Seite 45 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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lichen Kindergartens bedeutet nicht die Ver-
nachlässigung der Flussopfer von Haiti.
Eine
Beurteilung versagt in diesem Bereich.
Auch wenn es keine Wertigkeit geben kann,
ist
die Entscheidung zu fundieren
. Persönliche
Präferenzen eines einzelnen Entscheidungsträ-
gers sollten keine Basis darstellen. Mit der Ein-
bindung der Mitarbeiter kann – als positiver Be-
gleiteffekt – die Bindung an das Unternehmen
und der Stolz, Mitglied dieser Gruppe zu sein,
gefördert werden. Ein ehrenamtliches Engage-
ment der Mitarbeiter unterstützt die Spendenpo-
litik. Wenn sich Mitarbeiter hier persönlich enga-
gieren, können diese Organisationen gefördert
werden. Dies kann auch punktuell in Rahmen ei-
ner Verlosung auf der Betriebsfeier erfolgen.
Bei Spenden eines inhabergeführten Unterneh-
mens sollte der Eigentümer gefragt werden, ob
die Einbeziehung seines privaten Spendenver-
haltens geboten ist. Wünscht dieser eine ein-
deutige Trennung, ist sie selbstverständlich zu
respektieren; dann sollte allerdings die Ein-
flussnahme auf Spenden des Unternehmens
bewusst zurückgenommen werden. Dabei sind
Empfänger und Zeitpunkt zu berücksichtigen.
Die großzügige Spende an den örtlichen Golf-
club, in dem man selber langjähriges Mitglied
ist, sollte nicht unbedingt zu dem Zeitpunkt an
die Öffentlichkeit gelangen, zu dem Mitarbeiter
aufgrund von Produktivitätsverbesserungen
entlassen werden. Die
notwendige Sensibili-
tät
sollte der Inhaber auch Familienangehöri-
gen entgegenbringen.
Weiterhin kann sich das Unternehmen berufen
fühlen,
bei aktuellen Notsituationen einzu-
springen
. Diese Situation kann eine Naturkata-
strophe in einem weit entfernten Land, aber
auch die Zerstörung eines Vereinheims im Ort
sein. Hier sind genaue Vorgaben schwer zu ma-
nifestieren, allerdings
sollte das Controlling
auf die Vorgabe von Höchstgrenzen drän-
gen
, können doch in einer aktuellen Situation
schnell großzügige Zusagen gemacht werden,
welche nicht zur finanziellen Lage des Unter-
nehmens passen. Hilfreich ist hier die Vorgabe
bestimmter Summen, evtl. auch für einen
mehrjährigen Zeitraum. Dies Vorgehen kann
auch der Öffentlichkeit vermittelt werden, wenn
indirekter Druck auf das Unternehmen aufge-
baut werden soll.
Vorteile für das Unternehmen schaffen
Das Ziel, Vorteile für das eigene Unterneh-
men mit tels Spenden zu erreichen, ist
durchaus nicht verwerflich
. Denjenigen, wel-
chen die Spenden zugute kommen, wird das
Motiv des Spenders nebensächlich sein. Das
Grundproblem von Werbeaktivitäten, dass die-
se kaum in direkte Verbindung zu den Verkäu-
fen gesetzt werden, verschärft sich bei Spen-
den enorm. Hier wird allenfalls eine indirekte
Verknüpfung über die positive Erwähnung des
Unternehmens in der Öffentlichkeit oder den
Gewinn an Reputation bei den Spendenemp-
fängern erreicht werden.
Wenn auch entsprechende Wirkungen nicht
direkt messbar sind,
sollte der Effekt mög-
licher Spenden zumindest dokumentiert
werden
. Dabei kann die Erwähnung in der Öf-
fentlichkeit, also Fernsehen, Funk und Presse,
sowie Anzahl und Hintergrund der Empfänger
erfasst und zu alternativen Maßnahmen in Be-
zug gesetzt werden.
Mit der Außenwirkung ist allerdings nicht zu
übertreiben.
Die Öffentlichkeit erwartet eine
gewisse Zurückhaltung
. Insbesondere die
von einigen Unternehmen durchgeführte Ver-
knüpfung von Absatz und Spenden, nach dem
Motto: für jedes verkaufte Produkt wird die
Summe x für das Projekt y gespendet, ruft Kri-
tiker auf den Plan. Wenn es wie bei einer Brau-
erei um Spenden pro Bierkasten für ein Stück
Regenwald geht, heißt es in der Öffentlichkeit
rasch: „Saufen für den Wald”. Weiterhin sind
die gespendeten Summen in Bezug zur Pro-
duktmenge relativ gering, so dass der Eindruck
entsteht, dass kleine Mengen aufgebauscht
werden. Die Nennung einer einzelnen größeren
Summe wirkt in der Öffentlichkeit meistens ein-
drucksvoller.
Ergänzend ist
besondere Sensibilität bei der
Verbindung zu Kinder und Jugendlichen
zu
beachten. Werden primär Produkte für Erwach-
sene, wie bspw. alkoholische Getränke, produ-
ziert, ist zu prüfen, ob die gewünschte Wirkung
nicht ins Gegenteil umschlägt und eine private
Spende nicht die bessere Lösung darstellt.
Da die Entscheidung über Spenden mit derar-
tigen Motiven meistens beim Marketing liegt,
kann das Controlling durchaus das Vorliegen ei-
ner grundsätzlichen Strategie und die Quantifi-
zierung der jeweiligen Entscheidung einfordern.
Insbesondere die Betrachtung verschiedener
Vorgehensweisen und Empfänger und eine
nachvollziehbare, dokumentierte Entscheidung
sollten vorliegen.
Externe Gründe
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Spen-
den und Steuern ist die grundsätzliche Frei-
willigkeit. Dennoch können gewisse Zwänge
bestehen, welche die Freiwilligkeit in Frage
stellen, aber selten eingeräumt werden. In der
Praxis gibt es einige Gründe dafür, dass an
Spenden festgehalten wird, wenn das eigent-
liche Motiv nicht mehr existiert. Manche Un-
ternehmen unterstützen bestimmte Organisa-
tionen oder Aktivitäten
seit Generationen
.
Dann will die Unternehmensleitung diese Tra-
dition ungern abbrechen, obwohl die Motive
der Vorgänger nicht mehr geteilt werden. Da
es sich meistens um lokale Empfänger han-
delt, wird bei Einstellung der Spenden ein ne-
gativer Einfluss auf die Reputation des Unter-
nehmens befürchtet.
Ebenso gibt es einen
gesellschaf tlichen
Druck
, bedingt durch lokal bedeutende Veran-
staltungen oder Vereine. Es gehört schlicht zum
„guten Ton”, hier engagiert zu sein. Die ört-
lichen Honoratioren vergleichen gerne ihre ei-
genen Beiträge und signalisieren durch deren
Höhe ihre wirtschaftliche Prosperität.
Manch Unternehmer spendet gar,
um seine
Ruhe zu haben
, um weitere Anfragen für eine
Weile einzudämmen.
Wird gegen künftige Spenden entschieden, ist
gegenüber den Empfängern eine frühzeitige
Abb. 1: Spendengründe für Unternehmen
CM September / Oktober 2011