Seite 27 - CONTROLLER_Magazin_2009_03

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eindeutig! - mit Zahlen belegen: Der
Markt–
wert beträgt teilweise ein Vielfaches des
Buchwertes,
z. B. für SAP beträgt das Verhält–
nis 6,82:1, d. h., man könnte ableiten, dass die
Intangibles rund 85 % des Wertes erklären.
Schaut man sich die in der Bilanz ausgewie–
senen immateriellen Werte an, ergibt sich ein
Anteil von 17,62 % für SAP (vgl. Abb 4). Wel–
cher Wert ist richtig?
Um mit Albert Einstein zu sprechen:
Nicht alles,
was zählt, ist zählbar und nicht alles, was zähl–
bar ist, zählt!
Genau aus diesem Grunde setzt
sich bei Managern und gerade auch Analysten
zunehmend die Sichtweise durch, dass eine ge–
naue Kenntnis der (intangiblen) Potenziale eines
Unternehmens Voraussetzung für dessen zielo–
rientierte Steuerung und angemessene Bewer–
tung ist. Damit gewinnt die Messung, Bewer–
tung und ganz besonders die Kommunikation
der immateriellen Werte besondere Bedeutung.
Und Controller sind unter dem Stichwort
Per–
formance Measurement
die Experten im
Messen. Sie müssen sich darum kümmern, die
Informationen zu den immateriellen Werten zu
identifizieren, zusammenzutragen und für die
Steuerung zu erschließen.
Biel:
Immaterielle Werte unterscheiden sich in
vielfacher Hinsicht von den - üblichenweise im
Vordergrund stehenden - materiellen Werten.
Beispielsweise haben immaterielle Werte meis–
tens keinen Marktwert, oft ergibt sich ihr Wert
erst in Kombination mit anderen materiellen
oder immateriellen Werten, die „Besitzrechte"
sind unklar gehören Kompetenzen z. B. dem je–
weiligen Experten oder doch dem betreffenden
Unternehmen, um nur einige Aspekte anzu–
schneiden? Performance Measurement zählt zu
Ihren Schwerpunkten, dabei steht die Leis–
tungsmessung und -Steuerung als Kernaufgabe
des Controllings im Mittelpunkt. Die Frage ist
dabei stets, wie kann ich das rechnen? „Dem
Controlling kommt zunehmend die Aufgabe zu,
das im ersten Eindruck nicht Fassbare rechen–
bar zu machen" - diese Formulierung von Ihnen
habe ich beim Recherchieren gefunden. Dies
scheint mir ein zentraler Aspekt zu sein, daher
die Bitte um nähere Erläuterung.
Möller: Nicht nur im Hochschulbereich haben
wir es inzwischen zunehmend mit einer „Eva-
luitis" zu tun. Auch in Unternehmen lässt sich
eine Tendenz zu einer stärkeren Absicherung
beobachten, um Entscheidungen zu legitimie–
ren. Das ist einerseits wichtig und gut, um
mehr Objektivität in Entscheidungen zu
bekommen
und die Entscheidungsauswahl
besser zu fundieren und zu dokumentieren, um
daraus für spätere Anwendungen lernen zu
können. Andererseits hat es auch negative Ef–
fekte durch eine
zunehmende
Regelungs–
dichte, die unternehmerisches Handeln
beschränkt.
Die anglo-amerikanische Auffas–
sung des Performance Measurement umfasst
aber nicht nur den Messaspekt, sondern
gleichzeitig auch die Steuerungskomponente.
Bezogen auf die Intangibles heißt das, dass
das Controlling - oder spezieller: das Perfor–
mance Measurement - vergangenheitsorien-
den verbesserten Auswels der immateriellen
Werte in der internen und externen Berichter–
stattung. Es gibt aber auch die Position, dass es
viel wichtiger sei, das Management und die
Steuerung immaterieller Werte zu verfeinern,
als Messung und Bewertung weiterzuentwi–
ckeln. Welche notwendigen Schritte sehen Sie,
welche Prioritäten sollten wir setzen?
Möller:
Ich glaube, dass wir in der Tat noch
weit von einer allgemein akzeptierten Bewer–
tungsmethode für Intangibles entfernt sind. Und
ob so etwas bei der Komplexität und Verbun–
denheit der Intangibles überhaupt sinnvoll ist,
erscheint mir mehr als fraglich. Insofern sehe
ich die Tendenzen in der Rechnungslegung mit
gemischten Gefühlen: Einerseits ist es gut, dass
Autoren
• Prof Dr Klaus Möller
ist seit April 2007 Professor für Unternehmensrechnung und
Controlling der Georg-August-Universität Göttingen. Die Arbei–
ten von Prof. Dr Möller wurden bereits mehrfach ausgezeichnet,
z. B. Preis für wissenschaftliche Arbeiten der Stiftung Indus–
trieforschung. Hochschulpreis des BITKOM etc..
• Fachjournalist (DFJS) Dipl.-BW Alfred Biel
betreut das Literaturforum im Controller Magazin und arbeitet
als Autor Interviewer und Rezensent für verschiedene Medien
im In- und Ausland. Ehrenamtlich ist er u.a. Leiter des Redakti–
onsausschusses des Internationalen Controller Vereins e.V (ICV)
sowie Moderator Wirtschaftsjournalismus im Deutschen Fach–
journalisten Verband e. V (DFJS).
tiert den Erfolgsanteil von einzelnen Intangible-
Komponenten identifizieren und zukunftsorien–
tiert
Ursache-Wirkungs-Beziehungen von
Intangibles
(bzw. deren Änderung) auf den
späteren Erfolg ermitteln muss, um diese für
die Unternehmenssteuerung nutzbar zu ma–
chen. Damit werden die Intangibles als Vor–
steuergrößen oder „Leading Indicators" ange–
sehen, die Hinweise auf die zukünftige Erfolgs-
erzielung geben.
Biel: Wenn wir einen Blick auf die Breite der
Diskussion werfen, so gibt es Ansätze, die Fra–
gen nach Ansatz und Bewertung immaterieller
Werte in die Aufmerksamkeit zu rücken, bis hin
zur Forderung, eine Bilanz müsse den ganzen
Unternehmenswert abbilden. Andere betonen
durch die Diskussionen um lAS 38, BilMoG usw.
der Investitionscharakter von immateriellen
Werten stärker in den Vordergrund rückt, ande–
rerseits ist die Kritik an der damit schwin–
denden Objektivität der Bilanz berechtigt.
Demgegenüber ist die Messung ein erster und
sehr wichtiger Schritt hin zur Objektivierbarkeit,
insofern klar zu begrüßen und zu fordern.
Und zum dritten Aspekt Ihrer Frage kann ich
nur das altbekannte Statement zitieren:
You
can only manage what you can measure.
Zu–
sammenfassend also: Erst einmal mehr For–
schung im Bereich der Messung, sowohl des
Inhalts als auch insbesondere der Wirkungen
und Verbundeffekte von Intangibles. Darauf ba–
sierend können Managementmodelle entwi-
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