Seite 46 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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Information sicherzustellen. Diese gehen still-
schweigend von einer Weiterführung des En-
gagements aus und wollen nicht zum erwar-
teten Termin enttäuscht werden.
Evtl. ist auch
das Zurückfahren der Spendenhöhe über
einen bestimmten Zeitraum die fairere Lö-
sung
. Um Druck auf das Unternehmen zu ver-
meiden, kann als erster Schritt einer Lösung
die Umstellung auf private Spenden erwogen
werden. Wird sich zu einer Weiterführung ent-
schieden, sind
zumindest Steigerungen zu
vermeiden,
um so einen realen Rückgang der
Spendenhöhe zu erreichen.
Die Grenzen der Verfolgung von Unterneh-
menszielen sind dann erreicht, wenn eine un-
mit telbare Verbindung von Umsätzen und
Spenden vorhanden ist. Im Einzelfall fordern
Kunden die Unterstützung der mit ihnen ver-
bundenen Institutionen unmissverständlich ein.
Bei der Möglichkeit der steuerlichen Abzugsfä-
higkeit mag das Vorgehen formal korrekt sein,
eigentlich handelt es sich jedoch um eine
ethisch höchst zweifelhafte Vorgehensweise,
welche in Abstimmung mit der Unternehmens-
leitung zu beenden ist.
Der Controller fungiert hier als Begleiter,
der den Verantwortlichen bei der Umset-
zung von Maßnahmenplänen hilft.
Bestandsaufnahme
Als Ausgangsbasis wird das aktuelle
Spenden-
verhalten in Form einer knappen Tabelle er-
fasst
. Ob ausschließlich unternehmerische
Spenden dokumentiert oder auch private Spen-
den des Inhabers und seiner Familie erfasst wer-
den, hängt vom einzelnen Unternehmen ab.
Während dies beim einzigen Inhaber einer Perso-
nalgesellschaft sinnvoll sein kann, erscheint es
beim angestellten Geschäftsführer weniger hilf-
reich. Welcher Zeitraum zu berücksichtigen ist,
wird durch die Kontinuität des Spendenverhal-
tens festgelegt. Günstig ist ein Betrachtungszeit-
raum über
mehrere Jahre
. Sind starke Schwan-
kungen bei Höhe und Empfängern festzuhalten,
ist im ersten Schritt schlicht zu dokumentieren,
ohne explizit nach Gründen zu fragen.
Abbildung 2 zeigt die aktuelle Situation für eine
mittelständische Brauerei auf. Die Spenden
waren in den vergangenen Jahren grundsätz-
lich stabil, weshalb die Darstellung eines Jah-
res ausreichend ist. Ergänzend sollten Umsatz-
und Ergebniszahlen in prozentualer Höhe ge-
genübergestellt werden.
Im vorliegenden Beispiel fällt die Dominanz des
Themas „Extern” auf. 4.000 €, also
61,5 %
des Spendenaufkommens, werden hier
aufgebracht
, wobei meistens die Tradition den
Hauptgrund darstellt. Ehemals Verantwortliche
waren bei den Empfängern privat engagiert, die
Spenden erfolgen größtenteils seit über 10
Jahren und wurden auf Nachfragen in guten
Geschäftsjahren angehoben. Weiterhin gab es
private Spenden des Inhabers in Höhe von 350
€ für die aktuelle Notsituation in Ländern der
Dritten Welt.
Aufgangspunkt einer weiteren Analyse bildet
die
Istaufnahme
. Diese sollte sich über meh-
rere Geschäftsjahre erstrecken und nicht auf
Umfang und Empfänger beschränkt sein, um
eine Aussage über die Konstanz des Vorgehens
treffen zu können.
Im konkreten Fall kann sich die Situation
wie folgt darstellen
(vgl. Abbildung 2)
:
·
Der Shantychor war früher eine lokale Be-
rühmtheit. Seit die Aktivenzahl auf acht Sän-
ger geschrumpft ist, wurden Konzerte einge-
stellt, eine öffentliche Wahrnehmung ist nicht
mehr zu verzeichnen. Der Grund für die un-
verändert hohen Spenden liegt weit in der
Vergangenheit. Der längst verstorbene Fir-
mengründer war 1920 Gründungsmitglied.
·
Die Brauerei spendet seit Jahren für das Jun-
gendheim 1.000 €. Da die Umsätze des Un-
ternehmens zurückgegangen sind, wird der
Betrag halbiert. Gleichzeitig wird die städ-
tische Förderung reduziert. Die Jugendlichen
sehen ihre Aktivitäten bedroht und entschlie-
ßen sich zu einer Demonstration. Nach dem
Auf treten vor dem
Rathaus ziehen sie
spontan zum nahe-
gelegen Unterneh-
men weiter, wo Pa-
ro l en gegen d i e
geldgierigen Kapita-
listen vor den Zeu-
gen de r l oka l en
Presse geäußert werden. Generell werden
das Jugendheim und seine Besucher in letz-
ter Zeit zunehmend kritisch gesehen. Anwoh-
ner beschweren sich über Dreck und Lärm-
belästigung, die Ziele der Jungendheimlei-
tung decken sich nicht unbedingt mit der
Mehrheit im Stadtrat. Die Unternehmensver-
antwortlichen räumten ein, dass sie die Situ-
ation vor Ort seit Jahren nicht mehr verfolgt
haben.
·
Eine Analyse des Spendenverhaltens ergibt
nicht unwesentliche Beträge für einen Fuß-
ballviertligisten, welcher 200 km entfernt
spielt. Kein Verantwortlicher nennt Gründe;
dann wird langsam klar, dass ein wichtiger
Kunde ohne diese Spenden droht, die Ge-
schäftsbeziehung zu beenden. Der Kunde
sitzt im Vorstand dieses Vereins.
·
Aus Marketingerwägungen fördert die Brau-
erei ein Ernährungsprojekt in Indien. Mit je-
dem verkauften Bierkasten werden 10 Cent
gespendet. Im Internetbereich der Lokalzei-
tung rechnet ein gehässiger Zeitgenosse die
Höhe pro Einheit konkret aus. Ein langfris-
tiger Nutzen für einen Empfänger ergibt sich,
wenn ein Käufer 42 Jahre lang täglich eine
Flasche Bier trinkt. Diese Zahl macht in inte-
ressierten Kreisen schnell die Runde. Der Ef-
fekt: das Unternehmen wir ins Lächerliche
gezogen, anstatt als sozial verlässlicher Part-
ner wahrgenommen zu werden.
·
Der ökologische Gerstenbau wird unter-
stützt, da sich zunehmende Probleme mit
der Gerstenversorgung ergeben haben.
Dass unter diesen Vorrausetzungen Hand-
lungsbedarf besteht, sollte unstrittig sein.
Wichtig ist, dass diese Überzeugung von allen
Beteiligten getragen wird und ein Zusammen-
wirken von Unternehmensleitung, Marketing
und Controlling stattfindet.
Abb. 2: Spendenverhalten einer mittelständischen Brauerei
Spendencontrolling