Seite 22 - CONTROLLER_Magazin_2011_05

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Ein
Performance Measurement System
(PMS)
ist ein System, das eine integrierte Mes-
sung von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Zeit in
einem Unternehmen ermöglicht. Die Leistungs-
messung erfolgt dabei durch finanzielle und
nicht finanzielle Kennzahlen. Ein PMS dient der
Informationsversorgung des Managements
durch Ist-Werte der Kennzahlen sowie Soll-Ist-
Analysen; zudem erzielt es im Sinne der Unter-
nehmensleitung eine Verhaltensbeeinflussung
der Mitarbeiter durch Leistungsmessung und
Gewährung materieller Anreize.
Die Johs. Vanini & Söhne GmbH & Co. KG ist
ein
traditioneller, handwerklich orientierter
Familienbetrieb
in vierter Generation und be-
schäftigt ca.
40 Mitarbeiter
. Die Kernkompe-
tenz ist das
Beschichten
, vor allem
Lackieren
von Werkstücken
aller Art.
Das PMS soll der Informationsversorgung der
Geschäftsleitung dienen, die Umsetzung der
Unternehmensziele durch Kennzahlen unter-
stützen, die Unternehmensstruktur abbilden
sowie valide, benutzer freundlich und wir t-
schaftlich sein.
Umsetzung des PMS
Es wurde ein unternehmensspezifisches PMS
mit den
Performance-Dimensionen Wirt-
schaftlichkeit, Qualität und Zeit
entwickelt.
Die Untergliederung der Leistungsebenen
wurde anhand der Unternehmensstruktur vor-
genommen. Oberste Ebene ist die Unterneh-
mensebene. Auf der zweiten Ebene werden
Standorte unterschieden. In der nächsten Ebe-
ne werden den Standorten operative Abtei-
lungen zugeordnet.
Um die Komplexität des PMS zu beschränken,
wurden die Kennzahlen nicht hierarchisch auf-
gegliedert, sondern es wurde ein Kennzahlen-
netz entwickelt. Dabei wurden
finanzielle und
nicht-finanzielle Kennzahlen
zur Messung
der Wirtschaftlichkeit sowie nicht-finanzielle
Kennzahlen zur Messung der Dimensionen
Qualität und Zeit verwendet.
Um die
Performance der Unternehmenslei-
tung
zu messen, wurden die Kennzahlen
De-
ckungsbeitrag, offene Forderungen, Ver-
bindlichkeiten
und
Liquidität
zur Abbildung
der Wirtschaftlichkeit sowie die
Anzahl von
Neukunden
zur Messung der Qualität ausge-
wählt. Aufgrund der Struktur des Unternehmens
folgte der Beschluss, einige Gemeinkosten ge-
sondert zu betrachten. Das Büro übernimmt die
Buchhaltung und Auftragsabrechnung für das
gesamte Unternehmen, die Kosten hierfür müs-
sen daher auch von allen Bereichen getragen
werden. Durch die Betrachtung der
Werbekos-
ten
soll langfristig eine Art
Werbeeffektivität
dargestellt werden. Besonders relevant sind die
Energiekosten, da für die Produktion notwen-
dige Mindesttemperaturen für die Arbeitshallen
und der Einsatz von Lackierkabinen und -öfen
das Lackierhandwerk energieintensiv machen.
Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit auf der
Ebene der Standorte und Abteilungen
wur-
den die Kennzahlen
Deckungsbeitrag
,
Perso-
nal
-,
Materialkosten
,
Kosten für Energie
und
der
Umsatz
verwendet. Um eine Vergleichbar-
keit zu gewährleisten, werden die Kosten jeweils
ins Verhältnis zum Umsatz gesetzt. Zu den Ma-
terialkosten ist hier anzumerken, dass Material-
verschwendungen unter den gegebenen Vo-
raussetzungen nicht berücksichtigt werden
können. Die Zurechnung der Energiekosten zu
einzelnen Abteilungen ist nur durch Umlage-
schlüssel möglich, da in den Unternehmensein-
heiten keine separaten Stromzähler existieren.
Aus unabhängigen Betriebsvergleichen wurde
zusätzlich die branchenübliche Kennzahl
Stun-
denverrechnungssatz
entnommen. Entschei-
dend hier ist nicht der für Auftragskalkulationen
vorgegebene Stundenverrechnungssatz, son-
dern der tatsächlich am Markt erzielte
Die
Qualität
ist ein strategisches Ziel der Johs.
Vanini und Söhne. Zur Beurteilung der Qualität
der Lackierleistungen sollen
interne Nachbe-
arbeitungszeiten
, die aus Wiederholungen
von Arbeitsschritten zur Sicherstellung der Pro-
duktqualität resultieren, und die
Reklama-
tionsquote
herangezogen werden. In Letzterer
sind aus Kundenreklamationen entstehende
Bearbeitungszeiten erfasst. Ergänzt wird die
Qualitätsdimension durch die
Mitarbeiter- und
Kundenzufriedenheit
.
Zur Messung der
Kundenzufriedenheit
wer-
den zwei Durchschnittswerte auf der Grundlage
einer permanenten Kundenbefragung berech-
net. Die Kundenzufriedenheit im Bereich Quali-
tät besteht aus dem Gesamteindruck, der Aus-
führung und der Qualität sowie der Zuverlässig-
keit. Der Bereich Service besteht aus dem
Durchschnitt der Noten für
Service, Freund-
lichkeit
der Mitarbeiter und
Beratung
.
Zur Messung der
Mitarbeiterzufriedenheit
wurde ein Index auf Basis interner Befra-
gungen, die Summe der Aufwendungen für Ar-
beitsschutz und Weiterbildungen und eine
Krankheitsquote diskutiert. Eine Befragung der
Mitarbeiter erschien nicht sinnvoll. Die
Krank-
heitsquote
ist problematisch, da die Abhän-
Entwicklung eines Performance Measurement
Systems für einen Handwerksbetrieb
Das Beispiel der Johs. Vanini und Söhne GmbH & Co. KG
Florian Rippe, Sven Vanini und Ute Vanini
Performance Measurement für einen Handwerksbetrieb