Seite 100 - CONTROLLER_Magazin_2009_03

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Risikomanagement der OMV
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der Untemehmensplanung ableiten lassen, so–
fern diese enwartungstreu ist und zugleich die–
jenigen Risiken, die zur Abweichung von dieser
Planung führen können, explizit mit erfasst.
Durch die (möglichst fundierte) Festlegung be–
stimmter Annahmen über die Zukunftsentwick–
lung, werden Planerfolgsrechnungen und Plan–
bilanzen der Folgejahre des Unternehmens er–
stellt.
Anders als bei der traditionellen Un–
temehmensplanung wird hier explizit der
Unsicherheit bezüglich der Annahmen
Rechnung getragen.
So wird quasi als Neben–
effekt des Ratings für ein Unternehmen
eine
standardisierte Untemehmensplanung erzeugt,
die neben den Erwartungswerten der Erfolgs–
größen (z.B. EBIT) explizit auch die durch die Ri-
können, ist offensichtlich die Kenntnis der Ver–
teilungsfunktion des Eigenkapitals in jeder Pe–
riode abzuschätzen (vgl. Gleißner 2002b). Da–
bei gilt definitorisch, dass das Eigenkapital (EK)
einer Periode sich ergibt aus dem Eigenkapital
der Vorperiode zuzüglich des Jahresgewinns,
wenn Einlagen und Entnahmen der Gesell–
schafter vernachlässigt werden. Aus der Ver–
teilungsfunktion des Eigenkapitals lässt sich
unmittelbar ableiten, welches Rating ange–
messen ist, wenn man analysiert, wie groß die
Wahrscheinlichkeit ist für ein Eigenkapital klei–
ner Null. Die Risiken sind im Wesentlichen in
der Schwankung des Betriebsergebnisses ag–
gregiert.
In OMV werden darüber hinaus die
gemäß Strategie erwarteten Zukunftssta-
Autoren
• Dr Werner Gleißner
ist Vorstand der FutureValue Group AG, Leinfelden-Echterdin–
gen und Leiter der Risikoforschung der Marsh GmbH, Frankfurt
am Main. Seine Schwerpunkte liegen Im Bereich Risikoma–
nagement, Rating, wertorientierte Unternehmenssteuerung,
Kapital- und Portfoliomanagement. Er lehrt u.a. an der EBS,
der TU Dresden, den Universitäten Stuttgart und Hohenheim.
E-Mail:
• Mag. Theodor Schrei
war von 2003- 2008 Leiter des Corporate Risk Management der
OMV AG in Wien; zuvor Leiter des Strategischen Risikomanage–
ment in Group Treasury, vorher Leiter Commodities für Produk–
tion und Raffinerien und davor Geschäftsführer des Internatio–
nalen Öl- und Produktehandels der OMV in London. Er hat das
Studium der Volkswirtschaft in Wien absolviert.
• Dipl.-Wirtschaftsmathematiker Marco Wolfrum
ist Senior Analyst bei der FutureValue Group AG, Leinfelden-
Echterdingen. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in den Be–
reichen Risikomanagement und Rating sowie der Weiterent–
wicklung von Methoden der Risikoaggregation (Aufbau von Ri-
sikoaggregationsmodellen - insbesondere in Excel). Er betreut
seitens der FutureValue Group AG die Entwicklung der Software
„Risiko-Kompass plus Rating".
siken ausgelösten Bandbreiten dieser Größen
angeben kann. So wird es auch möglich, die
Wahrscheinlichkeit von Überschuldung und Illi–
quidität getrennt auszuweisen und für jede Pe–
riode separat zu bestimmen sowie eine kom–
plette Transparenz bezüglich der (unterstellten)
Annahmen zu schaffen, die die Ausfallwahr–
scheinlichkeit bestimmen.
Um (beispielsweise) die Wahrscheinlichkeit
(PD) für eine Überschuldung bestimmen zu
dien mi ttels adäquater Verwendung der
entsprechenden Geschäfts- und Finanz–
kriterien von Moody's auf Zielerreichung
überprüft (benchmarking). Im Zusammen–
hang mit der vorausgehenden Risikoanalyse
ergeben sich bei Abweichungen klare Impulse
für etwaige strategische (Gegen/Prevent-)
Maßnahmen und spezifisch für die gesamte
Risikopolitik auf Konzernebene. Dies ist Ge–
genstand des regelmäßig tagenden Executive
Risk Managements.
Zusammenfassung und Ausblick
Risikoaggregationsverfahren zur Bestimmung
des Gesamtrisikoumfangs sind als Schlüssel–
technologie einer risikogerechten Unterneh–
mensführung aufzufassen. Mit Hilfe der Risiko–
aggregation wird der Gesamtrisikoumfang be–
stimmt, was für die Optimierung von Risikobe–
wältigungsstrategien, Ratingprognosen oder
die Ableitung risikogerechter Kapitalkostensät–
ze für die Investitionsplanung notwendig ist.
Ri–
sikoaggregation schafft Transparenz über
den Grad an Planungssicherheit und er–
möglicht ein Abwägen erwarteter Erträge
und der zugehörigen Risiken, also die reale
Umsetzung der Kernidee einer wertorien–
tierten Unternehmensführung.
Risikoaggre-
gationsmodelle von Konzernen, in denen die
Unternehmensbereiche (strategische Ge–
schäftseinheiten und Tochtergesellschaften)
durch
geeignete Planungsmodelle abgebildet
sind, ermöglichen die Zuordnung des Eigenka–
pitals (Risikodeckungspotenzials) des Unter–
nehmens zu eben diesen Einheiten. Auf dieser
Grundlage können risikogerechte Kapitalkos–
tensätze individuell als Anforderungen an die
erwartete Rendite abgeleitet werden. Auf diese
Weise ist ein Vergleich der Rendite-Risiko-Pro–
file der einzelnen Unternehmensbereiche mög–
lich. Die Risikoaggregationsmodelle in einem
Konzern müssen dabei allerdings sowohl (de–
terministische) Lieferbeziehungen zwischen
den
Tochtergesellschaften, die eine Risikover–
schiebung zur Folge haben, wie auch stochas–
tische Abhängigkeiten erfassen.
Auch die Umstellung der Rechnungslegung
auf IFRS hat erhebliche Konsequenzen.
Da–
her rücken die Fair Value-Betrachtungen in den
Mittelpunkt. Nur mit den Risikoinformationen
aus dem Unternehmen kann In unvollkom–
menen Kapitalmärkten (mit Informationsvor–
sprung des Unternehmens) die Ableitung fun–
dierter Diskontierungszinssätze (Kapitalkosten,
„angemessener Zins" gemäß lAS 36.31) für die
Berechnung solcher Werte (z.B. beim Impair-
ment-Test) erreicht werden. Als Risikomaß kann
hiertDei das Risikokapital (Eigenkapitalbedarf auf
Basis des Value at Risk oder des Conditional Va–
lue at Risk) verwendet werden, das mittels Risi–
koaggregationsverfahren (Simulation von Ri–
siken im Kontext der Planung) berechnet
wer–
den kann.
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