Seite 51 - CONTROLLER_Magazin_2010_05

Basic HTML-Version

49
gen. Umgekehrt blieben 40% des Umsatzrück-
ganges als Verlust übrig. Die neuen Erkenntnis-
se finden sich in Abbildung 2.
Gewinn vor ZÄ: Gewinn vor Zinsänderung durch
schnelleren Zahlungseingang.
Die variablen Kosten waren mit 2% genauso
stark gefallen wie die Mengen. Aber die fixen
Kosten waren mit 262,8 Mio € unverändert. Ihr
Gewicht an den Gesamtkosten war somit ge-
stiegen. Insgesamt hatte sich das Ergebnis vor
Berücksichtigung des schnelleren Zahlungsein-
gangs um 13,87 Mio € verschlechtert. Der ver-
besserte Zahlungseingang hatte davon nur
2,39 Mio € (siehe Abbildung 1) aufgefangen,
so
dass ein Gesamtminus von über 11 Mio €
herausgekommen war
. Kein Wunder, dass
sein Chef sauer war.
Stolz präsentierte er seine Ergebnisse seinem
Chef, der auch positiv reagierte: „Hilfreich, das
haben Sie gut gemacht. Und
beim nächsten
Mal rechnen Sie das bitte vorher aus. Das
hätte uns viel Ärger erspart!
“ Zufrieden woll-
te Hilfreich aus dem Vorstandsbüro gehen, als
ihn noch eine neue Frage ereilte. „Was ist
denn, wenn wir einen Geschäftsbereich be-
trachten, der einen ganz anderen Anteil an va-
riablen Kosten hat? Oder wenn die Preis- und
Mengenänderungen größer oder kleiner sind?“
Der Vorstandsvorsitzende wollte das Pro-
blem jetzt allgemein gelöst haben
. Hilfreich
versprach eine neue Untersuchung.
Entscheidungstabellen
Im ersten Schritt listete Hilfreich die relevanten
Größen auf, welche bei einer Änderung der
Zahlungsbedingungen betroffen waren:
a) Preisänderung
b) Mengenänderung
c) Verzinsung
d) Anzahl Tage des beschleunigten Geldein-
gangs
e) Anteil variabler Kosten
Da die Preis- und Mengenänderungen in jedem
Fall anders sein können, mussten sie tabelliert
werden. Um die Abhängigkeit der anderen Da-
ten zu erkennen, wird im Folgenden abgeleitet,
wie viele Verkürzungstage beim Zahlungsein-
gang gewonnen werden müssen (vgl. Abbil-
dung 3). Bei den Daten des Beispiels (1% Preis-
verlust und 2% Mengenverlust) müssten die
Zahlungen somit 52,2 Tage früher kommen.
Realistisch waren aber nur 10 Tage Verkürzung.
Also zeigte auch die Entscheidungstabelle,
dass die Maßnahme sehr unvorteilhaft gewe-
sen war.
Die Tabelle stellte schon einen großen Fort-
schritt dar. Trotzdem gilt sie nur für die Fälle ei-
nes Zinssatzes von 1% pro Monat und eines
variablen Kostenanteils von 60%. Also müssen
Modifikationen dieser beiden Größen diskutiert
werden. Einfach ist dies für den Zinssatz. Die
minimale Anzahl an Verkürzungstagen muss
sich verdoppeln, wenn der Zinssatz nur halb so
hoch ist. Umgekehrt verringert sich die Anzahl
der Verkürzungstage um 50%, wenn sich der
Zinssatz verdoppelt. Für den Anteil der varia-
blen Kosten ( VKA) ist die Beziehung etwas
komplizierter. Daher wird die obige Tabelle auch
für den Fall eines Anteils von 30% aufgestellt
(siehe Abbildung 4).
Für unsere Kombination (PÄ = -1%, MÄ = -2%)
erhöht sich die notwendige Anzahl an Verkür-
zungstagen, weil die Mengenreduktion zu ei-
nem geringeren Rückgang der Kosten führt.
Weitere Werte für den variablen Kostenanteil
können anhand der beiden Tabellen einfach in-
terpoliert werden. Wenn der variable Kostenan-
Abb. 2: Korrigierte Kalkulation
Abb. 3: Kritische Verkürzungstage bei 1% Monatszinssatz mit 60% variabler Kosten
Autor
Prof. Dr. Peter Hoberg
arbeitet als Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fach-
hochschule Worms. Auf Basis einer 15-jährigen Erfahrung in in-
ternationalen Unternehmen beschäftigt er sich insb. mit Themen
des Controlling und der Investitionsrechnung. Schwerpunkt
seines Interesses ist die Verbindung von Theorie und Praxis.
E-Mail:
CM September / Oktober 2010