Seite 56 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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In einem nächsten Schrit t muss nun das
„Pflichtenheft” des Controllings
ausformu-
liert werden. Somit ist es zwingend erforderlich,
dass eine grob wertende Beschreibung auf der
Basis des Leitbilds erstellt wird, wie und für
wen die Controllingprozesse gelebt und umge-
setzt werden. Hier geht es nun um: „Die Dinge
richtig tun” – und zwar angepasst an die unter-
nehmensindividuellen Gegebenheiten.
Bevor aber die Beschreibung der Prozesse
vorgenommen werden kann, muss die Erwar-
tungshaltung des Unternehmensumfelds an
die Produkte des Controllings konkretisiert
werden.
Auf Basis der im Leitbild erwähnten Aufgaben
des Controllings kann sich so beispielsweise
die Fragestellung ergeben, die im Rahmen der
Rollenbeschreibung eines Controllers und der
Ausgestaltung der Prozesses im Controlling im
Unternehmen geklärt und für das Controller’s
Selbst definiert sein sollte:
·
Inwieweit genau kann und muss der Control-
ler die Entscheidungsvorbereitung des Ma-
nagements unterstützen und in welcher
Form und Ausprägungstiefe soll diese Unter-
stützung ausfallen?
·
Konkret heißt dies: Wo hört die Unterstüt-
zung des Managements durch den Controller
auf und wo fängt die Übernahme von Verant-
wortung des Controllers für getroffene Ent-
scheidungen an?
Die Diskussion dieser Fragestellung erfolgt
durch Vorstellung zweier möglicher unter-
schiedlicher Ausprägungen, die kritisch disku-
tiert und abschließend mit einer Empfehlung –
unter Reflexion bisheriger Erfahrungen des Au-
tors – für die Praxis „besiegelt” werden.
Controller als Entscheidungsvor-
bereiter oder Entscheidungsträger?
Controller sollen führungs- und steuerungsrele-
vante, empfängerorientiert aufbereitete Infor-
mationen liefern, damit auf Basis von Analysen
der Informationen das Unternehmensmanage-
ment in der Unternehmenssteuerung
unter-
stützt
wird. Damit wird die Informationsversor-
gung des Unternehmensmanagements sicher-
gestellt – sozusagen die Grundversorgung für
das tägliche Arbeiten.
Dabei kann sich die Funktion des Controllers
auf die des Entscheidungsvorbereiters be-
schränken, oder er wird als Entscheidungsträ-
ger mit in den Entscheidungsprozess eingebun-
den. In beiden Varianten sind Controller in ir-
gendeiner Form immer Teil der unternehme-
rischen Entscheidungsprozesse.
Die Abgrenzung, inwieweit Entscheidungen nun
durch Controller oder Manager am Ende des
Tages gefällt und zu verantworten sind, wird
u. a. in Abhängigkeit der Unternehmenskultur
höchst unterschiedlich gehandhabt.
Entscheidungsvorbereiter oder Entscheidungs-
träger? – gibt es die idealtypische Rolle für den
Controller?
A. Entscheidungsvorbereiter versus
Entscheidungsträger
Um diese Fragestellung beantworten zu kön-
nen, ist zuerst ein gemeinsames Verständnis zu
erwirken, was sich hinter den beiden Begriffen
überhaupt verbirgt.
In diesem Zusammenhang wird unter
Ent-
scheidungsträger
eine natürliche Person ver-
standen, die – auf Grund ihrer Stellung (im
Sinne einer Berechtigung, Entscheidung tref-
fen zu können) – aus einer Reihe von alterna-
tiven Möglichkeiten auf Basis ihrer vorhan-
denen oder erworbenen Kompetenzen eine
Entscheidung hinsichtlich der Umsetzung und
Verfolgung einer konkreten Alternative trifft
und für die Folgen dieser Entscheidung die
Verantwortung trägt.
Dagegen wird hier unter einem
Entscheidungs-
vorbereiter
derjenige verstanden, der aus An-
lass einer Entscheidungssituation eine Analyse
der Umweltbedingungen durchführt. Hierzu kann
der Entscheidungsvorbereiter durch einen Ent-
scheidungsträger beauftragt werden oder proak-
tiv handeln. Aus dieser Analyse heraus kommt es
zu einem Analyseergebnis mit der Aufbereitung
verschiedener alternativer Möglichkeiten, aus
denen dann die Wahl für eine Alternative (die
Entscheidung) getroffen werden muss.
Controller sind selbstverständlich in ihrer Rolle
als Führungskräfte täglich Entscheidungsträ-
ger. Die nachfolgende Diskussion stellt aber
nicht auf diesen Aspekt ab, sondern beleuchtet
die
„Dienstleistungsfunktion” des Control-
lers für das Management
eines Unterneh-
mens und ihre konkrete Ausprägung.
B. Controller als Entscheidungsvorbereiter
Kernaufgabe des Controllers ist es, dem Ma-
nagement die Informationen zur Verfügung zu
stellen, die es benötigt, um unternehmerische
Entscheidungen zu treffen. Diese Bereitstellung
von Informationen umfasst die Aufbereitung
von Daten zu Informationen sowie deren Inter-
pretation. Eine darüber hinausgehende Aufstel-
lung von Lösungsoptionen und deren Bewer-
tung obliegt dem Entscheidungsträger.
Damit liefert der Controller dem Entscheidungs-
träger das notwendige Handwerkszeug (Infor-
mationen), mit dem dieser unter Zuhilfenahme
seiner erworbenen oder vorhandenen Kompe-
tenzen Lösungen entwickeln kann. Der Ent-
scheidungsträger ist somit vollständig in die
fachliche Lösungsfindung mit eingebunden.
Das bedarf jedoch auch eines gewissen zeit-
lichen Ansatzes, über den die Führungskräfte in
der Regel nicht verfügen.
Zugleich wird gewährleistet, dass der Ent-
scheidungsträger in seiner Entscheidungs-
findung nicht derart beeinflusst wird, dass
er bereits zu einer bestimmten, durch Drit-
te und deren Präferenzen entsprechenden
Entscheidung geführt wird.
Somit bleibt die
Unabhängigkeit des Entscheiders, der ja für
diese Entscheidung und deren Folgen – sowohl
positiver als auch möglicherweise negativer Art
– die Verantwortung trägt, gewahrt.
Durch die Beschäftigung mit der Lösungsfin-
dung bleibt der Entscheidungsträger ausrei-
chend in den unternehmerischen Kontext mit
eingebunden – ein möglicher Realitätsverlust
(die verlorene Bodenhaftung) kann somit ver-
mieden werden. Gleichzeitig besteht die Gefahr,
dass der Entscheider sich zu sehr einer Detail-
tiefe widmen muss, um so zu Lösungsalterna-
tiven zu gelangen. Der Vorbereiter kommt somit
seiner Rolle als Komplexitätsreduzierer nicht
nach – die Frage sei erlaubt: wofür wird er,
wenn ein IT-technisch unterstütztes Informati-
onssystem/Berichtswesen implementiert ist,
dann noch benötigt?
Controller’s Selbstverständnis und dessen Umsetzung