Seite 34 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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Testbetrieb mit begrenztem Teilnehmer-
kreis
die Prognosegenauigkeit getestet und
Learnings gesammelt werden. Verläuft die
erste Stufe zufriedenstellend, so wird in Ein-
führungsstufe 2 das System in den Arbeitsall-
tag integriert und weiteren Teilnehmern zu-
gänglich gemacht. In Stufe 3 befindet sich das
EPM-System in seinem Endausbauzustand
und wird regelmäßig von Mitarbeitern genutzt.
Je nach Anzahl der zu prognostizierenden Ziel-
größen benötigt man eine Mindestanzahl ak-
tiver Teilnehmer, um valide EPM-Prognosen er-
halten zu können. Als Daumenregeln gelten:
50
aktive Teilnehmer für 30 Prognosegrößen
(z. B. 10 Produkte in 3 Regionen); 100 aktive
Teilnehmer für 60 Prognosegrößen;
200 aktive
Teilnehmer für 100 Prognosegrößen
. Ein
Teilnehmer nimmt typischerweise an mehreren
Prognosen teil, wodurch für jede Prognose eine
ausreichende Informationsmenge zusammen-
getragen wird. Wichtig ist zu verstehen, dass es
bei EPM, anders als bei Umfragen, keine große
repräsentative Teilnehmerzahl braucht (= re-
presentative crowd). Vielmehr benötigt man die
richtigen Teilnehmer, welche relevante Infor-
mationen zu den jeweiligen Prognosen haben
(= „wise” crowd).
Die
Deutsche Telekom
hat entlang dieses
3-stufigen Best-Practice-Prozesses über einen
Zeitraum von 6 Monaten EPM schrittweise ein-
geführt. In Stufe 1 wurden zunächst Prognosen
über das Potenzial neuer Produkte und strate-
gische Prognosen in das EPM-System einge-
stellt. Es wurden
ca. 1.000 Mitarbeiter aus
dem Marketing, dem Netzbetrieb, der For-
schung und der Konzernstrategie
eingela-
den. Die Teilnehmer konnten immer nur die
Prognosen sehen, welche für sie relevant wa-
ren. Damit konnte das Management auch das
Targeting von Wissensträgern zu verschie-
denen Themenbereichen testen.
Nach Ablauf des Testbetriebs in Stufe 1 konnte
der Nutzen des EPM-Systems für das Marke-
ting und die Strategie besser quantifiziert wer-
den. So sammelte das System
in nur 4 Tagen
über 18.000 Meinungen zu verschiedenen
Produkten
von den deutschlandweit verteilten
Mitarbeitern und wandelte das Resultat in
quantitative Zahlen für den Business Case um.
Damit konnte das Potenzial neuer Produkte mit
einer weitaus breiteren Fundierung beurteilt
werden, als es bei Analysen eines kleinen Ex-
perten-Gremiums der Fall gewesen wäre. Im
Strategie-Bereich bewies das EPM-System
eine um 5 Prozentpunkte höhere Prognose-
genauigkeit als die Referenzprognosen der be-
sten nationalen und internationalen Experten.
Mit diesen Ergebnissen war der Weg für eine
konzernweite Implementierung des EPM geeb-
net. Das System wurde bei der Konzern-HR
verankert und allen Bereichen zugänglich ge-
macht. Jeder Bereich kann jederzeit Prognose-
fragen einstellen und passende Teilnehmer-
gruppen dazu einladen. Bei entsprechender
Aktivität lagen die kollektiven Prognoseergeb-
nisse nach nur 3 Tagen vor, was insbesondere
vom Top-Management honoriert wird, welches
Abb. 3: Einführungsplan
Autoren
Christian Halemba
ist Marktforscher und freier Berater. Er hat langjährige Erfah-
rung in der Marktforschung von Konzerntöchtern, Beratungsun-
ternehmen und Marktforschungsinstituten. Bei Analyx kümmert
er sich um das Business Development.
E-Mail:
Aleksandar Ivanov
ist Partner bei der Firma Analyx und als Forschungsleiter dort für
die Entwicklung des CrowdWorx EPM-Systems zuständig.
E-Mail:
Absatzprognosen ohne Marktfoschung: Wie geht das?