Seite 77 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

Basic HTML-Version

75
tierten Unternehmen untersucht, ausgewähl-
te Konzepte zur Übertragung auf nicht bör-
sennotierte Unternehmen vorgestellt sowie
entsprechenden Handlungsempfehlungen
formuliert.
Bestimmung der Kapitalkosten
1
Die Kosten des im Unternehmen investierten
Kapitals setzen sich aus den Bedienungsan-
sprüchen der Kapitalgeber zusammen, die mit
den
gewichteten durchschnittlichen Eigen-
und Fremdkapi talkosten, dem WACC
(Weighted Average Cost of Capital),
quanti-
fiziert werden können. Auf die allgemeine Be-
schreibung des WACC wird an der Stelle ver-
zichtet, sie ist im Bedarfsfall zum Download von
unserer Homepage
angeboten.
Betafaktor mittels linearer
Regression
Aus dem Streudiagramm aus Rendite des
Marktes und der Rendite des Anlagetitels
lässt
sich beispielsweise nach SHARPE
2
der Be-
tafaktor unter Anwendung einer linearen
Regression direkt ermitteln
. Platziert wird
die Trendgerade dabei so, dass die quadrierten
Abweichungen der Datenpunkte von dieser
Trendgerade auf das mögliche Minimum redu-
ziert werden. Die daraus resultierende Gera-
dengleichung enthält als Koeffizient der Stei-
gung den Betafaktor dargestellt, vergleiche
auch Abbildung 1. Die Regressionsgerade zeigt
an, wie sich ein bestimmter Anlagetitel im Ver-
gleich zum Markt entwickelt, wobei eine Stei-
gung von 45 Grad einem Betafaktor von 1 ent-
spricht.
3
Ansatzpunkte für Kritik
am mathematischen
Vorgehen der linearen Regression liefert vor
allem die Tatsache, dass große Abweichungen
von der Trendgeraden durch die quadrierte Be-
trachtung überbewertet werden. Dadurch kann
sich bereits aufgrund weniger Ausreißer ein
signifikant verändertes Ergebnis ergeben. Aus
mathematischer Sicht besteht die alternative
Möglichkeit, das Modell der einfachen linearen
Regression durch eine multiple lineare Regres-
sion mit mehreren abhängigen Variablen zu er-
setzen. Allerdings kommt dieser Ansatz zur Be-
stimmung des Betafaktors mittels CAPM kaum
zur Anwendung. Vor allem die Bestimmung
multipler abhängiger Variablen für die Beurtei-
lung der Entwicklung von Wertpapieren ist mit
entsprechenden Problematiken verbunden.
4
Eine multiple lineare Regression zur Bestim-
mung der Eigenkapitalkosten kommt bei dem
von ROSS
5
, in Reaktion auf die Kritik am
CAPM von ROLL
6
, entwickelten Arbitrage Pri-
cing Model (APM) zur Anwendung. Hierbei
wird kein Gleichgewicht des Marktes mehr ge-
fordert, sondern lediglich die fehlenden Mög-
lichkeiten zu ökonomischer Arbitrage
7
. Die we-
sentlichen Vorteile des APM liegen nach ROLL
und ROSS
8
in der Vielzahl der erklärenden
Faktoren, was NOWAK
9
durch die Entwicklung
eines Multi-Beta CAPM größtenteils relativiert.
WOS
10
fasst zusammen, dass für das APM die
Existenz eines Marktportfolios ebenso unnötig
ist wie die Unterstellung normalverteilter Ren-
diten. Dennoch konnte sich der Ansatz bis
heute, vorwiegend aufgrund der komplexen
Berechnungsmethodik, in der Praxis nicht
durchsetzen.
Entwicklung von Betafaktoren
Basierend auf den Entwicklungen des Kapital-
marktes können die Betafaktoren der zu unter-
suchenden Branchen und Unternehmen be-
rechnet werden. Für diesen Zweck wurden die
30 Unternehmen des DAX
nach Leistungs-
schwerpunkt eingeteilt und mit den Ergebnis-
sen der entsprechenden Branchenindizes der
Deutschen Börse verglichen.
Der höchste Betawert wurde mit 1,41 vom
Automobil-Portfolio im Jahr 2009 erzielt.
Im selben Jahr fiel der Betawert des Tech-
nologie-Por t folios mit 0,62 am nied-
rigsten aus.
Während sich das Por t folio
Dienstleistung und Konsum
stetig deutlich
unterhalb eines Betawertes von 1 bewegt,
kann beim
Versorger-Portfolio
eine starke
Schwankung beobachtet werden. Die Werte
liegen dabei sowohl unter als auch oberhalb
der Marktreferenz. Eine vergleichbare Darstel-
lung für die relevanten Branchenindizes der
Deutschen Börse wird mit der Schwankung
des
Versorger- und Energieportfolios
ver-
deutlicht. Hierbei ist festzuhalten, dass eine
Erhöhung von 0,71 im Jahr 2004 auf einen
Wert von 1,82 nur 3 Jahre später eine Bestim-
mung zukunftsorientierter Eigenkapitalkosten
nahezu unmöglich gestaltet. Versorger sind
eher defensive Anlageformen, wohingegen in
der Branche der Ressourcen offensive Ansätze
erkennbar sind.
Konsistent zu den bisherigen Ausführungen
zeigt auch Abbildung 2 eher defensive Beta-
werte im Bereich
zwischen 0,58 und 1,12 für
die beiden Versorger E.ON und RWE
. Die Fi-
nanzdienstleister
Allianz, Commerzbank und
Deutsche Bank
hingegen weisen mitunter
recht hohe Betawerte von bis zu 1,93
auf.
Die Vertreter der Automobilindustrie bewegen
sich in der Regel im Bereich der Marktreferenz,
wobei auch Ausreißer nach oben zu finden sind.
CM September / Oktober 2011
Abb. 1: Ermittlung des Betafaktors mittels linearer Regression – Quelle: Renditeentwicklung von E.ON und DAX
im ersten Quartal 2010, S. 50