Interview: Mögl ichkeiten u. Grenzen der Steuerung von immateriellen Werten
Fror Dr. Klaus Möller (rechls unten
ekelt werden. Und erst dann kann sich eine Be-
«(ertung aufbauen. In einem vom Forschungs–
ministerium und der EU geförderten Projekt be–
schäftigen wir uns mit dem Human Capital
Reporting, also der Berichterstattung über eine
spezielle immaterielle Ressource. Deutlich wird
da ganz schnell, dass Mess-, Bewertungs
und Steuerungsanforderungen stark ab
hängig vom jeweiligen Stakeholder sind
Will die Unternehmensführung das Ünterneh
men gegenüber Investoren gut darstellen (bzgl
Intellectual Capital, Demografiefestigkeit etc.)
der Personalbereich Mitarbeiterförderung be
treiben oder attraktiv für junge Talente sein etc.
Hier benötigen Sie einerseits einen Gesamtrah–
men und andererseits verschiedene Messan–
sätze für die unterschiedlichen Interessengrup–
pen. Eine Bewertung müsste alle diese Aspekte
vereinen - das kleine Beispiel zeigt schon, dass
das kaum geht. Auf jeden Fall ein spannendes
Thema für das Controlling!
Biel : Dennoch finden sich immer mehr Be-
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richte, die man im weiteren Sinne den Intangib–
les zuordnen kann: Value Reporting, Sustainabi–
lity Reporting, Intellectual Capital Statements
etc. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Möller: Das ist ein klares Indiz dafür dass die
vergangenheitsorientierten, finanziellen Daten
von Bilanz und GuV für die heterogenen,
heute relevanten Stakeholdergruppen nicht
mehr ausreichend sind. Es besteht eine er–
hebliche Nachfrage nach ergänzenden Informa–
tionen, denen Unternehmen nachkommen, weil
sie sich davon positive Wirkungen versprechen.
Der Vorschlag der Schmalenbach-Gesellschaft
zum Reporting von Intangibles geht in genau di–
ese Richtung: Eine - auch kennzahlenbasierte
- Dokumentation im Anhang bzw. in einem se–
paraten Bericht. Unsere Studie bei den DAX-30-
Unternehmen zeigt, dass eine Berichterstattung
gemäß eines Standards immer noch zahlreiche
Schwierigkeiten mit sich bringt. So haben wir
bei den Geschäftsberichten insgesamt 51 Ver–
letzungen von Angabepflichten gemäß lAS
38.118-.128 verzeichnet, bei einzelnen Vor–
schriften waren bei mehr als einem Viertel der
Unternehmen die Angaben unzureichend. Das
zeigt, dass wir bei der Berichterstattung noch
in einer frühen Phase mit Unsicherheiten
auf allen Seiten sind. Die Tendenz geht sicher–
lich zu einer Ausweitung der Berichte und der
Abstimmung der Inhalte, vgl. die Vorschläge von
Global Reporting Initiative oder Connected Re–
porting Framework. Hier gibt es noch viel For–
schungs- und Entwicklungsbedarf!
Biel: Bitte lassen Sie uns einen Perspektiven–
wechsel vornehmen. Gibt es nicht auch andere
Hürden und Barrieren, die in der Unternehmens-
praxis den Fortschritt bei der Integration imma–
terieller Werte in die Führung und Steuerung
der Unternehmen erschweren? Beispielsweise
befürchten manche Manager bei einer zu inten–
siven Transparenz der immateriellen Werte
Wettbewerbsnachteile für ihr Unternehmen.
Aber auch das oft vorherrschende kurzfristige
Denken beeinträchtige die Steuerung der eher
langfristigen immateriellen Werte. Wo sehen Sie
die zentrale Herausforderung?
Möl ler: Die zentrale Herausforderung liegt
meines Erachtens in der überzeugenden Kom–
munikation der immateriellen Werte. Dass die–
se Werte von zentraler Relevanz sind, be–
zweifelt niemand. Die Unsicherheit bezieht
sich immer auf das Wie der Messung, Steue–
rung und Kommunikation. In der Messung
gibt es inzwischen viele Ansätze, die zwar si–
cherlich noch weiter verfeinert und entwickelt
werden können, aber eine solide Basis dar–
stellen. Wichtig ist zu zeigen, wie diese imma–
teriellen Werte zum Erfolg beitragen. Das ist
einerseits ein „Rechenproblem", also urei–
genste Aufgabe des Controllings, hier Metho–
den und Verfahren zu finden, die einen sol–
chen Zusammenhang nachweisen. Daneben
muss man diese Wi rkungen aber auch
überzeugend kommunizieren und dabei
auch auf die richtigen Stakeholder einge–
hen (vgl. das Projekt zum Human Capital Re–
porting). Hier haben wir es mit einem Henne-
Ei-Problem zu tun: Wenn es gelingt, Banken,
Investoren, Analysten und weiteren Stakehol–
dern die Wirkungsmechanismen von Intangib–
les glaubhaft darzustellen, wird das Manage–
ment diese Mechanismen zur Steuerung nut–
zen, um der externen Sicht zu entsprechen -
und vice versa. Nicht umsonst beschäftigen
sich zunehmend berufsständische Vereini-
ONTROLLER