Seite 10 - CONTROLLER_Magazin_2012_01

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Biel:
Befasst sich die betriebswirtschaftliche
Theorie auch mit diesen Fragestellungen?
Sandt:
Ja, durchaus. Die ist auch in der Con-
trolling-Forschung derzeit ein Thema unter dem
Rubrum
„Management Control Systems as
a package“
– es kommt auf die Art und Weise
der Verknüpfung und Verzahnung der Steue-
rungssysteme an, um deren Effektivität zu
verstehen. Dazu gab auch der renommierte
finnische Forscher Teemu Malmi auf der dies-
jährigen ACMAR – Annual Conference for Ma-
nagement Accounting and Control an der WHU
in Vallendar die Keynote.
Biel:
Kommt es bei Veränderungsprozessen
mehr auf Führung oder mehr auf Strukturen
an?
Sandt:
Führung – Leadership ist unersetzbar.
Methoden und Strukturen sind notwendig, aber
nicht hinreichend.
Biel:
Der Controllerpreis 2011, der auf dem 36.
Congress der Controller verliehen wurde, wurde
bezeichnenderweise für die Begleitung eines
langjährigen Projekts durch das Controlling ver-
geben, und zwar der McDonald
s Deutschland
Inc. für das Projekt „Initiativencontrolling Mc-
Café“. „Die Kernmerkmale dieses ausgezeich-
neten Projekts liegen zum einen in der Konse-
quenz, den Aufbau eines Geschäftsfelds von
der ersten Idee bis zur erfolgreichen Implemen-
tierung und Weiterentwicklung über Jahre hin-
weg zu begleiten und zu unterstützen. Zum an-
deren ist die Entwicklung der Controller selbst,
vom reinen Zahlenlieferanten zum Business
Par tner, hervorzuheben. Beides in Summe
macht das Projekt zu einem würdigen Gewinner
des diesjährigen Controllerpreises“, wie Jürgen
Weber als Vorsitzender der Jury ausführte. Ist
dies ein Zukunftsmodell für Controller? Wollen
und können Controller solche anspruchsvollen
Aufgaben wahrnehmen – und dürfen sie es
auch aus Sicht des Managements?
Sandt:
Spitzenbeispiele belegen, dass
Controller in der Unternehmenspraxis zu-
nehmend die Rolle als Change Agent an-
nehmen und auch erfolgreich praktizieren.
Insofern diskutieren wir durchaus ein „Trend-
thema“.
Biel:
Ein Change Agent ist ein Erneuerer, ein
Betreiber des Wandels. Er bringt sich im Ent-
wicklungsprozess ein und beeinflusst diesen,
indem er forciert, steuert und unterstützt.
Können Sie Controllerinnen und Controller zu
dieser Aufgabe motivieren, in dem Sinne:
„Veränderungen proaktiv unterstützt durch
Controller“, sozusagen als Untertitel und Gü-
tesiegel von betrieblichen Veränderungsmaß-
nahmen?
Sandt:
Controller und natürlich auch Con-
trollerinnen sollten sich fragen: Was ist
mein Wertbeitrag?
Das ist für eine Stabsab-
teilung schwierig.
Welche (operativen) Ver-
änderungen haben sie mit angestoßen?
Sie
sollten dafür sorgen, dass operative Führungs-
kräfte das Finanz- und Rechnungswesen ver-
stehen. Und verstehen, diese Brille – neben den
anderen – aufzusetzen und klarer auch aus
Sicht ihrer jeweiligen Kunden zu sehen. Wie
sieht die Verzahnung mit anderen Stabsabtei-
lungen aus? Eine mögliche Strategie kann sein:
Organisationsentwicklung bzw. KVP mit dem
Controlling besser aufeinander abzustimmen,
durchgängiger zu machen und miteinander zu
vernetzen. Wenn z. B. kein KVP da ist, sollte ein
(schlankes) KVP angestoßen und strukturiert
werden. – ggf. mit einem (ehemaligen) Control-
ler als Leiter – zudem eine wunderschöne per-
sönliche Weiterentwicklung für die betreffende
Person.
Biel:
Über die Mühsal und Probleme der Con-
troller habe wir bereits zu Beginn gesprochen.
Wir nähern uns dem Schluss unseres Dis-
kurses, daher die Frage, ist Change Manage-
ment nicht auch eine Chance für Controller?
Sandt:
Ja, natürlich!
Controller haben die
Chance, sich als Change Agent weiterzu-
entwickeln.
Dadurch dienen sie nicht nur ih-
rem Unternehmen, sondern häufig auch sich
und vielfach auch ihrer persönlichen Karriere.
Infolgedessen kann ich unsere Leserinnen und
Leser nur ermutigen, sich mit dieser Chance
näher auseinanderzusetzen. Ich wünsche dabei
viel Erfolg!
Biel:
Controller definieren sich über Führungs-
unterstützung und sehen sich gerne als Ratio-
nalitätssicherer. Je mehr aber Controller ihre
Rolle erweitern, selbst aktiv tätig werden, sich
z. B. am Change Management beteiligen, desto
schwieriger ist es, als unabhängiger Navigator
und ökonomisches Gewissen aufzutreten und
sich letztlich auch als Rationalitätssicherer zu
verstehen. Die wachsende Komplexität der
Controller-Tätigkeit spiegelt sich auch in den
zugewiesenen Attributen, in den charakterisie-
renden Eigenschaften wider.
So herrscht heu-
te weitgehend Konsens, dass Controller
Mitverantwortung tragen.
In der neueren Li-
teratur ist teilweise bereits vom
„Mitführen“
die Rede. Geraten Controller nicht durch ihre
zusätzliche Aufgaben in ein Dilemma hinsicht-
lich ihrer Funktion und ihres Selbstverständ-
nisses?
Sandt:
Sie treffen den Nagel auf den Kopf: Ja,
es gibt hier einen Rollenkonflikt, und zwar der-
art: Die Rolle Business Partner verlangt „In-
volvement, aktives Mitmachen, sich an etwas
beteiligen“ – die Rolle kritischer Counterpart
Controller als Change Agent
Abb. 3: Aufgaben und Verknüpfungsmöglichkeiten von Controllern und Six Sigma-Rollen im Rahmen von KVP
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Accenture-interne Verwendung