Seite 72 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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Produktkatalog und
beauftragt
in der Umset-
zung nicht hoheitlicher Aufgaben häufig
auch
Dritte, oftmals NPOs
. Diese Organisationen
richten ihre Leistungspalette nach den Zielen
der Finanzgeberinnen aus, worunter die öffent-
liche Hand einen mehr oder weniger promi-
nenten Platz einnehmen kann.
Diese Kreisläufe werden häufig getrennt vonei-
nander betrachtet, was in Hinblick auf die ope-
rativen Ziele durchaus angemessen ist. Strate-
gisch betrachtet jedoch ist auf die Schnittstel-
len bzw. Berührungspunkte zu achten. Da-
durch sind die genannten Ebenen ineinander
verzahnt und das Ergebnis jedes einzelnen
Kreislaufes wirkt sich mehr oder weniger di-
rekt auf die anderen Steuerungssysteme aus.
Sollen die von der Politik vorgegebenen und
von der Verwaltung geplanten Wirkungen er-
reicht werden, braucht es eine Gesamtbe-
trachtung des Systems.
Besonders der
Übergang von den Zielen der Verwaltung
zu den Aktivitäten der NGOs erfordert ei-
nen gut abgestimmten Prozess
, um bei der
Zielgruppe tatsächlich jenes zu bewirken, was
politisch intendiert und von der Förderstelle
beauftragt war.
Strategischer Dialog als Eckpfeiler
der Steuerung am Beispiel der
Frauenförderung im Land Salzburg
Der Weg von der Produktdefinition zu Ziel- und
Leistungsvereinbarungen (auch Kontrakte ge-
nannt) ist erfahrungsgemäß holprig
5
. Es be-
währt sich, in einen strategischen Dialog einzu-
treten, der Verwaltung und NGOs auf Augenhö-
he zusammenkommen lässt, um Begriffe, Ziele
und Aktivitäten gemeinsam zu erarbeiten. Ins-
besondere geht es in diesem Prozess darum,
gemeinsame Wirkungsziele zu formulieren und
zu überlegen, durch welche Leistungen und
Zwischenziele die NPOs dazu beitragen, die
übergeordneten Wirkungsziele der öffentlichen
Verwaltung zu erreichen.
Diesen Weg ist die Stabstelle für Chancen-
gleichheit, Anti-Diskriminierung und Frau-
enförderung des Landes Salzburg gegan-
gen:
Der strategische Dialog wurde zunächst in
Form eines Pilotprojektes mit vier Vereinen,
später mit allen Fördernehmenden der Stab-
stelle umgesetzt. Den Ausgangspunkt stellte
die Reihe von internen und externen Leistungen
der Stabstelle selbst dar, die in Form eines Pro-
duktkatalogs beschrieben sind und an die eige-
nen strategischen Wirkungsziele anknüpfen. Da
handelt es sich etwa um Gender Mainstrea-
ming in der Salzburger Landesverwaltung, öf-
fentliche Bewusstseinsbildung sowie vor allem
auch um Förderung von Organisationen zum
Schutz sowie zur Gleichstellung und Förderung
von Frauen in verschiedenen Bereichen, wie
etwa Gesundheit oder Arbeitsmarkt. Die
Leistungen für die Frauen, die Kundinnen, wer-
den dabei vor allem von den Non-Profit-Organi-
sationen erbracht, die – in verschiedenstem
Umfang – von der Stabstelle auf der Basis for-
maler Kontrakte, in denen politische Ziele aber
auch Kundinnen-Bedürfnisse Eingang finden,
gefördert werden.
Die Herausforderung, vor der die Beteiligten
dieses Prozesses standen, lag in der
Kopplung
der finanziellen Förderungen des Landes
an die Frauenorganisationen mit den ge-
meinsam entwickelten Wirkungszielen
. In
einem Prozess, der sich über die Jahre 2008
-2011 erstreckt hat, ist es gelungen,
quali-
tätsvolle Leistungen der NPOs
auf die Ziele
der Auftraggeberinnen sowie auf die Bedürf-
nisse der Kundinnen hin auszurichten. Beson-
ders interessant ist dabei, dass die Erfahrungen
aus der operativen Arbeit mit den Kundinnen in
Form regelmäßiger Dialoge mit dem Land in die
politische Arbeit einfließen. Entwicklungen,
Trends oder Herausforderungen werden so
frühzeitig erkannt und thematisiert und somit
den spezifischen Bedürfnissen der einzelnen
Zielgruppen Rechnung getragen (vgl. Abbil-
dung 2).
Mindestens genauso wichtig wie die inhaltliche
Dimension des strategischen Dialogs, wie etwa
der Zielformulierung, sind auch
Fragen der
Kontext- und Rollenklärung
. Sowohl die öf-
fentliche Verwaltung als auch die leistungser-
bringenden NPOs agieren in jeweils spezi-
fischem Kontext, der den strategischen sowie
den operativen Handlungsspielraum wesentlich
beeinflussen kann. Dabei kann es sich etwa um
die
Möglichkeit zur Mitteldisposition
sowie
längerfristiger Zusage
auf der Seite der Ver-
waltung oder – auf Seite der NPOs – um
Pro-
duktangebotsentscheidungen
oder auch
Transparenz über andere Förderbeziehungen
handeln. Dieser Kontext beeinflusst wesentlich,
welche Beiträge jeweils durch die Kooperations-
partnerinnen geleistet werden und wie konkret
die Rollenteilung in der Kooperationsbeziehung
aussehen kann. Im Zuge des strategischen Dia-
logs hat es sich als hilfreich erwiesen, genau
diese Rollenklärung sorgsam vorzunehmen, d. h.
die wechselseitigen Erwartungen, Aufgaben
und Verantwortlichkeiten zu klären.
Im Fallbeispiel hat es sich als entscheidend er-
wiesen, den Partnerinnen Einblicke in den eige-
nen Handlungsspielraum zu geben und so den
Gesamtkontext besser verständlich zu machen.
Der wechselseitige Austausch von Erwar-
tungen rundete das Verständnis füreinan-
der ab:
eine Basis für weitere vertrauensvolle
Zusammenarbeit war geschaffen und es wur-
den weitere Kooperationen, wie etwa die Ent-
wicklung gemeinsamer Marketinginitiativen
oder auch neuer (gemeinsamer) Dienstlei-
stungen, vereinbart.
Ein positiver „Nebeneffekt” des Austausches
war und ist, dass das gegenseitige Verständnis
steigt – man versteht das Handeln des / der Ko-
operationspartnerin in einer bestimmten Situa-
tion besser. Etwa warum die fördergebende
Stelle bestimmte Berichte benötigt oder auch,
dass es für die berichtserstellende NPO her-
ausfordernd sein kann, den unterschiedlichen
Berichtsanforderungen aller fördergebenden
Stellen nachzukommen. Hier hilf t ein
gut
durchdachtes und abgestimmtes Berichts-
Abb. 1: Merkmale eines Produktes
2
Wirksame Steuerung setzt einen strategischen Dialog voraus