Leserinnen und Lesern.
Bitte lassen Sie mich einige Merksätze fest-
halten:
·
Es genügt nicht aufzuzeigen, die Ampel ist
auf Gelb, sondern man muss auch helfen, sie
wieder auf Grün zu setzen.
·
Auf dem Weg zum Business Partner bietet
die proaktive Unterstützung von Verände-
rungsprozessen ein hohes Potenzial für Con-
troller.
·
Man kann nicht alles machen, man kann sich
aber im Unternehmen gut vernetzen und ei-
gene Methoden und Systeme mit anderen
Bereichen verknüpfen.
·
Wenn man frühzeitig hinweist und warnt,
erspart man sich spätere Konflikte, auch
Rollenkonflikte.
Fußnote
1
Sandt /Weber: Controlling und Change Ma-
nagement, Band 78 Advanced Controlling,
Weinheim 2011, S. 15.
2
Sandt /Weber: Controlling und Change Ma-
nagement, Band 78 Advanced Controlling,
Weinheim 2011, S. 26.
3
Sandt /Weber: Controlling und change Ma-
nagement, Band 78 Advanced Controlling,
Weinheim 2011, S. 41.
Autoren
Dipl.-BW Fachjournalist Alfred Biel
betreut seit vielen Jahren ein führendes Literaturforum (Print und
Online) im Controller Magazin des Verlags für ControllingWissen
(VCW). Er arbeitet als Rezensent, Autor und Interviewer für ver-
schiedene Medien im In- und Ausland. Des weiteren ist er Leiten-
der Fachredakteur im Internationalen Controller Verein (ICV) und
Moderator im Deutschen Fachjournalisten Verband (DFJV), in dem
er Ehrenmitglied ist. Nach seinem Studium war er viele Jahre in
einem Konzern der Automobilindustrie mit Schwerpunkt Projekt-
management sowie Methoden und Systeme verantwortlich tätig.
Danach absolvierte er die Deutsche Fachjournalisten Schule und
qualifizierte sich als Fachjournalist (DFJS).
E-Mail:
Prof. Dr. Joachim Sandt
ist Professor für Unternehmensführung und Controlling an
der Internationalen Hochschule Bad Honnef-Bonn. Ein redu-
ziertes Lehrdeputat ermöglicht ihm, weiterhin als Unterneh-
mensberater und Trainer tätig zu sein. Seine Forschungs-
und Beratungsschwerpunkte sind Entwicklung und Imple-
mentierung von Kennzahlen- und Steuerungssystemen zur
Unterstützung von Strategieimplementierung und Prozess-
verbesserungen sowie Organisationsentwicklung.
E-Mail Adresse:
CM Januar / Februar 2012
Accenture-interne Verwendung