Seite 91 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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rungen (2 - 5 %) könnten ein guter Maßstab
sein. In Sonderfällen kann man auch an die
Performance von Aktien (Dividende plus Wert-
zuwachs) oder Fonds denken.
Als zusätzliche Schwierigkeit in der Anlagesitu-
ation ist der Steuereffekt zu berücksichtigen.
Denn jenseits der geringen Freibeträge (801 €
p. a. für Ledige) müssen Einkünfte aus Kapital-
vermögen versteuert werden. Es gilt die ein-
hei t l iche Abschlagssteuer, welche dann
26,375% (ohne Kirchensteuer) beträgt.
Vergleichszinssätze für
Unternehmen
Unternehmen befinden sich fast aus-
schließlich in der Kreditsituation
. Denn es
ist praktisch nie sinnvoll, Finanzanlagen durch-
zuführen, weil es immer höher verzinste Kredite
gibt, deren Tilgung vorteilhafter ist. Kredit erhält
das Unternehmen jedoch nur, wenn es hinrei-
chend viel Eigenkapital als Risikopuffer vorwei-
sen kann. Insofern ergibt sich der jährliche Ver-
gleichszinssatz i für Unternehmen als
Misch-
zinssatz aus Kreditzinssatz und gefor-
derter Eigenkapitalverzinsung.
i = EKA * i
EK
+ (1-EKA) * i
FK
(1)
i Jährlicher Kalkulationszinssatz ( Ver-
gleichszinssatz p. a.)
EKA Eigenkapitalanteil
i
EK
Eigenkapitalverzinsung
i
FK
Fremdkapitalzinssatz
Der Eigenkapitalanteil EKA bestimmt sich aus
den Eigenschaften des Investitionsobjektes. Er
muss hoch sein, wenn ein hohes Risiko vorliegt,
die Laufzeit lang und die Fungibilität gering ist.
Denn bei geringer Fungibilität hat der Fremdka-
pitalgeber nur wenige Möglichkeiten, das Wirt-
schaftsgut im Falle von ausbleibenden Zah-
lungen zu verwerten. Bei Fahrzeugen ist der
Fall hoher Fungibilität gegeben, weil es jeder-
zeit verkauft werden kann, wobei ggf. nur ge-
ringe Preisopfer gebracht werden müssen.
Die Ertragssteuersituation ist einfacher, weil im
Unternehmen alle Zahlungen früher oder später
zu Betriebsausgaben führen. Ein Fahrzeug, das
vor Steuern günstiger ist, ist dies fast immer
auch nach Steuern, solange die gleichen Steu-
erregeln gelten. Steuern können somit häufig
vernachlässigt werden.
Es sei darauf hingewiesen, dass sich die
Fremd- und Eigenkapitalzinssätze natürlich
auch im Zeitablauf ändern können. Dies ist ins-
besondere dann relevant, wenn der Anleger er-
wartet, irgendwann von der Kreditsituation in
die Anlagesituation zu kommen. Dann wären
periodenspezifische Zinssätze zu verwenden.
Kalkulation
Liegen Zahlungen wie z. B. Leasingraten vor,
die immer in der gleichen Höhe und im gleichen
zeitlichen Abstand anfallen, so kann die Abzin-
sung sehr einfach mit Barwertfaktoren erfol-
gen. Barwertfaktoren sind nichts anderes als
Summen von Abzinsungsfaktoren bzw. multiple
Abzinsungsfaktoren. Es sei zunächst davon
ausgegangen, dass die Zahlungen jeweils am
Periodenende eintreffen. Dann gilt folgende
Formel (vgl. z. B. Götze, S. 68):
BW
0n
= (q
tn
-1) / (q
tn
* i) * R in € in t=0
(1)
BW
0n
Barwert in t=0 für nachschüssige Zah-
lungen
q Zinsfaktor (1+i)
tn Anzahl Perioden (hier: Monate)
R Rate
Der Quotient (q
tn
-1)/(q
tn
* i) wird auch als Bar-
wertfaktor oder Rentenbarwertfaktor bezeichnet.
Formel (1) möge in unserem Fall für monatlich
wiederkehrende Zahlungen gelten. Handelt es
sich um Leasingraten, so ist die Formel (1) we-
gen der Vorschüssigkeit der Leasingraten noch
mit dem Zinsfaktor q zu multiplizieren:
BW
0v
= (q
tn
-1)/(qtn * i) * q * R in € in t=0 (2)
BW
0v
Barwert in t=0 für vorschüssige Zah-
lungen
Diese Formel sei auf unser Beispiel angewendet.
In einem Leasingvertrag seien 36 Leasingraten
von je 599,55 € pro Monat zu bezahlen. Es gel-
ten wieder 7 % als effektiver Jahreszinssatz
bzw. 0,5654 als Monatszinssatz. Der Barwert
der vorschüssigen Leasingraten lautet dann:
BW
0v
(i=0,5654%;tn=36) =
0,22504/0,006927 *1,005654 * 599,55 (2a)
= 32,6735 * 599,55 = 19.592,67 in € in t=0
Die minimale Differenz von 12 Cents stammt
aus Rundungen der Leasingrate. Wenn dann
am Ende der 3 Jahre ein Verlängerungsvertrag
über 2 Jahre abgeschlossen wird, so sind die
Leasingraten zunächst mit dem vorschüssigen
Barwertfaktor auf den Zeitpunkt t=36 zu be-
ziehen und danach im zweiten Schritt um 36
Monate auf den Startzeitpunkt t=0 abzuzinsen.
Neustrukturierung der
Leasingangebote
Die Diskussion der Vor- und Nachteile hat ge-
zeigt,
dass Leasingverträge dann sinnvoll
sein können,
wenn der Leasinggeber Vorteile
bei der Beschaffung und / oder der Vermark-
tung am Laufzeitende in die Waagschale wer-
fen kann. Wenn es dann noch Unterschiede in
den Zinssätzen bei Leasingnehmer und Lea-
singgeber gibt, so sind für beide Seiten wir-
kende Verbesserungen möglich.
Vorteile für Geschäftskunden
(BtB)
Vollständige Zahlung am Ende
Wenn der Kalkulationszinssatz des Leasingge-
bers geringer ist als der des Leasingnehmers,
dann empfiehlt es sich, die Zahlung der Leasin-
graten möglichst weit nach hinten zu schieben.
Im Extremfall wird auf eine Anzahlung und die
laufenden Raten verzichtet, zugunsten einer
einzigen hohen Zahlung am Ende.
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Für unser
Beispiel sei angenommen, dass der Kalkulati-
onszinssatz des Leasingnehmers 10% betrage,
so dass eine Verschiebung aller Zahlungen auf
das Laufzeitende Sinn macht, weil der Leasing-
geber Kapitalkosten von 7% hat. Er muss dann
am Ende 40.000 € * 1,07 = 49.001,72 € for-
dern, um den Kaufpreis inkl. seiner Zinsen zu
amortisieren. Da der Restwert 25.000 € be-
trägt, muss sich die einmalige Zahlung am
Ende der Laufzeit auf 24.001,72 € belaufen.
Der Vorteil gegenüber den 36 Raten von je
599,65 € (siehe oben) pro Monat ist beträcht-
lich. Diese würde sich nämlich mit dem Kalku-
CM September / Oktober 2011